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  • · Fachbeitrag · Pflichtteilsrecht

    Checklisten für Berater von Pflichtteilsberechtigten

    von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar

    | Um beim Pflichtteilsrecht in der erbrechtlichen Beratung den Überblick zu behalten, zielführend vorzugehen und keine Lösungen für den Mandanten zu übersehen, sollen drei Checklisten dabei Hilfestellung leisten. |

     

    Checkliste / Sachverhaltsklärung und allgemeine Beratungsaspekte

    • Gehört der Mandant zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis? Ist er
      • ein Abkömmling des Erblassers (Kind, Enkelkind, Urenkelkind, § 1589*)?
      • ein angenommenes Kind oder ein Abkömmling nach dem Annehmenden, §§ 1754, 1755)?
      • ein Elternteil (§§ 1591 ff., eingeschränkt nach § 2309)?
      • ein Ehegatte des Erblassers?
      • ein Lebenspartner des Ehegatten (§ 10 Abs. 6 S. 2 LPartG)?
    • Ist der Mandant enterbt, d. h. durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen (§§ 2303 Abs. 1, 1938?)?
    • Ist der Pflichtteil wirksam entzogen (§§ 2333 ff.)?
    • Ist wirksam auf den Pflichtteil verzichtet worden (§ 2346 Abs. 2)?
    • Existieren Erb- und Pflichtteilsunwürdigkeitserklärungen (§§ 2339, 2345 Abs. 2)?
    • Bei Eheleuten:
      • Lagen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe vor und
      • hatte er die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt (§ 1933 S. 1) oder
      • war der Erblasser berechtigt, die Aufhebung der Ehe zu beantragen, und hatte er diesen Antrag gestellt (§ 1933 S. 2)?
    • Kann und soll nach § 2306 Abs. 1 ausgeschlagen werden? Ist der als Erbe berufene Pflichtteilsberechtigte
      • entweder beschwert,
    • - durch die Einsetzung eines Nacherben
    • - oder durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers
    • - oder mit einem Vermächtnis oder einer Auflage (§ 2306 Abs. 1)
      • oder als Nacherbe eingesetzt (§ 2306 Abs. 2)?
    • Bei Eheleuten: Soll bei Bestehen der Zugewinngemeinschaft nach § 1371 Abs. 3 ausgeschlagen werden?
      • Wenn ja, steht dem Ausschlagenden der sog. „kleine“ Pflichtteil zu, dessen Quote sich durch Halbierung des nicht erhöhten gesetzlichen Erbteils (§ 1931 Abs. 1 und 2) errechnet, und zusätzlich der Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns (§ 1371 Abs. 2), welcher als Nachlassverbindlichkeit den Wert des Nachlasses mindert (§ 2311).
      • Wenn nein, kommt der „große“ Pflichtteil zum Ansatz, wenn der Ehegatte unabhängig von der Höhe Erbe oder Vermächtnisnehmer ist, nicht aber, wenn er nur als Auflagebegünstigter oder Testamentsvollstrecker eingesetzt ist.
    • Kann und soll wegen § 2307 Abs. 1 S. 1 ausgeschlagen werden? Soll der Pflichtteilsberechtigte das ihm zugewandte Vermächtnis
      • annehmen, mit der Folge, dass er nur das Vermächtnis verlangen kann (bleibt der Wert des Vermächtnisses hinter dem Pflichtteil zurück, hat er einen Anspruch aus § 2305 auf den Zusatzpflichtteil (§§ 2307 Abs. 1 S. 2, 2305); allerdings bleiben bei der Wertberechnung des Vermächtnisses Beschränkungen und Beschwerungen i. S. d. § 2306 außer Betracht (§ 2307 Abs. 1 S. 2) oder
      • ausschlagen, mit der Folge, dass sein Pflichtteilsanspruch entsteht?

    *Sämtliche Paragrafen ohne Angaben sind solche des BGB.

