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  • · Nachricht · Vor- und Nacherbschaft

    Aufschiebend bedingte Vollerbeneinsetzung

    | Bestimmt ein Testament, dass die als Vorerbin eingesetzte Ehefrau des Erblassers über den Nachlass frei verfügen kann, wenn mehr als eines der als Nacherben eingesetzten Kinder den Pflichtteil geltend macht, liegt eine durch die Geltendmachung mehrerer Pflichtteile aufschiebend bedingte Vollerbeneinsetzung der Ehefrau vor (OLG Hamm 11.4.13, 15 W 112/13). |

     

    Der Erblasser hatte zwei Testamente errichtet, mit denen er seine zweite Ehefrau als Vorerbin und seine drei geborenen Töchter aus erster Ehe als Nacherben eingesetzt hatte. Im Testament hieß es weiter, dass die Vorerbin „frei“ über den Nachlass verfügen dürfe, falls mehr als eines seiner Kinder nach seinem Tod den Pflichtteil geltend mache. Nach seinem Tod hatte seine Ehefrau aufgrund einer notariellen Vereinbarung an jede Tochter 17.000 EUR zur Abfindung ihrer erbrechtlichen Ansprüche gezahlt. Im Anschluss hieran verweigerte das Grundbuchamt die Umschreibung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks auf die Ehefrau als Eigentümerin ohne gleichzeitige Eintragung eines Nacherbenvermerks.

     

    Das OLG hat beschlossen, dass die Beschwerde der Ehefrau zulässig und begründet ist.

    Bedingung für den Eintritt der Vollerbenstellung der Beteiligten ist nach dem Testament bereits die Geltendmachung des Pflichtteils durch zwei der Nacherbinnen. Auf die Abwicklung eines Pflichtteilsverlangens, also etwa darauf, ob eine vertragliche Vereinbarung oder eine streitige Auseinandersetzung darüber erfolgt und ob und in welcher Höhe ein bestimmter Betrag ausgezahlt wird, kommt es nach der testamentarischen Regelung hingegen nicht an. Durch notarielle Urkunde ist nachgewiesen, dass zwischen der Ehefrau und allen drei Nacherbinnen ein entsprechender Vertrag geschlossen worden ist.

     

    Es ist deshalb mit Händen greifbar, dass nach dem bereits hervorgehobenen Schutzzweck der testamentarischen Regelung die Beteiligte die Rechtsstellung einer Vollerbin auch erwerben sollte, wenn sie in der geschilderten Weise mit ihren sämtlichen Stieftöchtern eine vertragliche Gesamtregelung ihrer erbrechtlichen Abfindung für den Nachlass des Erblassers traf.

    Quelle: ID 42217022