10.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120429
Oberlandesgericht München: Beschluss vom 13.09.2011 – 31 Wx 298/11
1.
In einem handschriftlichen Testament ist ein unterhalb der Unterschrift später angebrachter Zusatz, der die ursprüngliche Verfügung an eine Bedingung knüpft, ohne erneute Unterschrift formunwirksam.
2.
Für den Nachweis eines urkundlich nicht mehr vorhandenen Testaments sind Äußerungen des Testators gegenüber Bedachten oder Dritten regelmäßig nicht ausreichend.
31 Wx 298/11
In Sachen
...
erlässt das Oberlandesgericht München -31. Zivilsenat-
durch
die Richterin am Oberlandesgericht Förth,
den Richter am Oberlandesgericht Gierl und
den Richter am Oberlandesgericht Kramer
am 13.09.2011
folgenden Beschluss
Tenor:
I.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 25. April 2011 wird zurückgewiesen.
II.
Die Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III.
Die Festsetzung des Geschäftswerts bleibt vorbehalten.
Gründe
I.
Der Erblasser ist im Juni 2010 im Alter von 67 Jahren verstorben. Die Beteiligten zu 2 bis 5 sind seine Kinder aus der ersten Ehe, die im Juni 2008 geschieden worden war. Seit 25.3.2009 war er mit der Beteiligten zu 1 verheiratet, mit der er bereits seit Jahren zusammengelebt hatte. Der Beteiligte zu 2 hält die Eheschließung wegen Geschäftsunfähigkeit des Erblassers für unwirksam. Ende 2008/Anfang 2009 wurde der Erblassers wegen einer schweren Depression stationär behandelt. Nach einer erneuten stationären Aufnahme im April 2009 wurde eine Betreuung angeordnet.
Es liegt ein handschriftliches Testament vor, das wie folgt lautet:
"Testament*
Ich, (Erblasser) setze zu meiner alleinigen unbeschränkten Erbin meine Lebenspartnerin (Beteiligte zu 1), gleichviel ob und wieviele Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind.
(Ort), 01/02/2007 (Unterschrift)"
Auf dem unter der Unterschrift verbleibenden Raum von ca. zwei Zentimetern auf dem DIN A 4-Blatt sind folgende zwei Zeilen hinzugesetzt:
"Voraussetzung: (Die Beteiligte zu 1) hat das gleiche Testament für mich geschrieben. Köln-Weiden, den 17/12/2007"
Auf der Rückseite ist vermerkt:
"Das Testament ist zur Zeit nicht gültig. Bis heute 05/03/07 hat meine Lebensgefährtin kein Testament - wie ich es verfasst * habe - umgekehrt geschrieben."
Weder die beiden untersten Zeilen auf der Vorderseite noch der Zusatz auf der Rückseite sind unterschrieben. Die Beteiligte zu 1 hat ein auf den 1.2.2007 datiertes handschriftliches Testament vorgelegt, in dem sie den Erblasser zu ihrem Alleinerben eingesetzt hat. Der Text dieses Testaments sowie die Überschrift und die Unterschrift sind mit einem anderen Stift durchgestrichen.
Die Beteiligte zu 1 beantragte, gestützt auf das Testament vom 1.2.2007, einen Erbschein als Alleinerbin. Der Zusatz auf der Vorderseite sei nicht unterschrieben und deshalb formunwirksam, im Übrigen habe sie die Bedingung erfüllt. Die Beteiligten zu 2 bis 5 sind dem Antrag entgegen getreten. Die Unterschrift des Erblassers beziehe sich auch auf den nicht gesondert unterschriebenen Zusatz auf der Vorderseite; das habe der Erblasser mit dem Sternchen deutlich gemacht. Die Beteiligte zu 1 habe die Bedingung nicht erfüllt, denn aus dem Zusatz auf der Rückseite ergebe sich, dass der Erblasser ein gleichlautendes Testament von ihr nicht erhalten habe. Außerdem sei er testierunfähig gewesen; er habe im Dezember 2006 einen Schlaganfall erlitten und sei Ende 2008 wegen einer schweren Depression und eines Suizidversuchs in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden.
