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  • 01.06.2006 | Erbschaftsteuer

    Welche Auswirkungen hat die neue BFH-Rechtsprechung auf das Sachvermächtnis?

    von Dipl.-Finanzwirt (FH) Dr. Hellmut Götz, RA/StB/FAStR, Freiburg i.Br.

    In der letzten Ausgabe von EE haben wir die verschiedenen Arten von Vermächtnissen und ihre erbschaftsteuerlichen Besonderheiten vorgestellt. Nach Ansicht des BFH bedarf die Bewertung des Sachvermächtnisses einer Überprüfung. Der Vermächtnisnehmer soll beim Grundstück künftig nicht mehr in den „Genuss“ des Grundbesitzwertes kommen (BFH II. Senat ZEV 04, 474; Götz, EE 06, 88. Die folgende Checkliste zeigt, welche Auswirkungen diese BFH-Rechtsprechung zum Sachvermächtnis für die Praxis hat.  

     

    Checkliste: Auswirkungen der neuen BFH-Rechtsprechung zum Sachvermächtnis für die Praxis
    • Sollte es zur Rechtsprechungsänderung beim Sachvermächtnis kommen, würde die oft unter dem gemeinen Wert liegende Bewertung bei Grundstücken dem Vermächtnisnehmer nicht mehr zugute kommen. Dieser muss ein Grundstück aus dem Nachlass künftig u.U. deutlich höher versteuern.

     

    • Wichtig: Da nicht abschließend abzuschätzen ist, ob sich der BFH tatsächlich zur Rechtsprechungsänderung entschließen wird, sollte der vorausschauende Berater testamentarische Verfügungen schon heute daraufhin überprüfen, ob sie davon betroffen sein könnten.

     

    • Ob die sich abzeichnende Änderung künftig auf Vermächtnisnehmer beschränkt ist, die nicht zugleich Erben werden, oder auch das Vorausvermächtnis betreffen, ist nicht abzusehen. Da ein Vorausvermächtnis einem Miterben zusätzlich zum Erbteil verschafft wird, dürfte hier eine Bewertung des Sachleistungsanspruchs mit dem gemeinen Wert ausscheiden. Denn der Vermächtnisnehmer ist zugleich am Nachlass dinglich mitberechtigt.

     

    • Offen ist auch, ob sich die mögliche Rechtsprechungsänderung auch auf Sachvermächtnisse erstreckt, die nach § 13a Abs. 4 ErbStG begünstigtes Vermögen betreffen. Dagegen spricht zum § 13a Abs. 3 ErbStG. Danach soll „nur“ der Vermächtnisnehmer und nicht der Erbe die Begünstigungen für Betriebsvermögen bekommen. Damit wäre z.B. ein Sachvermächtnis, das einen Anteil von mehr als 25 Prozent an einer AG oder GmbH zum Gegenstand hat, ebenso begünstigt wie ein auf diesem Weg zugewandter Mitunternehmeranteil an einer Personengesellschaft. Dass es sich der Sache nach ebenfalls um Sachleistungsansprüche handelt, für die aus Sicht des BFH der gemeine Wert zum Ansatz kommen soll, wäre m.E. unerheblich. Ein Ansatz dieser Vermögensgegenstände mit dem gemeinen Wert wäre dogmatisch unzutreffend.

     

    • Die Zuwendung eines Grundstücks qua Vermächtnis würde beim Begünstigten anders erbschaftsteuerlich behandelt als die Zuwendung desselben noch zu Lebzeiten. Für den Fall, dass die Schenkung nur eine juristische Sekunde vor dem Erbfall vollzogen wird, bei einer Grundstücksschenkung auf den Todesfall, wäre die Zuwendung weiterhin – unstreitig – mit dem Steuerwert anzusetzen. Der Vergleich der beiden nur um eine logische Sekunde auseinander fallender Vorgänge – testamentarische Anordnung und Schenkung auf den Todesfall – belegt, dass hinsichtlich der unterschiedlich anzuwendenden Bewertungsgrundsätze ein Wertungswiderspruch besteht. Dieser lässt sich m.E. überzeugend nur dadurch lösen, dass ein Grundstückssachvermächtnis weiterhin mit dem Grundbesitzwert angesetzt wird.
     

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2006 | Seite 108 | ID 86909