    • Wie hoch ist die Pflichtteilsquote? Sie beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanteils (§§ 2303 Abs. 1 S. 2, 1924 ff. BGB).
    • Wie hoch ist der Bestand und Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§§ 2311, 2312 und 2313)?
    • Liegen ergänzungspflichtige Schenkungen vor, § 2325 BGB? Gegen wen ist der Anspruch geltend zu machen?
      • Grundsätzlich gegen den Erben als Schuldner; aber:
      • soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrages nach den Bestimmungen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff.) verlangen (§ 2329 Abs. 1).
    • Kann der Zusatzpflichtteil nach § 2305 (auch als Pflichtteilsrestanspruch bezeichnet) oder § 2307 Abs. 1 S. 2 BGB geltend gemacht werden? Ist der Mandant als Pflichtteilsberechtigter auf einen Erbteil eingesetzt, der geringer als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (Pflichtteils) ist, kann er als Pflichtteil den Wert des an der Hälfte fehlenden Teils verlangen, § 2305 S. 1.
    • Haftet der Eintretende nach § 2320 BGB?
    • Wann entsteht der Pflichtteilsanspruch (§ 2314 Abs. 1)? Mit dem Erbfall als Geldanspruch.
    • Gegen wen ist der Pflichtteilsanspruch geltend zu machen? Gegen den Erben/Miterben als Schuldner.
    • Ist die Leistung auf den Pflichtteilsanspruch zu versteuern? Ja, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
    • Ist die Abfindung für den Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch zu versteuern? Ja, § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG.
     

    Checkliste / Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten

    • Bestehen eines Pflichtteilsrechts, § 2303 (nicht aber schon das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs, § 2317, zu dessen Beurteilung die Auskunft dienen soll)?
    • Auskunftsberechtigung? Auskunftsberechtigter ist
      • jeder Nichterbe aus dem Personenkreis der §§ 2303, 2309, aber auch
      • der nach § 2305 unzureichend Bedachte,
      • der nach § 2306 belastet eingesetzte Erbe, soweit beide ausschlagen,
      • der ausschlagende Ehegatte bei Bestehen der Zugewinngemeinschaft, § 1371 Abs. 3,
      • der nur mit dem Vermächtnis Bedachte (§ 2307), ohne Rücksicht auf dessen Höhe und Ausschlagung,
      • bei Abtretung der neue Gläubiger (§§ 2317, 398, 401) sowie
      • der Träger der Sozialhilfe nach Überleitung des Pflichtteilsanspruchs auf ihn (§ 93 SGB XII).
    • Auskunftspflichtig sind
      • der Erbe,
      • der Vorerbe bis zum Eintritt des Nacherbfalls,
      • der Nacherbe nach Eintritt des Nacherbfalls sowie
      • ein Miterbe als Gesamtschuldner.
    • Anspruch auf Auskunft als Miterbe gegen einen Miterben nach § 242?
    • Ist die Vorlage eines vollständigen Bestandsverzeichnisses (§ 260 Abs. 1) einschließlich der Angaben zum fiktiven Nachlass notwendig im Hinblick auf
      • anrechnungspflichtige Schenkungen?
      • ausgleichungspflichtige Schenkungen?
      • ergänzungspflichtige Schenkungen?
    • Soll der Wertermittlungsanspruch geltend gemacht werden?
    • Liegt bereits ein Sachverständigengutachten zum Wert eines Nachlassgegenstandes, etwa eines Grundstücks, vor?
    • Ist der Anspruchsgegner vorprozessual zur Auskunftserteilung und/oder Wertermittlung aufgefordert worden?
    • Zu welchem Zeitpunkt tritt die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs ein?
    • Soll ein
      • privatschriftliches Bestandsverzeichnis oder ein
      • notarielles Bestandsverzeichnis verlangt werden?
    • Soll die isolierte Auskunfts- und Wertermittlungsklage erhoben werden? Ja, wenn noch nicht feststeht, ob überhaupt ein Pflichtteilsanspruch besteht.
    • Soll Stufenklage nach § 254 BGB erhoben werden? Ja, spätestens wenn Verjährung des Pflichtteilsanspruchs droht und/oder ein Pflichtteilsanspruch besteht.