Die Beteiligte zu 4 trug mit Schreiben vom 16.9.2010 vor, ihr Vater habe ihr etwa im Spätsommer 2008 anvertraut, dass er "in der Vergangenheit" - einen genauen Zeitpunkt habe er nicht genannt - ein Testament alleinig zugunsten seiner vier Kinder geschrieben habe, welches die Beteiligte zu 1 später gefunden und in rasender Wut zerrissen habe. Das habe der Erblasser im März 2009 dem Beteiligten zu 3 anvertraut und im April 2009 nochmals im Beisein von dreien seiner Kinder erzählt. Der Beteiligte zu 2 erklärte mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 17.10.2010 die Anfechtung des Testaments wegen Irrtums und Drohung. Der Erblasser habe sich das schändliche Verhalten der Beteiligten zu 1 - die ihn missbraucht und kontrolliert habe - nicht vorstellen können. Sie habe ihn durch Drohung und Erpressung daran gehindert, ein neues Testament zu errichten. Nach Hinweis des Nachlassgerichts präzisierten die Beteiligten zu 2, 3 und 4 ihre Angaben zu dem nicht mehr vorhandenen Testament dahin, dass das Gespräch mit der Beteiligten zu 4 im August 2008, mit dem Beteiligten zu 3 am 23.3.2009 und mit den Beteiligten zu 2 bis 4 im April 2009 stattgefunden habe. Der Beteiligte zu 3 schilderte mit Schreiben vom 14.2.2011, der Erblasser habe ihm am 23.3.2009 erzählt, "im letzten Jahr" ein Testament geschrieben zu haben, in dem nur die Kinder begünstigt seien. Im April 2009 habe er im Beisein der Beteiligten zu 2-4 berichtet, die Beteiligte zu 1 habe vor einiger Zeit seine Unterlagen durchwühlt und sei dabei "auf das von ihm handschriftlich verfasste Testament" gestoßen, welches er "im Jahr 2008 aufgesetzt" gehabt habe; darin habe er seine vier Kinder als alleinige Erben eingesetzt. Rasend vor Wut habe die Beteiligte zu 1 das Testament zerrissen.
Die Beteiligte zu 1 bestritt, dass ein solcher Vorfall stattgefunden habe, und verwies darauf, dass es für den Erblasser ein Leichtes gewesen wäre, das Testament vom 1.2.2007 zu vernichten, weil sich dieses in seinen Unterlagen befunden habe.
Das Nachlassgericht holte eine schriftliche Stellungnahme der Notarin D. ein, in deren Gegenwart der Erblasser nach Angaben der Beteiligten zu 1 das Testament errichtet hatte. Diese bestätigte, dass der Erblasser am 1.2.2007 einen Besprechungstermin in ihrem Büro gehabt habe und es möglich sei, dass der Erblasser - auch wenn sie sich daran nicht im Einzelnen erinnere - nach erfolgter Beratung und einem Formulierungsvorschlag das Testament in ihrem Beisein geschrieben habe. Zu dieser Zeit sei auch eine wechselseitige General- und Vorsorgevollmacht des Erblassers und der Beteiligten zu 1 besprochen und am 6. Februar 2007 beurkundet worden.
