30.01.2025 · IWW-Abrufnummer 246114
Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 22.07.2024 – 14 W 28/24 (Wx)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.2024, Az. 14 W 28/24 (Wx)
1.
Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 vom 12.03.2024 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach vom 07.02.2024, Az. 23 VI 846/21, wird zurückgewiesen.
2.
Die Beteiligte Ziffer 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
I.
1
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung eines Erbscheins.
2
Die am XX.XX.19XX geborene Erblasserin ist am XX.XX.20XX verwitwet verstorben. Die Beteiligte Ziffer 1 ist die Nichte der Erblasserin, der Beteiligte Ziffer 2 der einzige Sohn der Erblasserin.
3
Die Erblasserin hat unter dem 13.02.2020 ein notarielles Testament errichtet (s.a. Akte des Amtsgerichts - Verwahrgericht - Lörrach, Az. 23 VI 595/20), nach welchem sie die Beteiligten zu ihren alleinigen Erben berufen hat, ihren Sohn mit drei Hundertstel mehr als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils und im Übrigen ihre Nichte. Zudem wurde geregelt, dass der Beteiligte Ziffer 2 Vorerbe ist und die Beteiligte Ziffer 1 die Stellung als Nacherbin hat sowie hinsichtlich des Erbteils des Beteiligten Ziffer 2 Testamentsvollstreckung angeordnet und die Beteiligte Ziffer 1 zur Testamentsvollstreckerin ernannt. Das Testament wurde am 28.07.2021 durch das Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach eröffnet.
4
Für den Beteiligten Ziffer 2 war gemäß Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 02.09.2021 - 4 XVII 261/21 zunächst eine vorläufige Betreuung bis 01.03.2022 eingerichtet (s.a. Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Kopien 4 XVII 261/21 S., R:"). Zur Betreuerin wurde seine Ehefrau für den Aufgabenkreis "Ausschlagung der Erbschaft (Erblasserin I. S., geb. Sch., verstorben am XX.XX.20XX)" bestellt. Dies war laut der Begründung im vorgenannten Beschluss erforderlich, weil die privatschriftlich erteilte Vorsorgevollmacht vom 10.04.2017 zur Ausschlagung der angefallenen Erbschaft ungenügend war, da die Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten eine öffentlich beglaubigte Vollmacht voraussetzt. Eine erneute Bestellung der Ehefrau zur Betreuerin für den Aufgabenkreis "Nachlassangelegenheiten" und "Immobilienangelegenheiten" erfolgte mit Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 23.07.2023 - 4 XVII 261/21 (AS 135 ff.).
5
Die Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 hat als dessen Betreuerin mit notariell beglaubigter Erklärung vom 06.09.2021 das Erbe für ihren Ehemann ausgeschlagen und dabei mitgeteilt, dass vom Anfall der Erbschaft seit dem 09.08.2021 Kenntnis besteht (Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Ausschlagungsverfahren", AS 3 ff.).
6
Die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 hat mit Schriftsatz vom 07.09.2021, eingegangen beim Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach am 08.09.2021, die öffentlich beglaubigte Ausschlagungserklärung vorgelegt und mitgeteilt, dass bereits parallel die aufgrund der Betreuung erforderliche Genehmigung der Ausschlagungserklärung durch das Betreuungsgericht beantragt wurde (Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Ausschlagungsverfahren", AS 1).
7
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27.01.2023 (AS 2 ff.) hat die Beteiligte Ziffer 1 die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage des Testaments der Erblasserin beantragt.
8
Mit seit 26.09.2023 rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 06.09.2023 - 4 XVII 261/21 wurde der Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 als Betreuerin zu der von ihr am 06.09.2021 erklärten Erbschaftsausschlagung die betreuungsgerichtliche Genehmigung erteilt (AS 191 ff.).
9
Mit Schriftsatz vom 29.09.2023 (AS 73), dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach vorab per beA übermittelt und am 02.10.2023 postalisch zugegangen, hat die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 dem Nachlassgericht eine Ausfertigung des Beschlusses mit Rechtskraftvermerk übermittelt.
10
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 16.11.2023 (AS 100 ff.) hat die Beteiligte Ziffer 1 trotz der zwischenzeitlich vorliegenden betreuungsgerichtlichen Genehmigung der Erbschaftsausschlagung an ihrem Erbscheinantrag festgehalten und dabei die Auffassung vertreten, die Ausschlagungserklärung sei verspätet. Dem trat die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 mit Schriftsätzen vom 27.11.2023 (AS 106 f.) und vom 08.12.2023 (AS 114 f.) entgegen.
