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  • 13.06.2012 · IWW-Abrufnummer 122111

    Bundesgerichtshof: Beschluss vom 03.05.2012 – V ZB 112/11


    Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

    beschlossen:

    Tenor:

    Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. April 2011, der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Eschwege Grundbuchamt vom 16. März 2011 und dessen Zwischenverfügung vom 17. Januar 2011 aufgehoben.

    Das Amtsgericht Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag auf Löschung der im Grundbuch von E. , Blatt

    , in Abteilung II Nr. 2 eingetragenen Auflassungsvormerkung nicht aus den in den Beschlüssen vom 17. Januar 2011 und vom 16. März 2011 genannten Gründen abzulehnen.

    Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 27.500 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    1

    Mit notariellem Vertrag vom 17. März 1998 übertrugen die Eltern ihren im Beschlusseingang genannten Grundbesitz auf den Antragsteller, ihren Sohn. Dieser verpflichtete sich, zu Lebzeiten seiner Eltern nicht ohne deren Zustimmung über den Grundbesitz zu verfügen. Im Fall der Zuwiderhandlung verpflichtete er sich gegenüber seinen Eltern als Gesamtgläubigern auch dazu, ihnen den Grundbesitz auf Verlangen zurückzuübertragen. Zur Sicherung des Anspruchs bewilligte der Antragsteller eine Vormerkung, die mit folgendem Inhalt in das Grundbuch eingetragen wurde:

    "Auflassungsvormerkung (bedingt) für [Namen und Geburtsdaten der Eltern des Antragstellers] als Gesamtgläubiger; gemäß Bewilligung vom 17.03.1998 UR Nr. 138/98 des Notars ...), eingetragen am 05.05.1998."

    2

    Die Mutter des Antragstellers ist im September 2001 verstorben. Der Antragsteller hat im Januar 2011 unter Vorlage einer notariell beglaubigten Löschungsbewilligung seines Vaters und einer Sterbeurkunde seiner Mutter unter anderem die Löschung der Auflassungsvormerkung beantragt.

    3

    Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 17. Januar 2011 darauf hingewiesen, dass die Vorlage der Sterbeurkunde zur Löschung der Auflassungsvormerkung nicht ausreiche, es vielmehr einer Löschungsbewilligung der Rechtsnachfolger der eingetragenen Berechtigten bedürfe, und dem Antragsteller aufgegeben, innerhalb einer Frist von einem Monat die erforderlichen Dokumente nachzureichen.

    4

    Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt der Antragsteller, den Beschluss des Oberlandesgerichts und die Entscheidungen des Grundbuchamts aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, die beantragte Löschung der Auflassungsvormerkung nicht aus den in der Zwischenverfügung genannten Gründen abzulehnen.

    II.

    5

    Das Beschwerdegericht meint, die Bewilligung des Vaters nach § 19 GBO reiche für die Löschung der Auflassungsvormerkung nicht aus, weil beide Eltern als Berechtigte eingetragen seien. Zur Löschung bedürfe es daher eines Nachweises der Unrichtigkeit der Eintragung der Vormerkung infolge des Erlöschens des gesicherten Anspruchs nach § 22 GBO, an den strenge Anforderungen zu stellen seien.

    6

    Diesen Nachweis habe der Antragsteller nicht geführt. Es könne dahinstehen, ob der ursprünglich durch die Vormerkung gesicherte Rückübertragungsanspruch aus dem Vertrag vom 17. März 1998 noch existiere. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum "Aufladen" einer Vormerkung mit anderen Ansprüchen sei nämlich nicht auszuschließen, dass diese auf Grund eines nach Eintragung abgeschlossen Rechtsgeschäfts zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter nunmehr einen anderweitigen vererblichen Übereignungsanspruch sichere.

    7

    Ein solches Auswechseln des Anspruchs sei möglich, da der Schuldner (der Antragsteller), der auf Übertragung des Eigentums gerichtete Gegenstand des Anspruchs und auch der Gläubiger (die Mutter des Antragstellers oder deren Gesamtrechtsnachfolger nach § 1922 BGB) identisch blieben. Ein Nachweis der Unrichtigkeit der Eintragung der Vormerkung könne daher nicht durch Vorlage der Sterbeurkunde geführt werden. Erforderlich sei vielmehr die Vorlage einer Bewilligung der Erben der Mutter sowie des Erbnachweises in der Form des § 29 GBO.

    III.

    8

    Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

    9

    Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und gemäß nach § 78 Abs. 3 Satz 1 GBO i.V.m. § 71 FamFG auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet.

    10

    1. Rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass nicht die Auflassungsvormerkung, sondern der gesicherte Rückübertragungsanspruch bedingt sein sollte (zu den möglichen Gestaltungen: Senat, Beschluss vom 26. März 1992 V ZB 16/91, BGHZ 117, 390, 392). Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit auch keine Einwendungen.

    11

    2. Rechtsfehlerhaft sieht das Berufungsgericht jedoch die vorliegende Löschungsbewilligung des Vaters des Antragstellers als nicht ausreichend an.

