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  • 09.07.2019 · IWW-Abrufnummer 209816

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 13.06.2019 – 5 K 1182/19

    Zum Einwand der Auszahlung von Kindergeld auf das Konto eines Dritten, für das keine Zugriffsberechtigung des (vermeintlich) Kindergeldberechtigten besteht.

    Zahlt die Familienkasse aufgrund einer Anweisung des (vermeintlich) Kindergeldberechtigten das Kindergeld auf das Konto eines Dritten, für das dieser keine Zugriffsberechtigung hat, ist dennoch der (vermeintlich) Kindergeldberechtigte als Zahlungsempfänger anzusehen, der das ohne Rechtsgrund gezahlte Kindergeld zu erstatten hat.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz

    Urt. v. 13.06.2019


    In dem Finanzrechtsstreit
    des Herrn
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt
    gegen
    die Familienkasse
    - Beklagte -
    prozessbevollmächtigt: Familienkasse

    wegen Kindergeld August 2017 bis Januar 2018

    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 5. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Juni 2019 durch
    die Richterin am Finanzgericht xxx als Einzelrichterin für Recht erkannt:

    Tenor:

    I.

    Die Klage wird abgewiesen.

    II.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Rechtmäßigkeit des von der Beklagten erlassenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11.01.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2019.

    Zugunsten des Klägers war Kindergeld für das am 03.07.1996 geborene Kind M festgesetzt, das bis einschließlich Januar 2018 auf das vom Kläger im Kindergeldantrag angegebene Konto bei der ...-Bank ausgezahlt wurde, dessen Inhaberin die Ehefrau des Klägers war. Der Sohn des Klägers verstarb am 29.07.2017.

    Mit Bescheid vom 11.01.2018 hob die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für das Kind M ab dem Monat August 2017 auf und forderte bereits ausgezahltes Kindergeld für den Zeitraum August 2017 bis Januar 2018 in Höhe von 1.154 € zurück.

    Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit an die Bundesagentur für Arbeit in R gerichtetem Schreiben vom 21.12.2018 - bei der Beklagten eingegangen am 25.01.2019 - Einspruch ein. Zur Begründung wurde geltend gemacht, dem Kläger liege der Bescheid vom 11.01.2018 nicht vor. Zudem sei das Kindergeld auf das Konto der getrennt lebenden Ehefrau des Klägers bei der ...-Bank ausgezahlt worden. Der Kläger sei direkt nach dem Tod seines Sohnes Anfang August 2017 aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen, über das betreffende Konto habe er seitdem nicht mehr verfügt.

    Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11.01.2018 wurde am 05.02.2019 an den Bevollmächtigten des Klägers übersandt.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 20.02.2019 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach dem Versterben des Kindes Martinus habe kein Anspruch mehr auf Kindergeld bestanden, daher sei das überzahlte Kindergeld zurückzufordern.

    Das Kindergeld sei für den streitigen Zeitraum auf das seitens des Klägers im Kindergeldantrag angegebene Bankkonto überwiesen worden. Zwar sei geltend gemacht worden, dass der Kläger nach dem Versterben des Kindes Martinus die gemeinsame Ehewohnung verlassen und seitdem keinen Zugriff mehr auf das angegebene Bankkonto gehabt habe. Dieser Umstand liege jedoch im Verantwortungsbereich des Klägers, da das Kindergeld nachweislich auf das vom Kläger angegebene Konto überwiesen worden sei.

    Am 28.02.2019 hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erhoben. Zur Begründung wird geltend gemacht, Inhaberin des Kontos, auf das die Kindergeldzahlungen erfolgt seien, sei die Ehefrau des Klägers. Nur diese habe über das Kindergeld für den Zeitraum August 2017 bis Januar 2018 verfügt. Der Kläger sei dennoch bereit, das von der Ehefrau zu Unrecht erhaltene Kindergeld in monatlichen Raten von 50 €, beginnend am 15.04.2019 zurückzuzahlen.

    Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

    den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11.01.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.02.2019 aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist die Beklagte im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

    Das Gericht durfte auch in Abwesenheit des Klägers und dessen Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden. Der Bevollmächtigte des Klägers war mit der Ladung, die ihm am 24.05.2019 zugestellt wurde (vgl. Empfangsbekenntnis Bl. 39 Gerichtsakte) darauf hingewiesen, dass auch bei seinem Ausbleiben ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 FGO).

    Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11.01.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.02.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Beklagte hat zu Recht die Festsetzung von Kindergeld ab August 2017 aufgehoben und das für den Zeitraum August 2017 bis Januar 2018 ausgezahlte Kindergeld vom Kläger zurückgefordert.

    Nach dem Versterben des Sohnes des Klägers am 29.07.2017 bestand nach den gesetzlichen Regelungen ab August 2017 kein Anspruch mehr auf Kindergeld, so dass die Kindergeldfestsetzung ab diesem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger als Kindergeldberechtigten aufzuheben war.

    Der Kläger ist zur Rückzahlung des für den Zeitraum August 2017 bis Januar 2018 ausgezahlten Kindergelds verpflichtet. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Inhaberin des Kontos, auf das die Kindergeldzahlungen erfolgt sind, seine Ehefrau sei und damit nur diese über das Kindergeld für den streitigen Zeitraum August 2017 bis Januar 2018 verfügt habe.

    Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 Satz 3 EStG) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages.

    Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO). Durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergelds an den Kläger für den Streitzeitraum weggefallen.

    Für die Rückforderung ist unerheblich, dass das Kindergeld auf ein Konto überwiesen wurde, dessen Inhaberin die Ehefrau des Klägers ist und über das der Kläger nach seinem Vortrag im streitigen Zeitraum nicht verfügen konnte.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung dann nicht Leistungsempfänger i.S.v. § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten an den Dritten zahlt. Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem Rechtsinhaber zu erfüllen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch - im Streitfall die Ehefrau des Klägers mangels einer zu ihren Gunsten bestehenden Kindergeldfestsetzung (vgl. § 218 Abs. 1 AO) - nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht der Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht (vermeintlich) Kindergeldberechtigte als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO anzusehen (BFH-Urteil vom 22.09.2011 III R 82/08, BFHE 235, 336, BStBl II 2012, 734).

    Danach war im Streitfall der Kläger Leistungsempfänger des ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergeldes. Zwar hat die Familienkasse das Kindergeld für die Monate August 2017 bis Januar 2018 auf ein Konto überwiesen, über das nach dem Klägervortrag nur die Ehefrau des Klägers verfügen konnte. Dies ist jedoch auf Anweisung des Klägers erfolgt, der dieses Konto in dem von ihm gestellten Kindergeldantrag angegeben hatte. Zudem erbrachte die Familienkasse die Leistung mit dem Willen, den Zahlungsanspruch des Klägers als vermeintlich Kindergeldberechtigten zu erfüllen.

    Die Familienkasse konnte daher das Kindergeld mit befreiender Wirkung gegenüber dem Kläger auf das im Kindergeldantrag genannte Konto zahlen.

    Die Beklagte hat damit zu Recht das für den Zeitraum August 2017 bis Januar 2018 ohne Rechtsgrund ausgezahlte Kindergeld vom Kläger zurückgefordert. Die Möglichkeit einer Stundung des Rückforderungsanspruchs auf Grundlage einer Ratenzahlungsvereinbarung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe i.S.v. § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.