11
Mit Verfügung vom 29.11.2023 (AS 111) wies das Nachlassgericht darauf hin, dass bezüglich der Frage, wann eine Hemmung wegen der Genehmigungsbedürftigkeit der Ausschlagung durch das Betreuungsgericht ende, auf die Rechtskraft des die Genehmigung erteilenden Beschlusses abzustellen sei.
12
Mit Schriftsätzen ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.12.2023 (AS 118 ff.) und vom 05.02.2024 (AS 232 ff.) hielt die Beteiligte Ziffer 1 trotz des gerichtlichen Hinweises an ihrem Erbscheinantrag fest, beantragte jedoch im erstgenannten Schriftsatz hilfsweise die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist. Die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 teilte mit Schriftsatz vom 22.12.2023 (AS 126 f.) mit, dass gegen den hilfsweise gestellten Antrag keine Einwände bestünden und verteidigte im Übrigen den Rechtsstandpunkt, dass es für das Ende der Hemmung nicht auf die Bekanntgabe, sondern auf die Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses des Betreuungsgerichts ankomme.
13
Das Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach hat mit Beschluss vom 07.02.2024 (AS 237 ff.) die zur Erteilung des Erbscheins gemäß Antrag der Beteiligten Ziffer 1 vom 12.12.2023 erforderlichen Tatsachen festgestellt, den Antrag der Beteiligten Ziffer 1 vom 27.01.2023 auf Erteilung eines Erbscheins, welcher diese nicht als Alleinerbin, sondern als Erbin neben dem Beteiligten Ziffer 2 ausweisen soll, jedoch zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Nachlassgericht ausgeführt, der Beteiligte Ziffer 2 habe die Erbschaft entgegen der Rechtsansicht der Beteiligten Ziffer 1 wirksam, insbesondere fristgerecht ausgeschlagen. Vor allem sei entsprechend § 206 BGB bei erforderlicher betreuungsgerichtlicher Genehmigung der Ausschlagung - wie hier - die Ausschlagungsfrist gehemmt vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk. Bei der Hemmung sei es auch nach zwischenzeitlichem Ablauf des Betreuungsverfahrens am 01.03.2022 geblieben, da der Beteiligte Ziffer 2 nach Ablauf geschäftsunfähig gewesen sei und deshalb keine Genehmigung nach § 1856 Abs. 3 BGB habe erklären können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.
14
Gegen den Beschluss vom 07.02.2014 hat die Beteiligte Ziffer 1 mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.03.2024 (AS 258 ff.) Beschwerde eingelegt und diese u. a. damit begründet, das für die Hemmung der Ausschlagungsfrist herangezogene Vorliegen höherer Gewalt sei nicht mehr gegeben, wenn einem Beteiligten ein eigenes noch so kleines Verschulden vorzuwerfen sei. In diesem Zusammenhang könne vom Ausschlagenden im Hinblick auf die höhere Gewalt verlangt werden, auf Rechtsmittel zu verzichten, um so eine schnellere Rechtskraft herbeizuführen. Auch habe nach Beendigung des vorläufigen Betreuungsverfahrens keine Genehmigung mehr erteilt werden können. Im Übrigen habe die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 vor dem Betreuungsgericht erklärt, dass der für den Beginn der Ausschlagungsfrist maßgebliche Zugang des Schreibens des Amtsgerichts Lörrach unklar und das Schreiben möglicherweise bereits am 31.07.2021 zugegangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz Bezug genommen.
15
Mit Beschluss vom 18.03.2024 (AS 269 f.) hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und dabei ergänzend ausgeführt, dem Argument der Beschwerdeführerin, dass es bei der Führung des Genehmigungsverfahrens zu keinerlei verschuldeten Verzögerungen gekommen sein dürfe, werde nicht gefolgt. Entscheidend sei vielmehr das Schweben eines Genehmigungsverfahrens. Dabei komme es nicht darauf an, ob dieses Verfahren besonders effizient geführt werde. Soweit nunmehr der Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom Erbfall in Frage gestellt werde, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass bereits vor dem 09.08.2021 Kenntnis erlangt wurde und auch keine Möglichkeit der diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung.