Mit Beschluss vom 25.4.2011 bewilligte das Nachlassgericht den von der Beteiligten zu 1 beantragten Erbschein. Maßgeblich für die Erbfolge sei das Testament vom 1.2.2007 ohne die weiteren Zusätze, die nicht formwirksam seien. Konkrete Anhaltspunkte für Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 1.2.2007 seien nicht vorhanden; die schwere depressive Störung des Erblassers sei erst im Dezember 2008 vermerkt, wie sich aus den beigezogenen Betreuungsakten ergebe. Die Anfechtung greife nicht durch, denn weder eine Drohung noch ein Motivirrtum seien substantiiert vorgetragen. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Erblasser das Testament vom 1.2.2007 durch ein späteres abweichendes Testament widerrufen habe. Der Erblasser habe nach dem Vortrag der Beteiligten zu 2 bis 5 gegenüber dreien seiner Kinder von einem solchen Testament berichtet, gesehen habe es aber niemand.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Nachlassgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die Erbfolge nach dem Testament vom 1.2.2007 richtet, mit dem die Beteiligte zu 1 zur Alleinerbin eingesetzt ist.
1.
Die vom Erblasser am 17.2.2007 dem Testament vom 1.2.2007 hinzugefügte Bedingung ist nicht formwirksam, weil sie nicht unterschrieben ist.
a)
Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten (§ 2247 Abs. 1 BGB). Die zwingend erforderliche Unterschrift muss grundsätzlich am Schluss des Textes stehen; Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die Identifikation des Erblassers zu ermöglichen, zu dokumentieren, dass der Erblasser sich zu dem über der Unterschrift befindlichen Text bekennt, sowie den Urkundentext räumlich abzuschließen und damit vor nachträglichen Ergänzungen und Zusätzen zu sichern (vgl. BayObLGZ 2004, 215/217; OLG München NJW-RR 2011, 156). Ein Testament kann auch in mehreren Teilzügen errichtet werden. Für die Formgültigkeit kommt es insoweit nur darauf an, dass im Zeitpunkt des Todes eine die gesamten Erklärungen nach dem Willen des Erblassers deckende Unterschrift vorhanden ist (BayObLGZ 1984, 194/197). Eine solche den gesamten Text deckende Unterschrift des Erblassers ist nicht vorhanden.
b)
Ergänzungen des Testaments, die von der Unterschrift des Erblassers räumlich gesehen nicht gedeckt sind, müssen grundsätzlich der Form des § 2247 BGB genügen und daher vom Erblasser besonders unterzeichnet werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Zusätze zwar unter die Unterschrift gesetzt werden, der Bezug zu dem über der Unterschrift stehende Text aber so eng ist, dass dieser erst mit dem Zusatz sinnvoll wird, z.B. wenn das Testament ohne die vorgenommenen Ergänzungen lückenhaft, unvollständig oder nicht durchführbar wäre und der Wille des Erblassers nur aus beiden vom Erblasser niedergeschriebene Erklärungen ersichtlich wird (OLG München NJW-RR 2011, 156 [OLG München 07.10.2010 - 31 Wx 161/10] m.w.N.; BayObLGZ 2004, 215/218 f.; BayObLGZ 2003, 352/355).
