· Fachbeitrag · Testierfähigkeit
Fallstricke der Testierfähigkeit und der Testierfreiheit erfolgreich meistern
von RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg
| Fragen der Testierfähigkeit und Testierfreiheit spielen im Erbrecht eine wichtige Rolle. Wenn der Erblasser von der gesetzlichen Erbfolge durch letztwillige Verfügung abweicht, kommt es immer wieder vor, dass die Übergangenen oder Benachteiligten die Testierfähigkeit des Erblassers infrage stellen. Gleich ob der spätere Erblasser bei der Nachfolgegestaltung beraten wird oder im Erbfall die Interessen von Begünstigten oder Benachteiligten vertreten werden, der Berater muss die Thematik richtig angehen. |
1. Der Grundsatz der Testierfähigkeit
Nach dem BGB, wonach die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahmebildet, gilt jedermann, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, so lange als testierfähig, bis das Gegenteil zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen ist. Auch das Nachlassgericht muss bei Erteilung eines Erbscheins die Testierfähigkeit nur dann prüfen, wenn konkrete Zweifel an ihr ersichtlich sind. In der Praxis besonders häufig thematisiert wird die Testierfähigkeit bei betreuten Personen, bei Demenz und bei psychischen Störungen. Allerdings ist stets auf den Einzelfall abzustellen, um eine Testierunfähigkeit anzunehmen.
a) Testierfähigkeit bei betreuten Personen
Liegt eine gerichtliche Anordnung für ein Betreuungsverhältnis bei einer Person vor, ist zu klären, wie sich dies auf die Testierfähigkeit auswirkt. Dabei gilt seit dem Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes am 1.1.92 zunächst einmal jede Person als uneingeschränkt testierfähig, die volljährig ist. Deshalb wird auch bei betreuten Personen zunächst die Testierfähigkeit vermutet. Diese Vermutung kann durch Gründe widerlegt werden, die zur Anordnung der Betreuung geführt haben. Allerdings wird nicht jede Betreuung aus Gründen angeordnet, die zu einer Testierunfähigkeit führen. Daher kann aus einer Betreuungsanordnung nicht generell auf die Testierunfähigkeit geschlossen werden.
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