01.11.2007 | Altenteil
Pfändungsschutz nach § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO nur für Altenteil i.S. von Art. 96 EGBGB
Der Begriff des Altenteils in § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO entspricht demjenigen in Art. 96 EGBGB (BGH 4.7.07, VII ZB 86/06, n.v., Abruf-Nr. 072531). |
Sachverhalt
Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten darüber, ob sich die Schuldnerin gegenüber dem titulierten Anspruch des Gläubigers auf den Pfändungsschutz nach § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO (Altenteil) berufen kann. Die Schuldnerin ist die Alleinerbin der gemeinsamen Tochter. Diese hatte mit finanzieller Hilfe der Schuldnerin ein Einfamilienhaus erworben und der 1929 geborenen Schuldnerin ein dingliches Wohnrecht nebst Pflegeleistungen bestellt. Nach dem Tod der Tochter übertrug die Schuldnerin das Haus durch notariellen Vertrag auf den Drittschuldner gegen einmalige Zahlung von 35.000 EUR, monatliche Leistungen bis zum Lebensende i.H. von 430 EUR und der Verpflichtung „häusliche Wart und Pflege zu leisten“. Der Grundstückswert wurde mit 122.000 EUR bemessen, die Pflegeverpflichtung mit 30.000 EUR. Der Drittschuldner vermietete das Haus an die Schuldnerin zu einem Mietzins von 260 EUR. Das AG – Vollstreckungsgericht – erließ einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über die rückständigen und zukünftigen wiederkehrenden Ratenzahlungen und die diesen Anspruch sichernde Reallast. Die Schuldnerin hat unter Hinweis auf § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO Erinnerung eingelegt, der das AG entsprochen hat. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Beschwerdegericht diesen Beschluss aufgehoben und die Erinnerung der Schuldnerin zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die monatlichen Ratenzahlungen sind nicht gemäß § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO unpfändbar. Denn es handelt sich nicht um einen Altenteil i.S. dieser Vorschrift. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert, wird aber u.a. von § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO, Art. 96 EGBGB, § 49 GBO vorausgesetzt. Der Begriff des Altenteils i.S. von § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist genauso auszulegen wie der Begriff des Altenteils i.S. von Art. 96 EGBGB.
Ein Altenteilsvertrag hat in der Regel die Gewährung von Unterhalt zum Inhalt, wobei dem Altenteiler ein Wohnrecht an einem bestimmten Teil eines überlassenen Grundstücks gewährt wird. Durch die Übergabe soll der Übernehmer in die Lage versetzt werden, sich durch die Nutzung des überlassenen Grundstücks eine eigene Lebensgrundlage zu schaffen und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt zu gewinnen. Der wesentliche Grundzug des Altenteils besteht somit in dem Nachrücken der folgenden Generation in eine wenigstens teilweise existenzbegründende Wirtschaftseinheit. Nach einer Art vorweggenommenen Erbfolge soll die wirtschaftliche Lebensgrundlage übertragen werden, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten (BGH NJW 03, 1325). Durch diesen Versorgungszweck tritt das sonst übliche Gleichgewichtsverhältnis von Leistung und Gegenleistung in den Hintergrund (BayOblG MDR 75, 941). Tritt dagegen bei einer Versorgungsvereinbarung der Charakter eines gegenseitigen Vertrags mit beiderseitigen etwa gleichwertig gedachten Leistungen in den Vordergrund, handelt es sich nicht um einen Altenteilsvertrag (BGH NJW 81, 2568; MDR 64, 741). Ein Altenteilsvertrag kann nicht allein deswegen angenommen werden, weil bei einer Grundstücksübertragung eine Wohnrechtsgewährung mit Pflege- und Versorgungsverpflichtungen vereinbart wurden (BGH NJW-RR 89, 451).
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