c)
Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Der am 1.2.2007 - nach Beratung durch die Notarin D. und möglicherweise in deren Gegenwart - niedergeschriebene Text des Testaments stellt eine vollständige, in sich schlüssige und sinnvoll durchführbare letztwillige Verfügung dar, mit der die damalige Lebensgefährtin des Erblassers zur Alleinerbin eingesetzt wird. Bei dem nicht unterschriebenen Zusatz handelt es sich nicht um eine Ergänzung oder Erläuterung eines für sich genommen lückenhaften Testamentstextes, sondern um eine Abänderung der ursprünglich getroffenen Regelung: Während mit dem am 1.2.2007 geschriebenen und unterschriebenen Testamentstext die Beteiligte zu 1 ohne Wenn und Aber zur Alleinerbin eingesetzt wird, wird mit dem Zusatz vom 17.2.2007 die Einsetzung der Beteiligten zu 1 als Alleinerbin an die Bedingung geknüpft, dass diese ihrerseits den Erblasser zum Alleinerben einsetzt. Zur Wirksamkeit eines Zusatzes, der die ursprünglich getroffene - in sich vollständige und durchführbare - Regelung abändert, ist im Interesse der Rechtssicherheit eine gesonderte Unterschrift notwendig (vgl. BayObLGZ 2003, 352/356).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 29.7.2004 (BayObLGZ 2004, 215 ff. = Rpfleger 2004, 701 = FamRZ 2005, 1012) nichts anderes. Im dort entschiedenen Fall war im ursprünglichen Text des Testaments verfügt "bis zur Vollendung des 20. Lebensjahrs sollen die Eltern die Aufsicht über das geerbte Geld für ihre Kinder haben", es war jedoch keine Zuwendung für die Kinder angeordnet. Mit dem nicht gesondert unterschriebenen Zusatz unterhalb der Unterschrift wurde die Geldzuwendung in Höhe von je 20.000 DM an die drei Kinder festgelegt und damit die im ursprünglichen Text vorhandene Lücke gefüllt. Soweit die Beschwerde meint, ein nicht unterschriebener Nachtrag könne als formwirksam anzusehen sein, wenn er nur einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem über der Unterschrift stehenden Text aufweise, kann dem nicht gefolgt werden. Das widerspricht dem Sinn und Zweck der Unterschrift, die als Abschluss der Urkunde den Urkundentext vor nachträglichen Ergänzungen und Zusätze sichern soll (missverständlich Reimann/Bengel/J. Mayer/Voit Testament und Erbvertrag 5. Aufl. § 2247 Rn. 26).
2.
Das Testament vom 1.2.2007 kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Alleinerbeinsetzung der Lebensgefährtin nur unter der Bedingung erfolgen sollte, dass diese eine entsprechende letztwillige Verfügung zugunsten des Erblassers errichtete. Maßgeblich für die Auslegung ist der wirkliche Wille des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Dass der Erblasser am 1.2.2007 die Erbeinsetzung seiner Lebensgefährtin an eine solche Bedingung hätte knüpfen wollen, ist weder aus dem Inhalt der am diesem Tag errichteten letztwilligen Verfügung noch aus sonstigen Umständen ersichtlich. Wie sich aus der Stellungnahme der Notarin B. ergibt, hat sich der Erblasser vor Abfassung des Testaments am 1.2.2007 mit ihr beraten. Die Notarin hat außerdem darauf hingewiesen, dass der Erblasser regelmäßig auf sehr ausführlicher und intensiver Beratung bestanden habe. Der am 17.2.2007 hinzugefügte, nicht unterschriebene Zusatz weist nur darauf hin, dass der Erblasser am 17.2.2007 - mithin mehr als zwei Wochen nach Errichtung des Testaments vom 1.2.2007 - hinsichtlich der Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 an eine solche Bedingung gedacht hat. Einen Rückschluss auf seine Willensrichtung am 1.2.2007 lässt der Zusatz nicht zu; es ist ebenso gut möglich - wenn nicht angesichts der fachkundigen Beratung am 1.2.2007 sogar naheliegend -, dass der Erblasser nach Errichtung des Testaments vom 1.2.2007 seine Meinung geändert hat. Aus demselben Grund kann auch nicht angenommen werden, dass dem Erblasser am 1.2.2007 der Testierwille für eine unbedingte Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 gefehlt hätte.
Die vom Beschwerdeführer angeführte Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10.12.2003 (BayObLGZ 2003, 352 = NJW-RR 2004, 939 = FamRZ 2004, 1142 [BayObLG 10.12.2003 - 1 Z BR 71/03] mit ablehnender Anmerkung Leipold) betrifft einen wesentlich anders gelagerten Sachverhalt. Im dort entschiedenen Fall waren sich nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen die beiden testierenden Ehegatten bereits beim Schreiben der gegenseitigen Erbeinsetzung darüber einig gewesen, diese an die Bedingung zu knüpfen, dass der Überlebende nicht mehr heirate, und hatten die Bedingung im Rahmen desselben Errichtungsaktes, jedoch erst nach den beiden Unterschriften angefügt.
