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  • 21.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112495

    Oberlandesgericht Bremen: Beschluss vom 19.05.2011 – 3 W 6/10

    Amtlicher Leitsatz:
    1. Ausländische Erbscheine (hier nach englischem Recht erteilt) sind grundsätzlich keine Entscheidungen, die nach § 108 Abs. 1 FamFG anerkannt werden.



    2. Mit ausländischen Erbscheinen kann deshalb die Unrichtigkeit des Grundbuchs grundsätzlich nicht gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Satz 1, 35 Abs. 1 GBO nachgewiesen werden.


    Tenor:
    Die Beschwerde gegen den Beschluss des Grundbuchgerichts vom 07.02.2011 wird zurückgewiesen.

    Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

    Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt € 3.000,00.

    Gründe
    I. Der Beschwerdeführer beantragt durch seinen Verfahrensbevollmächtigten für das im Rubrum genannte Grundstück als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen zu werden. Derzeit ist als Eigentümerin eingetragen die am [...] 2006 verstorbene C., geb. R.. Der Beschwerdeführer trägt vor, Erbe der Frau C. zu sein und legt dafür die Bescheinigungen der "District Probate Registry at Brighton" vom 17.06.2009 und 01.10.2010 sowie Kopie eines handschriftlichen Testaments der Frau C. vor. Aus diesen Dokumenten ergebe sich, dass der Beschwerdeführer Erbe der Frau C. sei. Auf den Inhalt dieser Dokumente wird Bezug genommen.

    Durch Verfügung vom 07.02.2011 wies das Grundbuchgericht den Verfahrensbevollmächtigten darauf hin, dass der Eintragung nach § 18 GBO noch Hindernisse entgegenstünden. Es sei die Vorlage eines deutschen Erbscheins nach § 2369 BGB erforderlich, um die Erbfolge in Form des § 29 GBO nachzuweisen. Das privatschriftliche Testament entspreche dieser Formvorschrift nicht. Die Bescheinigung des Nachlassgerichts Brighton könne nicht als Erbschein anerkannt werden.

    Durch Schriftsatz vom 11.02.2011 hat der Verfahrensbevollmächtigte unter Aufrechterhaltung seiner Rechtsauffassung Beschwerde gegen den Beschluss des Grundbuchgerichts eingelegt. Der Hinweis des Grundbuchgerichts gehe schon im Hinblick auf § 108 Abs. 1 FamFG fehl. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, dass der vorgelegte Erbnachweis anerkannt werde, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedürfe.

    Das Grundbuchgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen zur Entscheidung vorgelegt.

    II. Die nach §§ 71 ff. GBO zulässige und auch im Übrigen statthafte Beschwerde ist unbegründet, denn die Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich des Eigentums des genannten Grundstücks gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 GBO ist bezüglich der Erbfolge nach C. nicht in der nach §§ 29, 35 GBO notwendigen Form nachgewiesen.

    Gemäß § 22 GBO bedarf es für die Berichtigung des Grundbuches des in der Form des § 29 GBO zu erbringenden Nachweises seiner Unrichtigkeit und der Richtigkeit der Tatsachen, deren Eintragung begehrt wird. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO soll die Eintragung nur dann vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zur Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO bedürfen andere Voraussetzungen der Eintragung des Nachweises durch öffentliche Urkunden, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind. Für den Nachweis der Erbfolge ist dabei § 35 GBO zu beachten. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO ist der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen. Sofern die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Verfügung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GBO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

    Hinsichtlich der Erbfolge nach C. liegt lediglich ein privatschriftliches Testament vor, das die o.g. Voraussetzungen nicht erfüllt.

    Die vorgelegten Bescheinigungen des "District Probate Registry at Brighton" sind nicht als Erbschein im Sinne des § 35 GBO anzusehen. Zwar sieht § 108 Abs. 1 FamFG vor, dass - abgesehen von Entscheidungen in Ehesachen - ausländische Entscheidungen anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Entscheidungen in diesem Sinne sind unanfechtbare Gerichtsentscheidungen und grundsätzlich auch Entscheidungen von ausländischen Behörden, die in ihrer Stellung deutschen Gerichten entsprechen. Diese Entscheidungen müssen aber unanfechtbar sein (vgl. zum Ganzen: Musielak/Borth/Grandel FamFG, 2. Aufl., § 108 Rn. 2 m.w.N.). An dieser Rechtskraftwirkung fehlt es aber ausländischen Erbscheinen; sie werden deshalb grundsätzlich nicht nach § 108 Abs. 1 FamFG anerkannt (vgl. Palandt/Thorn, BGB, 70. Aufl., Art. 25 EGBGB Rn. 19; BeckOK/Lorenz, EGBGB, Ed. 18, Art. 25 Rn. 73; Keidel/Zimmermann, FamFG, 16. Aufl., § 108 Rn. 35; Prütting/Helms/Hau, FamFG, § 108 Rn. 16; Staudinger/Dörner, Aufl. 2007, Art. 25 EGBGB Rn. 914, jeweils m.w.N.), Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn bezüglich der Anerkennung ausländischer Erbscheine staatsvertragliche Regelungen geschlossen wurden. Derartige Regelungen existieren zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien, soweit ersichtlich, jedoch nicht (vgl. BeckOK/Lorenz; aaO.).

    Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde nach § 131 Abs. 4 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.

    Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

    Vorschriften§ 108 Abs. 1 FamFG § 18 GBO § 22 GBO § 29 GBO § 35 GBO § 2369 BGB