· Fachbeitrag · Kindergeld
Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist keine Berufsausbildung
| Grundsätzlich besteht für Kinder bis 25 Jahre, die sich noch in einer Berufsausbildung befinden, Kindergeldanspruch. Dieser erlischt mit abgeschlossener Berufsausbildung. § 9 Abs. 6 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) stellt klar, dass eine kurzzeitige Ausbildung zur Rettungssanitäterin keine abgeschlossene Berufsausbildung ist. Daher gilt in diesem Fall der § 32 Abs. 4 S. 2 EStG entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht als Ausschlussgrund für einen Kindergeldanspruch (Finanzgericht [FG] Rheinland-Pfalz, Urteil 14.08.2023, Az. 4 K 1946/21 ). Gegen das Urteil ist Revision zum BFH angängig (Az. III R 14/24). |
FG Rheinland-Pfalz: Dreimonatige Schulung ist keine Berufsausbildung
Hintergrund der Entscheidung war ein Kindergeldstreit. Das FG sah jedoch in der dreimonatigen Schulung zur Rettungssanitäterin vor Aufnahme der Tätigkeit als Rettungssanitäterin keine Berufsausbildung, sodass mangels eines Ausbildungsplatzes ein Anspruch auf Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c EStG bestand. Dem Kindergeldanspruch stand also keine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 9 Abs. 6 S. 2 EStG i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG entgegen. Zu den Voraussetzungen einer Berufsausbildung führte das Gericht aus, dass eine solche nur vorliegt, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bei vorzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird (§ 9 Abs. 6 S. 2 EStG). Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird (vgl. BFH, Urteil vom 15.02.2023, Az. VI R 22/21). Diese Voraussetzung erfüllt eine dreimonatige Schulung nicht.
MERKE | Ähnlich haben schon das FG Nürnberg (09.01.2023, 3 K 782/22, sechsmonatige Rettungssanitäter-Ausbildung während des Bundesfreiwilligendienstes) und das FG Münster (17.10.22, 7 K 591/22 Kg, viermonatige Rettungssanitäter-Ausbildung als Erstausbildung i. S. v. § 9 Abs. 6 EStG) entschieden. Das FG Münster geht gleichwohl davon aus, dass es sich bei einem angestrebten Berufsziel Notfallsanitäter bei der Schulung zum Rettungssanitäter insgesamt um eine einheitliche erstmalige Berufsausbildung handeln kann. |
Was der BFH noch klären muss
Der BFH muss nun die Rechtsfrage klären, ob eine wenige Wochen bis Monate dauernde Ausbildung bzw. Qualifikation zum „Verbrauch“ der Erstausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG führen kann und ob § 9 Abs. 6 S. 2 EStG eine ‒ auch für das Kindergeldrecht geltende ‒ Mindestdauer als Voraussetzung für die Erstausbildung aufstellt?
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