01.09.2007 | Erbverzicht
Erbverzicht – ein Gestaltungsmittel mit Risiken
Bei der vorweggenommenen Erbfolge und auch bei der Unternehmensnachfolge werden häufig Erbverzichte gegen Abfindungszahlungen vereinbart. Die Gestaltungsmöglichkeiten des Erbverzichtsvertrags ermöglichen es, die Erbfolge den Besonderheiten des Einzelfalls anzupassen. Dies insbesondere um die Fortführung eines Betriebs in einer Hand zu ermöglichen, ohne dass eine die Liquidität gefährdende Schuldenbelastung durch Pflichtteilsansprüche entsteht oder die an einen Abkömmling gemachten Zuwendungen für Ausbildung, Geschäftsgründung etc. gewissermaßen als vorweggenommene Erbteilsauszahlung zu berücksichtigen. Der Beitrag stellt den Erbverzicht und damit einhergehende Risiken dar.
Erbverzicht ist ein Vertrag
Der Erbverzicht ist der Verzicht auf ein gesetzliches Erbrecht durch Vertrag mit dem Erblasser, § 2346 Abs. 1 S. 1 BGB. Demgegenüber nennt man den Verzicht auf ein testamentarisches oder erbvertragliches Erbrecht oder ein Vermächtnis einen „Zuwendungsverzicht“, § 2352 BGB. Der Erbverzicht ist kein schuldrechtlicher Vertrag, da er nicht verpflichtet (vgl. BGHZ 24, 372, 375). Vielmehr handelt es sich hierbei um einen rein erbrechtlichen Vertrag (abstrakt erbrechtlicher Verfügungsvertrag). Mit dem Erbverzicht wird ein gesetzliches Erbrecht verhindert und die gesetzliche Erbfolge unmittelbar geändert. Da er nicht verpflichtet, ist der Erbverzicht auch kein gegenseitiger Vertrag, wenn der Verzichtende vom Erblasser abgefunden wird. Die Abfindung ist dann Gegenstand eines schuldrechtlichen Kausalgeschäfts, das kein Bestandteil des Erbverzichts ist (vgl. BGHZ 134, 152, 157). Der Erbverzicht ist keine Verfügung von Todes wegen, sondern Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Todesfall (BGHZ 134, 152, 154).
Praktische Bedeutung des Erbverzichts
Wer auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet, verliert nach § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB auch sein Pflichtteilsrecht, wenn es nicht vom Erbverzicht ausgenommen wird. Erst hierin liegt die praktische Bedeutung des Erbverzichts. Denn der Erblasser wird in die Lage versetzt, ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Pflichtteilsrechte sein Vermögen vor Zersplitterung zu bewahren und entweder durch vorweggenommene Erbfolge schon zu Lebzeiten einem Nachfolger zu übertragen oder aber durch Verfügung von Todes wegen einem einzigen Erben zu hinterlassen. Motive für den Erbverzicht sind:
- Herstellung der völligen Testierfreiheit,
- Sicherung der Unternehmensnachfolge,
- Vermeidung von Ansprüchen bei Kindern aus mehreren Ehen,
- Vermeidung von Ehegattenansprüchen bevor die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 BGB vorliegen,
- Auswirkungen im Hinblick auf § 1586b BGB,
- Sicherung des Ehegatten beim ersten Sterbefall und
- Sicherung des Nachlasses bei weichenden Erben.
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