    12

    a) Nach dem Tode der Mutter ist der Vater des Antragstellers allein berechtigt, die Löschung der eingetragenen Vormerkung zu bewilligen. Für die dem Betroffenen zustehende Bewilligungsberechtigung nach § 19 GBO ist grundsätzlich die Grundbuchposition maßgebend (Senatsurteil vom 20. Januar 2006 V ZR 214/04, NJW-RR 2006, 888, 889 Rn. 14).

    13

    aa) Danach waren zu Lebzeiten der Eltern des Antragstellers beide Elternteile bewilligungsberechtigt, da jeder von ihnen Gläubiger eines durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs war. Der auf dem gleichen Rechtsgrund beruhende (Rück-)Auflassungsanspruch von Gesamtgläubigern nach § 428 BGB konnte - unabhängig davon, dass jedem von ihnen ein eigener Anspruch zustand (vgl. Senat, Urteil vom 4. März 1959 V ZR 181/57, BGHZ 29, 363, 366; Beschluss vom 21. Dezember 1966 -V ZB 24/66, BGHZ 46, 253, 257) -durch Eintragung einer Vormerkung gesichert werden (vgl. BayObLGZ 1963, 128, 131; DNotZ 1987, 213, 215; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 162; LG Duisburg, Rpfleger 2005, 600; Staudinger/Noack, BGB [2005], § 428 Rn. 117; Staudinger/Gursky, BGB [2009], § 883, Rn. 83; Meier, AcP 205 [2005], 858, 899; Wicke, Rpfleger 2005, 601).

    14

    bb) Der schuldrechtliche Rückübereignungsanspruch der Mutter besteht nach ihrem Tod nicht mehr. Ist - wie hier - dieser Anspruch im Übergabevertrag auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt worden, so erlischt er mit dessen Tod (vgl. BayObLG, Rpfleger 1990, 61) und geht nicht auf dessen Erben über (Tiedtke, DNotZ 1992, 539, 545 f.). Die Berechtigung des anderen Elternteils, den Rückübertragungsanspruch geltend zu machen, bleibt davon unberührt; sein Anspruch wird weiterhin durch die Vormerkung gesichert. Ist in einem Übergabevertrag für die auf die Lebenszeit von Ehegatten befristeten (Rück-)Auflassungsansprüche eine Gesamtgläubigerschaft vereinbart (und eingetragen) worden, steht der Anspruch nach dem Tod eines Elternteils dem Längstlebenden allein zu (vgl. BayObLG, NJW-RR 1995, 1297, 1298; OLG Hamm, NJW-RR 2005, 162). Dieser ist demgemäß auch allein berechtigt, die Löschung der Vormerkung zu bewilligen.

    15

    cc) Voraussetzungen für die beantragte Löschung der Vormerkung sind danach die Bewilligung des überlebenden Elternteils nach § 19 GBO und der Nachweis des Todes des anderen, der gemäß §§ 22, 29 GBO zu führen ist (zum Ganzen: Senatsbeschluss vom 26. März 1992 V ZB 16/91, BGHZ 117, 390, 392). Wenn der Antragsteller auch einen § 29 GBO entsprechenden Nachweis über den Tod seiner Mutter mit der Vorlage der vom Standesamt ausgestellten Sterbeurkunde geführt haben sollte, ist nicht ersichtlich, welches Hindernis der Löschung einer Auflassungsvormerkung noch entgegenstehen sollte.

    16

    b) Das Beschwerdegericht sieht zu Unrecht diese Nachweise deswegen nicht als für die Löschung der Vormerkung ausreichend an, weil die Vormerkung auch einen unbedingten, übertragbaren und vererblichen Anspruch sichern könne.

    17

    aa) Zwar ist es im Ausgangspunkt richtig, dass eine Vormerkung auf Grund einer ihrer Eintragung nachfolgenden Bewilligung einen anderen Anspruch sichern kann als denjenigen, zu dessen Sicherung ihre Eintragung erfolgt ist. Das Beschwerdegericht hat aber nicht die Grenzen beachtet, die einer solchen (Wieder-)Verwendung der Eintragung einer Vormerkung durch eine nachfolgende Bewilligung gezogen sind. Eine Vormerkung, die für einen auf die Lebenszeit des Gläubigers befristeten, nicht übertragbaren und nicht vererblichen Anspruch eingetragen ist, kann nicht als Sicherung für einen unbedingten, vererblichen Anspruch eines Dritten dienen. Der Senat hat dies in einem Beschluss vom heutigen Tage (V ZB 258/11 zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) näher begründet. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen.

    18

    bb) Da es eine Rechtsnachfolge an dem Anspruch der verstorbenen Mutter, der zu deren Lebzeiten durch die eingetragene Vormerkung gesichert wurde, nicht geben kann, darf die Löschung der Vormerkung auch nicht von der Vorlage der Bewilligung eines nicht existenten Rechtsnachfolgers abhängig gemacht werden.

    19

    c) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist daher aufzuheben und das Grundbuchamt - unabhängig davon, ob eine Zwischenverfügung wegen einer noch vorzulegenden Bewilligung überhaupt zulässig war - anzuweisen, von seinen in der Zwischenverfügung mitgeteilten Bedenken gegen die Löschung der Vormerkung Abstand zu nehmen.

    IV.

    20

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 KostO.

    Krüger

    Lemke

    Schmidt-Räntsch

    Stresemann

    Czub