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  • 02.06.2010 | Erbschaftsteuer

    ErbStG verstößt gegen Gemeinschaftsrecht

    von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA für Steuerrecht, Magdeburg

    Art. 56 EG in Verbindung mit Art. 58 EG ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines im Inland belegenen Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger zurzeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte (EuGH 22.4.10, C-510/08, DStR 10, 861, Abruf-Nr. 101392).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige, die seit mehr als 35 Jahren in den Niederlanden wohnt. Im Mai 07 hatte sie ein bebautes Grundstück mit einem Steuerwert von 255.000 EUR von Ihrer Mutter, die ebenfalls deutsche Staatsangehörige ist und seit mehr als 50 Jahren in den Niederlanden wohnt, geschenkt bekommen. Das Finanzamt setzte daraufhin 27.929 EUR Schenkungsteuer fest. Dabei zog es von dem Steuerwert für das Grundstück einen Freibetrag von 1.100 EUR ab und erhob auf die so ermittelte Bemessungsgrundlage einen Steuersatz von 11 Prozent. Die Klägerin begehrte die Berücksichtigung eines Freibetrags von 205.000 EUR, der für Erwerbe von Kindern vorgesehen ist, wenn der Schenker oder der Erwerber zurzeit der Ausführung der Schenkung einen Wohnsitz im Inland hat. Das FG setzte das Verfahren aus und legte es dem EuGH mit dem Vorabentscheidungsersuchen vor, das die Auslegung der Art. 39, 43, 56 und 58 EG über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit betrifft. Der EuGH bejaht einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Situation, in der eine Person mit Wohnsitz in den Niederlanden einer anderen Person mit Wohnsitz in dem selben Staat ein in Deutschland belegenes Grundstück schenkt, ist keine rein innerstaatliche Situation. Es handelt sich daher um einen Vorgang, der dem Kapitalverkehr i.S. von Art. 56 Abs. 1 EG zuzurechnen ist.  

     

    Da § 16 ErbStG die Anwendung eines Freibetrags auf die Steuerbemessungsgrundlage vom Wohnsitz des Schenkers und des Schenkungsempfängers abhängig macht, beschränkt die höhere Besteuerung der Schenkung unter Gebietsfremden den freien Kapitalverkehr.