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  • · Fachbeitrag · Drei-Zeugen-Testament

    Vorsicht bei der Wahl der Zeugen

    von RA Dr. Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster

    | Das Drei-Zeugen-Testament, oder auch Nottestament genannt, kann nur unter engen Voraussetzungen errichtet werden. Strenge Anforderungen gelten auch bezüglich der Anforderungen an die Zeugen. Dies hat das OLG Köln aktuell entschieden. |

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser (E) ist in einem Krankenhaus verstorben. Er war geschieden und kinderlos. Seine Eltern und seine drei Brüder sind vorverstorben. Die Beteiligten zu 2) bis 10) sind seine Nichten und Neffen. Die Beteiligte zu 1) (seine Lebensgefährtin, LG) hat ein Schriftstück vom Todestag vorgelegt, das als letztwillige Verfügung des E vom Nachlassgericht eröffnet worden ist.

     

    • Auszug aus dem Testament des E

    Heute (...)sind wir im … Krankenhaus bei ... zu Besuch gewesen, da er schwer erkrankt ist. Wir L, T und X können bezeugen, dass es von ... der Wunsch ist, sein ganzes Vermögen, was er besitzt, der ..., zu hinterlassen, weil ... seine Lebensgefährtin ist und sonst er keinen hätte dem er was geben kann, weil er auch mit seinen Verwandten, die noch leben, keinen Kontakt hat. Ich, X, habe diese Niederschrift vor ... und den Zeugen vorgelesen, jedoch hatte ... keine Kraft mehr es zu unterschreiben, aber er ist mit diesem Nottestament einverstanden. Datum, Unterschrift

     

     

    Die LG hat einen Alleinerbschein beantragt. Die Beteiligten zu 3) bis 6), 8) und 9) sind dem entgegengetreten. Das Nachlassgericht hat die LG darauf hingewiesen, dass das Nottestament unwirksam sein dürfte, weil der Zeuge X ihr Sohn sei und daher als Beurkundungsperson ausscheide. Daraufhin hat die LG vorgetragen, dass bei der Errichtung des Testaments auch die Zeugin S zugegen gewesen sei. Das Nachlassgericht hat den Antrag der LG durch Beschluss zurückgewiesen. Dagegen richtet sich erfolglos ihre beim AG eingegangene Beschwerde (OLG Köln 5.7.17, 2 Wx 86/17, Abruf-Nr. 196309).

     

     

     

    Entscheidungsgründe

    Das Testament ist nicht wirksam errichtet worden, sodass die LG den E nicht beerbt, § 1937 BGB. Es kann offenbleiben, ob sich der E in so naher Todesgefahr befand, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar oder Bürgermeister voraussichtlich nicht mehr möglich war, und gegenüber den Zeugen L, T und X sowie S mündlich erklärt hat, dass die LG sein gesamtes Vermögen erben soll. Denn das Nottestament in der Form des Testaments vor drei Zeugen ist nicht wirksam errichtet worden.

     

    Der Zeuge X war gem. § 2250 Abs. 3 S. 2 BGB, § 7 Nr. 3, § 27 BeurkG als beurkundender Zeuge ausgeschlossen. Denn die beurkundete Willenserklärung sollte einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist (§ 1589 BGB), seiner Mutter, der LG, einen Vorteil verschaffen, weil sie als Alleinerbin des E eingesetzt werden sollte. Zwar bewirkt die Mitwirkung eines nach § 7 Nr. 3, § 27 BeurkG ausgeschlossenen Zeugen nicht, dass das gesamte Testament unwirksam ist, sondern nur die betroffene einzelne Verfügung (Palandt/Weidlich, BGB, 76. Aufl., § 2250 Rn. 5). Hier besteht das Nottestament aber lediglich aus dieser einen Verfügung zugunsten der LG, sodass eine Mitwirkung des Zeugen X insgesamt ausgeschlossen war. Es handelt sich auch nicht nur um einen unbeachtlichen Formmangel i. S. v. § 2250 Abs. 3, § 2249 Abs. 6 BGB (BayObLG ZEV 95, 341; Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2250 Rn. 5).

     

    Auch die Zeugin S scheidet als Testamentszeugin i. S. v. § 2250 BGB aus. Bei einem Nottestament vor drei Zeugen i. S. v. § 2250 BGB übernehmen die Testamentszeugen die Beurkundungsfunktion, weil eine amtliche Urkundsperson (Notar, Bürgermeister) fehlt. Sie müssen als solche von Anfang an bereit sein mitzuwirken, sei es, dass sie zur Testamentserrichtung hinzugezogen wurden, oder sie ihre Bereitschaft von sich aus zu erkennen gegeben haben, da jeder gleichberechtigt mit den anderen die Verantwortung für die richtige Wiedergabe der Erklärung trägt. Testamentszeuge ist deshalb nicht, wer nur zufällig anwesend ist und die Erklärung des Erblassers lediglich mit anhört (BGH MDR 71, 281; OLG Düsseldorf FamRZ 16, 166).