3.
Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt weder der Zusatz auf der Vorderseite der Urkunde noch der Vermerk auf der Rückseite einen teilweisen Widerruf der letztwilligen Verfügung vom 1.2.2007 dar. Nach § 2255 Satz 1 BGB kann ein Testament auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser in der Absicht es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt. Eine solche Veränderung muss an der Urkunde selbst vorgenommen sein, etwa durch Einreißen, Einschneiden, Durchstreichen, Korrekturen oder Ungültigkeitsvermerke. Streichungen bedürfen als solche nicht der Form des § 2247 BGB, wenn sie sich nur auf den Widerruf des Gestrichenen beschränken. Ungültigkeitsvermerke wie "ungültig", "annulliert", "überholt" usw. sind als ausreichende Veränderung anzusehen, wenn für jedermann sofort erkennbar ist, dass die Urkunde als solche nicht mehr gelten soll; sie brauchen dann ebenso wenig wie eine bloße Streichung gesondert unterschrieben zu sein (vgl. Palandt/Weidlich BGB 70. Aufl. § 2355 Rn. 6). Die späteren Hinzufügungen des Erblassers zu dem am 1.2.2007 verfassten Urkundstext stellen jedoch keine Veränderungen dar, die für jedermann erkennbar zum Ausdruck bringen, dass die Urkunde nach dem Willen des Erblassers nicht mehr gelten soll. Der Erblasser hat vielmehr nur für die ursprünglich verfügte unbedingte Erbeinsetzung später eine Bedingung schriftlich niedergelegt und wiederum später schriftlich festgehalten, die Bedingung sei noch nicht eingetreten. Das bringt nicht den Willen zum Ausdruck, die ursprüngliche Verfügung aufzuheben.
4.
Es kann auch nicht angenommen werden, dass das Testament vom 1.2.2007 durch ein späteres, inhaltlich abweichendes Testament des Erblassers gemäß § 2258 Abs. 1 BGB aufgehoben wurde. Die Schilderungen des Erblassers gegenüber seinen Kindern bei verschiedenen Gelegenheiten Mitte 2008 und im Frühjahr 2009 bietet keine hinreichend verlässliche Grundlage für den Nachweis, dass ein solches Testament überhaupt vorhanden war, geschweige denn, dass es auch formgerecht und zeitlich nach dem Testament vom 1.2.2007 errichtet worden war.
a)
Ist die Urschrift der Testamentsurkunde nicht mehr vorhanden, können die Errichtung und der Inhalt eines Testaments auch mit Hilfe anderer Beweismittel dargetan werden, wobei an den Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (OLG München FamRZ 2008, 1378/1379 m.w.N.). Beweispflichtig ist, wer aus dem Testament Rechte herleiten will. Er hat nicht nur für den Nachweis einzustehen, dass der Erblasser ein formgültiges, rechtswirksames Testament mit den vom ihm behaupteten Inhalt errichtet hat, sondern ist auch dafür beweispflichtig, dass es sich nicht um einen bloßen Entwurf gehandelt hat (vgl. BayObLG FamRZ 2001, 945/946; BayObLGZ 2004, 91/92 m.w.N.).
