03.05.2011 | Erbschaftsteuer
Unwirksame Verfügung von Todes wegen beachten
von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA für Steuerrecht, Magdeburg
Wird eine unwirksame Verfügung von Todes wegen ausgeführt, und beruht ihre Ausführung auf der Beachtung des Willens des Erblassers, den der Begünstigte und der Belastete anerkennen, ist das wirtschaftliche Ergebnis dieses Vollzugs selbst dann erbschaftsteuerrechtlich zu beachten, wenn die Verfügung nicht vollumfänglich befolgt wird (BFH 22.9.10, II R 46/09, BFH/NV 11, 261, Abruf-Nr. 110167). |
Sachverhalt
Die (Revisions-)Klägerin ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge Miterbin zu 1/4 nach der im März 04 verstorbenen Erblasserin (E). Sie und ein weiterer Miterbe (M) trafen im August 05 mit der Stieftochter (S) der E eine Vereinbarung, die mit „Erklärung über eine formnichtige mündliche Verfügung des Erblassers“ überschrieben ist. Darin haben die Klägerin und M den Verzicht auf die gesetzliche Regelung mit dem Wissen erklärt, E habe allein S als Erbe bedacht wissen wollen, sei jedoch zur Ausführung eines rechtsgültigen Testaments infolge des Todeseintritts nicht mehr gekommen. Die Klägerin und M ließen ihre Anteile am Nachlass der S zukommen. Die anderen beiden Miterben waren dazu nicht bereit. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA) setzte gegen die Klägerin durch Bescheid Erbschaftsteuer fest, ohne die Vereinbarung mit S zu berücksichtigen. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die Besteuerung der Klägerin gemäß der eingetretenen gesetzlichen Erbfolge sei zutreffend. Die dagegen eingelegte Revision war erfolgreich und führte zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung an das FG.
Entscheidungsgründe
Nach Ansicht des FG ist die Besteuerung der Klägerin gemäß der gesetzlichen Erbfolge zutreffend. Eine erbschaftsteuerrechtlich beachtliche formunwirksame Verfügung der E von Todes wegen, die die Klägerin und M hätten erfüllen können, liege nicht vor. Die gemeinsame Erklärung der Klägerin und des M stelle keine formunwirksame letztwillige Verfügung der E dar. Über einen Erlass der festgesetzten Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen sei hier nicht zu entscheiden. Für einen Erlass der Steuer könnten allerdings die Ausführungen des M in der mündlichen Verhandlung sprechen. Danach habe E bei einer Geburtstagsfeier erklärt, S würde später einmal ohnehin alles bekommen und gemeint, S sei ihre gesetzliche Erbin.
Das FG hat zu Unrecht angenommen, die von der Klägerin behauptete Äußerung der E bei der Geburtstagsfeier sei nur hinsichtlich eines Erlasses der Steuer, nicht aber bezüglich der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bedeutsam. Wird eine Verfügung von Todes wegen ausgeführt, obwohl sie unwirksam ist, und beruht die Ausführung der Verfügung auf der Beachtung des erblasserischen Willens, den Begünstigter und Belasteter anerkennen, ist gemäß § 41 Abs. 1 AO das wirtschaftliche Ergebnis dieses Vollzugs erbschaftsteuerrechtlich zu beachten (BFHE 215, 557 = BStBI II 07, 461).
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses EE Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,30 € / Monat
Tagespass
einmalig 10 €
- 24 Stunden Zugriff auf alle Inhalte
- Endet automatisch; keine Kündigung notwendig