     

    Hiervon ausgehend spricht schon nach den Aussagen der Zeugen X, T und L nichts dafür, dass die Zeugin S als vermeintliche Zeugin eines Drei-Zeugen-Testaments von Anfang an bereit war, wegen Fehlens einer amtlichen Beurkundungsperson eine dahin gehende Beurkundungsfunktion zu übernehmen. Denn die drei Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, dass der E ihnen erklärt habe, ein solches Testament werde vor drei Zeugen errichtet. Es seien daher auch nur drei Unterschriften notwendig. Die Zeugen haben dagegen übereinstimmend eingeräumt, dass sie damals nicht gewusst hätten, wie ein solches Testament errichtet wird. Sie haben sich daher auf den E verlassen. Daher ist aufgrund des Umstands, dass nach der Anweisung des E nur drei Personen mitwirken sollten und sich die Zeugen X, L und T zur Mitwirkung bereit erklärt hatten, anzunehmen, dass die Zeugin S nicht an der Beurkundung beteiligt werden sollte und sich insoweit auch nicht beteiligen wollte.

     

    Unabhängig davon kam die Zeugin S auch deshalb als Beurkundungsperson eines in deutscher Sprache verfassten Testaments nicht in Betracht, weil sie der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist/war, § 2250 Abs. 3 S. 4 1. HS. BGB. Schon bei der Aufnahme der Personalien der Zeugin war es kaum möglich, sich über den Beruf und ihre Wohnanschrift sowie etwaige Verwandtschaftsverhältnisse zu am Verfahren beteiligten Personen zu verständigen. Sie verstand die Fragen kaum und konnte weder ihre Berufsbezeichnung in deutscher Sprache noch den Straßennamen ihrer Wohnung angeben.

     

    Auf Vorhalt der vom Verfahrensbevollmächtigten der LG eingereichten eidesstattlichen Versicherung hat sie angegeben, dass die Unterschrift von ihr stamme, der Text ihr von der LG zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Zum Inhalt konnte sie nichts sagen. Auf die Frage, was eine eidesstattliche Versicherung sei, wusste sie keine Antwort. Auf Vorhalt des Testaments konnte sie dieses weder vorlesen noch den Inhalt, nachdem ihr der Text vom Vorsitzenden auszugsweise vorgelesen worden war, in eigenen Worten wiedergeben. Sie konnte nur in gebrochenem Deutsch ansatzweise ausdrücken, dass sie mitbekommen haben will, dass der E den Willen geäußert habe, die LG als Alleinerbin einzusetzen. Dies reicht indes nicht aus, um von einer Mitwirkung bei der Beurkundung des Testaments ausgehen zu können, unabhängig davon, dass sie aufgrund ihrer Sprachprobleme objektiv gar nicht beurteilen konnte, ob der niedergeschriebene Text der Erklärung des E entsprach.

     

    Es kann offenbleiben, ob die Zeuginnen T und L als beurkundende Personen i. S. v. § 2250 BGB in Betracht kommen. Denn ein Zwei-Personen-Testament kennt das deutsche Recht nicht. Es ist auch unerheblich, dass der E wohl mündlich tatsächlich erklärt hat, dass die LG seine Erbin sein soll. Denn die Gefahr, dass ein nachgewiesener Wille eines Erblassers unberücksichtigt bleibt, weil er nicht formgültig ausgedrückt worden ist, tritt auch bei anderen Testamentsformen auf. Auch dort hat der an das Gesetz gebundene Richter keine Möglichkeiten abzuhelfen, wenn wesentlichen Vorschriften nicht genügt ist. Bei der Mitwirkung der drei Zeugen handelt es sich aber um ein wesentliches Erfordernis, dessen Fehlen dazu führt, dass die Verfügung unwirksam ist. Es ist nicht möglich, hierin einen unschädlichen Mangel i. S. d. § 2249 Abs. 6 BGB zu erblicken, wie dies etwa beim Fehlen von Unterschriften der Zeugen zutreffen mag (vgl. nur: BGH MDR 71, 281).

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung zeigt, dass in der Praxis ein Nottestament häufig unwirksam ist, sei es, weil z. B. bei der Testamentserrichtung statt drei nur zwei Zeugen anwesend sind oder keine nahe Todesgefahr gegeben ist. Die Besonderheit bestand hier darin, dass bei der Testamentserrichtung gegen die zwingenden Vorschriften von §§ 7, 27 BeurkG verstoßen wurde. Zwar führt der Verstoß gegen diese Vorschriften nur dazu, dass die betreffende Einzelverfügung oder Zuwendung unwirksam ist. Dies ist im Einzelfall zu prüfen; hier gab es nur die Erbeinsetzung der LG, die insgesamt unwirksam ist, weil ihr Sohn X als Zeuge an der Errichtung des Nottestaments beteiligt war.

     

    Weiterführende Hinweise

    • EE 17, 95 zur nahen Todesgefahr beim Drei-Zeugen-Testament
    • EE 16, 73 ebenfalls zur nahen Todesgefahr
    • EE 16, 165 dazu, dass ein Nottestament vor zwei Zeugen unwirksam ist; mit Übersicht dazu, welche Aufgaben die drei Zeugen beim Nottestament haben
    Quelle: Ausgabe 12 / 2017 | Seite 201 | ID 44899855