b)
Die von den Beteiligten berichteten Äußerungen des Erblassers ihnen gegenüber, er habe zu ihren Gunsten ein Testament errichtet, das die Beteiligte zu 1 in Wut zerrissen habe, reichen dafür nicht aus. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann schon nicht hinreichend sicher davon ausgegangen werden, dass die Äußerungen des Erblassers gegenüber seinen angeblich von ihm bedachten Kindern den Tatsachen entsprochen haben. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass Testatoren stets wahrheitsgemäße Angaben dazu machen, ob, in welcher Weise und mit welchem Inhalt sie eine letztwillige Verfügung errichtet haben. Auch sind verschiedenste Motive denkbar, weshalb Testierende gegenüber Dritten oder gegenüber den angeblich Bedachten Aussagen über die Regelung der Erbfolge tätigen, die nicht mit den tatsächlich getroffenen Bestimmungen übereinstimmen. Das gilt hier umso mehr, als das Verhältnis zwischen der - tatsächlich mit Testament vom 1.2.2007 als Alleinerbin eingesetzten - Lebensgefährtin des Erblassers und dessen Kindern aus erster Ehe konfliktbeladen war. Zudem unterlag der Erblasser nach den Feststellungen der im Betreuungsverfahren beauftragten Sachverständigen N., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, seit mindestens Ende 2008 bis Mai 2009 einer immer wieder stationär behandlungsbedürftigen depressiven Episode mit psychotischen Phänomenen. Darüber hinaus ist wesentlicher Inhalt der Erzählung des Erblassers gegenüber seinen Kindern, dass die Beteiligte zu 1 das angeblich zugunsten der Kinder errichtete Testament vernichtet habe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es dem Erblasser vorrangig darum ging, seinen Kindern eine Erklärung oder Rechtfertigung für das Fehlen einer letztwilligen Verfügung zu ihren Gunsten zu geben, zumal sich aus der Stellungnahme der Beteiligten zu 4 ergibt, dass er ihnen von dem Testament vom 1.2.2007 nichts erzählt hatte.
Im Übrigen wären die insbesondere von Beteiligten zu 3 und 4 im Einzelnen geschilderten Erzählungen des Erblassers auch nicht ausreichend, um mit hinreichender Sicherheit annehmen zu können, dass das angebliche Testament zugunsten der Kinder formgerecht und erst 2008 errichtet worden ist. So hat der Erblasser nach den Angaben insbesondere der Beteiligten zu 3 und 4 bei dem ersten Gespräch über das angebliche Testament zugunsten der Kinder mit der Beteiligten zu 4 im Spätsommer 2008 weder über die Form noch über den Zeitpunkt der Errichtung gesprochen, sondern lediglich angegeben, "in der Vergangenheit" ein Testament allein zugunsten der vier Kinder geschrieben zu haben. Gegenüber dem Beteiligten zu 3 hat er bei dem Gespräch am 23.3.2009 geäußert, er habe "im letzten Jahr" ein Testament zugunsten der Kinder geschrieben, während er im April 2009 davon gesprochen haben soll, das "handschriftlich verfasste Testament" "im Jahr 2008" aufgesetzt zu haben. Es erscheint schon höchst zweifelhaft, ob die mit zunehmenden zeitlichem Abstand von dem angeblichen Ereignis immer präziser werdenden Angaben tatsächlich aus der Erinnerung geschöpft und nicht etwa im Wege der Ausschmückung der mehrfach wiederholten Erzählung hinzugefügt wurden. Im Übrigen ist die Angabe "handschriftlich verfasst" nicht ausreichend, um eine nicht nur eigenhändig geschriebene, sondern auch unterschriebene letztwillige Verfügung zu belegen, zumal auch das vorliegende Testament teilweise formunwirksame Zusätze enthält.
5.
