Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.09.2010 | Pflichtteil

    Beweislastanforderungen bei teilweiser Schenkung

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    1. Wird in einem notariellen Vertrag die Entgeltlichkeit eines Geschäfts festgelegt, muss der Vertragspartner für die Annahme einer teilweisen Schenkung den Vollbeweis führen. Für diesen Beweis reicht unter Verwandten allein ein objektiv bestehendes Missverhältnis nicht aus.  
    2. Macht der Pflichtteilsberechtigte einen nach Grund und Höhe rechtsfehlerfrei festgestellten Pflichtteilsanspruch nach §§ 2303, 1371 Abs. 2 BGB geltend und macht damit von seinem gesetzlichen Recht Gebrauch, stellt dies mangels des Vorliegens von besonderen Umständen für die Annahme einer feindlichen Gesinnung keinen Grund dar, der den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks nach § 530 BGB rechtfertigt.  
    (OLG Karlsruhe 26.10.09, 3 U 22/09, ZErb 10, 55, Abruf-Nr. 102290)

     

    Sachverhalt

    Der Kläger verlangt von dem Beklagten, seinem Vater und dem Alleinerben seiner 02 verstorbenen Mutter, den Pflichtteil. Der Vater beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht (ZBR) wegen eines Anspruchs aus widerrufener Schenkung, den er wie folgt begründet: Mit einem notariellen Vertrag übertrug der Beklagte an den Kläger Grundstücke, die einen Gesamtwert von 480.000 EUR hatten zu einem Kaufpreis von 200.000 EUR. Es wurde bestimmt, dass „in Anrechnung auf den Kaufpreis“ der Kläger unter anderem die einer Grundschuld an den Grundstücken zugrunde liegenden Verbindlichkeiten von 200.000 EUR übernimmt. Diese Verbindlichkeiten betrafen die persönliche Haftung für Verbindlichkeiten einer GmbH, an der der Kläger und seine Frau 50 Prozent und der Beklagte weitere 50 Prozent hielten. In der Schlussbestimmung war geregelt: „Die Erschienenen erklären, dass sie sich über die Vollentgeltlichkeit des heutigen Kaufvertrags einig sind und dieser Vertrag also auch nicht eine Teilschenkung beinhaltet.“ Mit weiterem notariellen Vertrag vom selben Tag übertrug der Beklagte seinen 50 Prozent-Anteil an der GmbH auf den Kläger. Zwischen den Parteien ist streitig, warum es zu diesen Verträgen gekommen ist. Der Beklagte behauptet, in der Zusammenschau beider Geschäfte sei die Zuwendung der Grundstücke unentgeltlich erfolgt. Die Haftungsübernahme „in Anrechnung auf den Kaufpreis“ sei keine echte Gegenleistung gewesen. Der Kläger behauptet, die Verträge seien das Ergebnis längerer Verhandlungen gewesen. Die GmbH habe im Jahr 03 kurz vor der Insolvenz gestanden. Das LG hat dem Kläger seinen Pflichtteil zugesprochen und dem Beklagten die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass vorbehalten. Der Beklagte beantragte erfolglos PKH für seine beabsichtigte Berufung, mit der er weiter Klageabweisung begehrte.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Beklagte kann gegen den Pflichtteilsanspruch des Klägers kein ZBR wegen eines Anspruchs aus widerrufener Schenkung nach § 530 Abs. 1, § 531 Abs. 2, § 812 ff., § 273 BGB einwenden.  

     

    Der Beklagte hat nicht bewiesen, dass es sich bei der Veräußerung der Grundstücke um eine gemischte Schenkung gehandelt hat. Eine Schenkung setzt die Einigung der Beteiligten über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung voraus. Bei einer gemischten Schenkung müssen sich die Beteiligten über die teilweise Unentgeltlichkeit einig sein (BGHZ 82, 274, 281 f.). Für die Entgeltlichkeit ist dabei keine objektive Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, dass die Parteien subjektiv im Hinblick auf den verfolgten Zweck ihre Leistungen gleichgestellt haben (BGH NJW 61, 604; OLG Hamm NJW-RR 93, 1412). Der subjektive Standpunkt der Vertragsschließenden ist auch bei einem objektiven Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung maßgebend. Denn den privatautonomen Parteien steht es frei, auch eine objektiv wesentlich geringere Gegenleistung subjektiv noch als gleichwertig anzusehen (BGH NJW 61, 604). Eine solche Vereinbarung über die Vollentgeltlichkeit haben die Parteien in dem notariellen Vertrag in der Schlussbestimmung ausdrücklich geregelt. Diese Bestimmung hat auch die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (BGH MDR 99, 759).