Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.11.2005 | Erbschein

    So stellen Sie den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins richtig

    von RA Gudrun Möller, Nordkirchen
    Ein Antragsteller im Erbscheinsverfahren hat die nach den §§ 2354bis 2356 BGB erforderlichen Angaben zu machen und Urkunden vorzulegen. Eine darüber hinaus gehende Ermittlungspflicht trifft ihn nicht. Er hat aber an den weiteren Ermittlungen des Nachlassgerichts durch vollständige und wahrheitsgemäße Angabe mitzuwirken (KG 6.9.05, 1 W 159/05, n.v., Abruf-Nr. 053006).

     

    Sachverhalt

    Die Beteiligte ist die Tochter des verstorbenen Erblassers. Sie begehrt die Erteilung eines sie als Alleinerbin ausweisenden Erbscheins. Grundlage dafür ist ein notarielles Testament, in dem der Erblasser sie zur Alleinerbin eingesetzt und ihrem Halbbruder den Pflichtteil zugewandt hatte. Das Nachlassgericht hat den Antrag zurückgewiesen, nachdem die Antragstellerin der Aufforderung zur Einreichung der Sterbeurkunde und der Angabe des Namens und der Anschrift der Tochter des Halbbruders nicht nachgekommen war. Die Antragstellerin hatte mitgeteilt, dass ihr Halbbruder verstorben sei, er aber wohl eine Tochter habe, deren Name und Anschrift ihr nicht bekannt seien. Die Beschwerde gegen den Beschluss blieb erfolglos, die weitere Beschwerde war dagegen erfolgreich.  

     

    Entscheidungsgründe

    Im Erbscheinsverfahren ist über den Wortlaut des § 2360 BGB hinaus eine Anhörung der gesetzlichen Erben erforderlich. Dies folgt aus Art. 103 Abs. 1 GG, der auch im Erbscheinsverfahren zu berücksichtigen ist (Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Aufl., § 2360 Rn. 1). Die Voraussetzungen des § 2360 BGB liegen hier jedoch nicht vor, weil kein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist und das geltend gemachte Erbrecht auf einer dem Nachlassgericht vorliegenden öffentlichen Urkunde beruht. Unerheblich ist, ob die gesetzlichen Erben bei der Anhörung Tatsachen vortragen, die der Erteilung des Erbscheins entgegenstehen. Denn ohne Anhörung kann nicht feststehen, welche Gesichtspunkte einer Erteilung entgegenstehen könnten, wie z.B. das Vorliegen weiterer Testamente. Etwas anderes kann nur gelten, wenn keine Anhörung stattfinden kann, weil keine gesetzlichen Erben festgestellt werden können oder deren Aufenthalt nicht ermittelt werden kann. In diesem Fall ist dem als Erben anzusehenden Beteiligten gemäß seinem Antrag ein Erbschein zu erteilen, da nie mit absoluter Gewissheit ausgeschlossen werden kann, dass Einwendungen gegen das Erbrecht bestehen können.  

     

    Der Antragsteller ist aber nicht uneingeschränkt verpflichtet, im Erbscheinsverfahren eine Anhörung durch Vorlage von Urkunden und Ermittlungen hinsichtlich gesetzlicher Erben zu ermöglichen. Welche Unterlagen vorzulegen und welche Angaben der einen Erbschein Beantragende machen muss, ergibt sich aus §§ 2354bis 2356 BGB. Weitergehende Ermittlungspflichten treffen auch einen Antragsteller im Erscheinsverfahren grundsätzlich nicht (Keidel/Schmidt, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 12 Rn. 56). Die Beteiligte hat die nach den genannten Vorschriften notwendigen Unterlagen und auch die entsprechenden Angaben beigebracht. Von ihr kann nicht die Vorlage einer Sterbeurkunde des Halbbruders und die Ermittlung der möglicherweise vorhandenen Tochter verlangt werden. Insoweit greift auch nicht § 2354 Abs. 2 BGB. Denn die Zuwendung des Pflichtteils an den Halbbruder im öffentlichen Testament entspricht der Auslegungsregel des § 2304 BGB und ist nicht als Erbeinsetzung anzusehen.