01.12.2006 | Erbensucher
Rechtsbeistände dürfen wie Anwälte werben
Einem als Rechtsbeistand in Nachlassangelegenheiten zugelassenen Erbenermittler ist es nicht verwehrt, dem von ihm ermittelten Erben die zur Nachlassabwicklung gebotenen rechtsbesorgenden Tätigkeiten unaufgefordert anzubieten (BGH 1.6.06, I ZR 143/03, n.v., Abruf-Nr. 062646). |
Sachverhalt
Der Beklagte, ein Dipl.-Kaufmann, ist als Erbenermittler tätig und verfügt über die Erlaubnis des Präsidenten des LG zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als Rechtsbeistand in Nachlassangelegenheiten. Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft, deren Mitglieder als Anwälte tätig sind, sieht in einem Schreiben des Beklagten im Rahmen seiner Erbenermittlungen eine auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtete und daher wettbewerbswidrige Werbung i.S. von § 43b BRAO. Die Klägerin hat den Beklagten daher auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Klage hatte erstinstanzlich Erfolg. Die Berufung des Beklagten führte zur Klageabweisung. Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
§ 1 Abs. 3 2. AVO RBerG (2. VO zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes) unterwirft Rechtsbeistände keinem weiterreichenden Werbeverbot, als § 43b BRAO es Anwälten auferlegt (KG NJW 01, 3132). Maßgeblich für die Frage, ob eine Selbstdarstellung des Rechtsberaters unzulässig ist, sind Anlass und Art der Werbung. Die Besonderheit besteht hier darin, dass die dem Rechtsbeistand erlaubte Rechtsbesorgung zur Nachlassabwicklung an seine gewerbliche Tätigkeit anknüpft, den Erben des Nachlasses zu ermitteln. Das Verbot des § 1 Abs. 3 2. AVO RBerG, das es Inhabern von Erlaubnissen zur Rechtsberatung verwehrt, ihre Dienste unaufgefordert Dritten anzubieten, ist aufgrund Art. 12 Abs. 1 GG einzuschränken. Dem Beklagten ist es gestattet, den von ihm ermittelten Erben seine rechtsbesorgenden Dienste zur Abwicklung des Nachlasses unaufgefordert anzubieten.
Die vom Beklagten angebotene Nachlassabwicklung mit Rechtsbesorgung ist ein sachgerechter und für eine wirtschaftlich sinnvolle Betätigung auch nicht verzichtbarer Annex zu der den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildenden Erbensuche. Als Erbensucher ist der Beklagte nur den allgemeinen Werberegeln des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterworfen. Zu einer wirtschaftlich vernünftigen Betätigung in diesem Gewerbe rechnet auch, dass der Erbensucher mit dem Erben in geschäftlichen Kontakt kommt, der sich sinnvollerweise auf die mit der Nachlassabwicklung zusammenhängenden Tätigkeiten erstreckt. Eine dabei anfallende rechtsbesorgende Tätigkeit rechtfertigt das Verbot der Kontaktaufnahme nicht.
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