Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Vergütungsrecht

    Kostenträger überprüfen Speziallaborleistungen -Risiko für betroffene Ärzte?

    von Dr. Tilman Clausen, Fachanwalt für Arbeits- und für Medizinrecht, armedis Rechtsanwälte, Hannover, www.armedis.de

    | Krankenhausärzte und niedergelassene Ärzte, die Leistungen des Speziallabors (M III und M IV GOÄ) abgerechnet haben, erhalten seit Anfang 2016 von einer bundesweit agierenden privaten Krankenversicherung ein Schreiben mit der Aufforderung zu einer Stellungnahme, ob sie die Abrechnungsvoraussetzungen erfüllen. Das Schreiben enthält eine Frist. Falls keine Stellungnahme erfolgt, kündigt die Versicherung Rückforderungsansprüche an. Wie sollen betroffene Ärzte darauf reagieren? |

    Die Inhalte des Versicherungsschreibens

    In dem Schreiben werden die Ärzte u. a. darauf hingewiesen, unter welchen Voraussetzungen die M-III- und M-IV-Leistungen berechnungsfähig sind. Diese Leistungen seien nur unter den Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ abrechenbar, d. h. der Arzt muss die Leistungen entweder selbst erbracht haben oder sie müssen unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht worden sein. Dabei wird von der Anwesenheit des Arztes im Labor während der Leistungserbringung ausgegangen.

     

    Um fachliche Weisungen erteilen zu können, muss der Arzt über die notwendige fachliche Qualifikation verfügen. Gleichzeitig verweist die Versicherung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25. Januar 2012 (Az. 1 StR 45/11, Abruf-Nr. 120897), in dem die Verurteilung eines Arztes wegen Abrechnungsbetrugs bestätigt wurde, weil er bei der Erbringung von Laborleistungen gegen gesetzliche Bestimmungen der GOÄ verstoßen hatte.

    Wie ist die Rechtslage?

    Nach Nr. 3 der allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt M der GOÄ können nur Ärzte Leistungen des Speziallabors abrechnen, die diese Leistungen selbst erbracht haben. Dies muss im Zweifel durch die ärztliche Dokumentation nachweisbar sein.

     

    Was bedeutet „eigene Leistungserbringung“?

    Was „eigene Leistungserbringung“ juristisch bedeutet, ergibt sich aus § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ: Danach muss der Arzt die Leistung des Speziallabors entweder selbst erbracht haben oder sie muss unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht worden sein. Der Arzt, der die Leistung des Speziallabors selbst erbracht hat, muss zudem über die notwendige Fachkunde verfügen, um die Leistung auch abrechnen zu können (§ 1 Abs. 2, § 4 Abs. 2 GOÄ) und um ggf. fachliche Weisungen erteilen zu können. Je nachdem, wie eng die Beziehung des Arztes, der die Speziallaborleistungen abgerechnet hat, zu seinem Labor ist, kann es hier Probleme geben.

     

    Was bedeutet „nicht fachfremd“?

    Weiterhin darf die Leistung für den Arzt nicht fachfremd sein. Nicht fachfremd sind Leistungen des Speziallabors ausnahmslos für Fachärzte für Laboratoriumsmedizin. Für Ärzte anderer Fachrichtungen sind die Laboruntersuchungen, die auf ihr Fachgebiet entfallen, nicht fachfremd, wenn sie über die Fachkunde Labormedizin für ihr Fachgebiet verfügen. Ärzte anderer Fachrichtungen, die über diese Fachkunde nicht verfügen, gleichwohl aber Speziallaborleistungen abgerechnet haben, haben hier möglicherweise ein Problem: Sie können sich allenfalls unter bestimmten Voraussetzungen auf Bestandsschutz berufen.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei der Leistungserbringung unter Aufsicht nach fachlicher Weisung hat die private Krankenversicherung nicht Recht mit ihrer Auffassung, dass der Arzt während der gesamten Leistungserbringung im Labor anwesend sein muss. Nach der bisherigen Rechtsprechung reicht es aus, wenn er jederzeit erreichbar ist, um eingreifen zu können.

     

    Wie soll der Arzt auf die Versicherungsfrage reagieren?

    Ärzte, die Zweifel haben, ob sie die Abrechnungsvoraussetzungen für die Speziallaborleistungen der Abschnitte M III und M IV in der Vergangenheit erfüllt haben, sollten sich rechtlich beraten lassen. Wer sich hingegen sicher ist, dass er die Abrechnungsvoraussetzungen erfüllt, sollte dies der Versicherung - und somit die Korrektheit der Abrechnung - in einem Antwortschreiben darlegen. So kommt die Angelegenheit zu einem schnellen Abschluss.

     

    Sollten allerdings Zweifel am Vorliegen der Abrechnungsberechtigung bestehen, sollte zunächst überprüft werden, ob Änderungen für die Zukunft möglich sind, um zumindest anschließend die Leistungen rechtssicher abrechnen zu können. Wer zu dem Schluss kommt, dass dies nicht möglich ist, sollte Speziallaborleistungen auch tatsächlich nicht mehr abrechnen. Schließlich kann nach der von der Krankenversicherung erwähnten Entscheidung des BGH aus 2012 der Verstoß gegen Abrechnungsbestimmungen der GOÄ zu einer Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs führen.

     

    FAZIT | Kein Chefarzt, der das Schreiben der privaten Krankenversicherung bekommen hat oder zukünftig noch bekommen sollte, sollte es ignorieren. Ob und wie Sie der Versicherung antworten sollten, wenn die Voraussetzungen für die Abrechnung von Speziallaborleistungen nicht vollständig vorliegen, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Da die Materie ein schwieriges juristisches Minenfeld ist, sollte im Zweifel ein Anwalt eingeschaltet werden.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Das Landgericht Düsseldorf hat sich in einem Strafverfahren ebenfalls zu Fragen der Abrechnung von Speziallaborleistungen geäußert. Der betroffene Chefarzt kann diese richterliche Ansicht nutzen, um ein Schreiben an seinen Kostenträger vorzubereiten.
    • Den Beitrag zum genannten Beschluss des Landgerichts Düsseldorf finden Sie auf den Seiten 17 bis 19 in dieser Ausgabe.
    Quelle: Ausgabe 04 / 2016 | Seite 15 | ID 43898919