Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.05.2006 | Gestaltungspraxis

    Ist die „Güterstandsschaukel“ pflichtteilssicher?

    von RA und Notar Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Braunschweig

    Die sog. Güterstandsschaukel ist ein beliebtes Gestaltungsmodell beim Ehevertrag. Der zweifache Wechsel des Güterstands führt nicht zum schenkungsteuerbaren Vorgang (BFH ZErb 05, 419; Redig, EE 06, 48; Gemmer, EE 06, 66 [neue Leser können die Beiträge aus EE kostenlos anfordern, Fax: 02596 92280, kein Fax-Abruf!]). Wenig erörtert ist die Frage, welche Auswirkungen dieses Gestaltungsmodell auf Pflichtteilsansprüche hat. Dieser Beitrag zeigt die Rechtsprechung und die Auswirkungen für die Vertragsgestaltung auf.  

     

    Beispiel

    M und F leben im gesetzlichen Güterstand. Das jetzige Vermögen des M beträgt 600.000 EUR, das von F 0 EUR. Die Eheleute haben zwei Kinder. Sie beabsichtigen, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Die Kinder sollen als Erben nach dem Tod des länger lebenden Elternteils berufen werden. Diese sind aber nicht bereit, einen Pflichtteilsverzicht auf den Tod des erstversterbenden Elternteils zu erklären. Daher sollen die Pflichtteilslasten auf den ersten Sterbefall so gering wie möglich ausfallen. M ist zehn Jahre älter als F, so dass bei der Vertragsgestaltung davon auszugehen ist, dass M vor F versterben wird.  

     

    Lösung: Sinnvoll ist ein doppelter Güterstandswechsel: Im ersten Ehevertrag vereinbaren die Eheleute Gütertrennung und heben diese sofort im weiteren Ehevertrag wieder auf. Der beim ersten Güterstandswechsel zu Gunsten der F entstandene Zugewinnausgleichsanspruch beträgt 300.000 EUR, so dass nach dessen Erfüllung beide ein gleich hohes Vermögen von je 300.000 EUR haben. Der doppelte Güterstandswechsel (sog. Güterstandsschaukel) erweist sich unter pflichtteilsrechtlichen Gesichtspunkten zunächst als „Königsweg“, was die Abwandlungen zeigen.  

     

    1. Abwandlung: Kein Güterstandswechsel: Die gesetzliche Erbquote der F beträgt 50 v.H. = 300.000 EUR, § 1371 Abs. 1 S. 1, § 1931 Abs. 1 S. 1 BGB. Die restlichen 50 v.H. entfallen auf die beiden Kinder, mithin auf jedes Kind 150.000 EUR. Damit beträgt der Pflichtteilsanspruch (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB) eines jeden Kindes 75.000 EUR.  

     

    2. Abwandlung: Nur Wechsel von Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung: Die gesetzliche Erbquote bei Gütertrennung beträgt für F an sich 25 v.H. (§ 1931 Abs. 1 S. 1 BGB), hier aber auf Grund § 1931 Abs. 4 BGB ein Drittel. Der Nachlasswert nach M ist nach Ausgleich des Zugewinns auf 300.000 EUR gesunken. Damit würde auf jedes Kind wertmäßig ein Drittel = 100.000 EUR entfallen. Der jeweilige Pflichtteilsanspruch beläuft sich auf 50.000 EUR.  

     

    3. Abwandlung: Doppelter Güterstandswechsel: Da im Todeszeitpunkt wieder der gesetzliche Güterstand besteht, beträgt die gesetzliche Erbquote je Kind wie in der 1. Abwandlung 25 v.H., der Pflichtteilsanspruch also 12,5 v.H. Der Nachlasswert nach M beträgt wieder 300.000 EUR. Der Pflichtteilsanspruch je Kind beläuft sich auf 37.500 EUR. 

     

    Ist der Zugewinnausgleich eine Schenkung i.S. von §§ 516, 2325 BGB?

    Von praktischer Relevanz für die Vertragsgestaltung ist die Frage, ob der Vermögenstransfer von 250.000 EUR von M auf F eine Schenkung i.S. von §§ 516, 2325 BGB ist. Bejaht man dies, hat das Pflichtteilsergänzungsansprüche der Kinder zur Folge.  

     

    Der BGH hat darüber noch nicht entschieden. Der Güterstandswechsel kann zur Bereicherung des Ehepartners führen. Ob sich daraus Pflichtteilsansprüche nach § 2325 BGB der Abkömmlinge des entreicherten Ehepartners ergeben können, hat der BGH aber in einer Grundsatzentscheidung zur Vereinbarung von Gütergemeinschaft grundsätzlich verneint (BGH NJW 92, 558):