Die Anfechtung des Testaments vom 1.2.2007 wegen "Irrtum und Drohung" greift nicht durch. Dass der Erblasser durch widerrechtliche Drohung (§ 2078 Abs. 2, 2. Alternative BGB) zur Abfassung des Testaments vom 1.2.2007 bewegt worden wäre, ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit vorgetragen wird, der Erblasser sei durch die Einflussnahme der Beteiligten zu 1 an der Errichtung eines anderen Testaments gehindert worden, kann das die Anfechtung des Testaments vom 1.2.2007 nicht stützen. Auch für einen Motivirrtum des Erblassers (§ 2078 Abs. 2, 1. Alternative BGB) liegen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Die Anfechtung kann nur auf solche irrige Vorstellungen und Erwartungen gestützt werden, die der Erblasser bei Errichtung der letztwilligen Verfügung tatsächlich gehabt hat, und die bewegender Grund für den letzten Willen waren (BGH NJW-RR 1987, 1412/1413 [BGH 27.05.1987 - IVa ZR 30/86]), d.h. ohne die der Erblasser die Verfügung mit Sicherheit nicht getroffen hätte. An den Nachweis eines Motivirrtums sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Feststellungslast für die anfechtungsbegründenden Tatsachen trägt der Anfechtende (BayObLG FamRZ 1997, 772/773).
Außer der bloßen Behauptung des Anfechtenden gibt es hier keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser bei Errichtung des Testaments vom 1.2.2007 bestimmte Vorstellungen und Erwartungen hinsichtlich des künftigen Verhaltens seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau gehabt hätte, geschweige denn, dass diese bewegender Grund für deren Erbeinsetzung gewesen wären. Das gilt umso mehr, als nach dem eigenen Vortrag des Beteiligten zu 2 die langjährige Beziehung zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 1 "immer sehr belastet" und durch "massive Beeinflussung" von Seiten der Beteiligten zu 1 und den "labilen Charakter" des Erblassers bestimmt gewesen sein soll.
6.
Für den Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 1.2.2007 sind auch keine konkreten Hinweise dafür vorhanden, dass der Erblasser testierunfähig gewesen sein könnte. Nach § 2229 Abs. 4 BGB ist testierunfähig, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Entsprechend dem Grundsatz, dass Störungen der Geistestätigkeit die Ausnahme bilden, ist ein Erblasser als testierfähig anzusehen, solange nicht die Testierunfähigkeit zur Gewissheit des Gerichts nachgewiesen ist. Grundsätzlich ist die Frage der Testierfähigkeit von Amts wegen zu klären. Nähere Ermittlungen hierzu sind jedoch nur erforderlich, wenn ein berechtigter Anlass besteht, an der Testierfähigkeit des Erblassers zu zweifeln. Die bloße Behauptung eines Beteiligten, der Erblasser sei nicht mehr testierfähig gewesen, reicht hierfür nicht aus (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 1029).
Das Nachlassgericht hat die Akten des Betreuungsverfahrens beigezogen, das auf Anregung der Kinder des Erblassers im April 2009 eingeleitet worden war. Aus den in diesem Verfahren erstellten fachärztlichen Gutachten zur Frage der Geschäftsfähigkeit des Erblassers ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass er bereits im Februar 2007 an einer die freie Willensbildung ausschließenden krankhaften Störung der Geistestätigkeit gelitten hätte. Vielmehr wird die zur Geschäftsunfähigkeit führende schwere Depression mit psychotischen Symptomen für den Zeitraum ab Ende 2008 diagnostiziert. Zu weiteren Ermittlungen besteht deshalb kein Anlass, zumal auch keine konkreten geistigen Beeinträchtigungen in Folge des 2006 erlittenen Schlaganfalls vorgetragen sind.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Es erscheint angemessen, dass der Beschwerdeführer die durch sein erfolgloses Rechtsmittel entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 erstattet.
Für die Festsetzung des Geschäftswerts des Beschwerdeverfahrens ist das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers maßgeblich (§ 131 Abs. 4, § 30 Abs. 1 KostO). Dieses entspricht 3/16 des Reinnachlasswertes, nämlich der Differenz zwischen dem Pflichtteil, der ihm bei Gültigkeit des Testaments vom 1.2.2007 zusteht, und dem Anteil von 1/4, den er nach seinem Vorbringen aufgrund des behaupteten Testaments von 2008 erhalten würde. Nachdem der Nachlasswert bislang noch nicht feststeht, wird die Geschäftswertfestsetzung zurückgestellt.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.