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  • 02.09.2008 | Gestaltungspraxis

    Umfrage ergibt: fast 90 Prozent aller Testamente unwirksam oder unbrauchbar

    von RA Dr. Norbert Kellermann, Certified Estate Planner, Hamburg

    Laut Umfrage sind nahezu 90 Prozent aller Testamente unwirksam oder, weil sie den letzten Willen des Testierenden nach seinem Tod nicht umsetzen, zumindest unbrauchbar. Der Laie scheitert oft an Formalien und beherrscht die juristische Fachsprache nicht. Zudem erkennt er bestehenden Regelungsbedarf nicht. Betroffen sind aber gleichermaßen anwaltlich beratene und notarielle Testamente. Grund dafür ist, dass ein Testament vieles, aber nicht alles regeln kann. Erforderlich sind daher begleitende Gestaltungsmaßnahmen: Vermögensgestaltung und Einbindung der Betroffenen. Die Annahme man könne sich, nachdem man ein Testament errichtet hat, beruhigt zurücklehnen, weil man alles bestmöglich geregelt glaubt, trügt offensichtlich.  

     

    Beispiel

    Die Eheleute M und F haben eine gemeinsame Tochter T. Aus erster Ehe hat M, 69 Jahre, noch einen Sohn S. Das Vermögen von M und F beläuft sich auf insgesamt 2,9 Mio. EUR. Außer dem Wohnhaus der Familie, Wert 1,5 Mio EUR (Steuerwert 1 Mio EUR), gehört M ein Ferienhaus, Wert 600.000 EUR (Steuerwert 400.000 EUR) und sonstiges Vermögen von 200.000 EUR, davon Kontoguthaben und Depots bei Banken von 130.000 EUR. F, 64 Jahre, besitzt eine Eigentumswohnung, Wert 400.000 EUR (Steuerwert 300.000 EUR) und sonstiges Vermögen von 200.000 EUR, inklusive 60.000 EUR Bankguthaben. Der darin enthaltene Hausrat (Wert 80.000 EUR) gehört beiden gemeinsam. Zum Zeitpunkt der Eheschließung betrug das Vermögen des M 160.000 EUR, das der F 230.000 EUR. Sie haben keinen Ehevertrag geschlossen und auch kein Testament errichtet. Im Erbfall könnte der überlebende Ehegatte nicht frei über den Nachlass des anderen verfügen. Sollte M zuerst versterben, würde er von F, T und S beerbt. Erbin von F wäre später nur T. Dies entspricht nicht ihren Vorstellungen. Sie möchten ihre Vermögensnachfolge testamentarisch wie folgt regeln:  

     

    1. Der länger Lebende von ihnen soll finanziell abgesichert sein und frei über den Nachlass des anderen verfügen können.
    2. Nach dem Tod des Längstlebenden soll dessen gesamter Nachlass zu gleichen Teilen an T und S fallen.
    3. Das Vermögen soll erhalten und durch Erbschaftsteuer möglichst nicht belastet werden.
    4. Eindeutige Regelungen sollen Konfliktpotenzial für beide Erbfälle vermeiden.

     

    Wie können sie dies am besten erreichen?  

     

    Gestaltungsbereich und Grenzen des Testaments

    §§ 1937bis 1940 BGB regeln die Gestaltungsoptionen des Testaments. Der Erblasser kann nach Belieben über sein Vermögen verfügen. §§ 2064bis 2273 BGB spezifizieren die Gestaltungsoptionen, ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Brauchbar ist ein Testament aber nur, wenn der Erblasserwille tatsächlich realisiert wird. Dazu muss der Nachlass gegebenenfalls aufteilbar sein und im Erbfall entstehende Geldansprüche bedienen können. Der letzte Wille darf nicht an Pflichtteilsberechtigten oder an Störmanövern einzelner Miterben scheitern.  

     

    Regelungsbereich des Testaments

    Eheleute können die finanzielle Absicherung des länger Lebenden und die spätere Gleichbehandlung der Kinder dadurch gewährleisten, dass sie sich im gemeinschaftlichen Testament (§§ 2265 ff. BGB) gegenseitig als Alleinerben einsetzen und bestimmen, dass der gesamte Nachlass des Überlebenden nach dessen Tod zu gleichen Teilen an die Abkömmlinge fallen soll.