16
Mit Verfügung des Senats vom 28.03.2024 (AS II 3) wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme zum Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach vom 18.03.2024 gegeben. Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
18
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
19
Das Nachlassgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der am 27.01.2023 von der Beteiligten Ziffer 1 beantragte Erbschein nicht der materiell-rechtlichen Erbfolge entspricht und hat folgerichtig diesen Antrag zurückgewiesen.
20
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins, der beide Beteiligten als Miterben ausweist, liegen nicht vor, da der Anfall an den Beteiligten Ziffer 2 gemäß § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt gilt. Der Beteiligte Ziffer 2 hat die Erbschaft wirksam ausgeschlagen.
21
Die Ausschlagung des Beteiligten Ziffer 2 erfolgte gemäß § 1945 Abs. 1 BGB formgerecht durch Erklärung seiner Betreuerin vom 06.09.2021 in öffentlich beglaubigter Form. Der der Betreuerin nach dem Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 02.09.2021 übertragene Aufgabenkreis erfasste dabei ausdrücklich die Ausschlagung.
22
Die Ausschlagung erfolgte fristgerecht. Die Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB ist gewahrt.
23
Die Frist begann mit dem Zeitpunkt, in welchem der Beteiligte Ziffer 2 als pflichtteilsberechtigter Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat, § 1944 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB.
24
Dies war nach Angaben seiner Ehefrau als dessen Betreuerin in der notariell beglaubigten Erklärung vom 06.09.2021 sowie dem Vortrag im Schriftsatz vom 08.12.2021, wonach das Schreiben des Nachlassgerichts vom 30.07.2021 mit dem Testament samt Eröffnungsprotokoll vom Beteiligten Ziffer 2 am 09.08.2021 im Briefkasten vorgefunden wurde, seit dem 09.08.2021 der Fall.
25
Soweit die Beteiligte Ziffer 1 erstmals in der Beschwerdeschrift vom 12.03.2024 ausführt, die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 habe im Betreuungsverfahren vor dem Amtsgericht - Betreuungsgericht - Lahr erklärt, dass der Zugang des Schreibens des Nachlassgerichts vom 30.07.2021 unklar und das Schreiben möglicherweise bereits am 31.07.2021 zugegangen sei, so kommt es darauf nicht an.
26
Denn die Ausschlagungserklärung vom 06.09.2021 ist beim Nachlassgericht am 08.09.2021 und somit innerhalb der gemäß § 1944 Abs. 1 BGB sechswöchigen Ausschlagungsfrist eingegangen.
27
Allerdings war diese Erklärung wegen der noch ausstehenden betreuungsgerichtlichen Genehmigung zunächst schwebend unwirksam (s. a. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.04.2014 - 3 W 13/14, Rn. 11, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 W 245/10 - 91, Rn. 25, juris m.w.N.). Die Unwirksamkeit wurde nicht dadurch geheilt, dass die Genehmigung innerhalb der regulären sechswöchigen Ausschlagungsfrist entsprechend § 1945 Abs. 3 Satz 2 BGB beim Nachlassgericht nachgereicht worden wäre. Denn sie ist vom Betreuungsgericht erst mit seit dem 26.09.2023 rechtskräftigen Beschluss vom 06.09.2023 erteilt worden und beim Nachlassgericht sodann erst vorab am 29.09.2023 über das besondere elektronische Anwaltspostfach und auf dem Postweg am 02.10.2023 eingegangen.
28
Gleichwohl ist die Ausschlagung nicht verfristet. § 1944 Abs. 2 Satz 3 BGB verweist auf § 206 BGB. Danach ist die Verjährung gehemmt, solange eine Rechtsverfolgung an höherer Gewalt scheitert. Höhere Gewalt liegt vor, wenn die Verhinderung auf Ereignissen beruht, die durch äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann (BayObLG, Beschluss vom 29.10.1997 - 1Z BR 62/97, FamRZ 1998, 642, 643 m.w.N.).
29
Das ist bei einer genehmigungsbedürftigen Ausschlagung der Fall, wenn die Genehmigung - wie hier - rechtzeitig beim Betreuungsgericht beantragt wurde, sich ihre Erteilung indes verzögert hat (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.04.2014 - 3 W 13/14, Rn. 12, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 W 245/10-91, Rn. 26, juris m.w.N.; s. a. Grüneberg/Weidlich, BGB, 83. Aufl. 2024, § 1944 Rn. 7; Ivo, Die Erbschaftsausschlagung für das minderjährige Kind, ZEV 2002, 309, 313 f.). Denn die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens liegt nicht in der Hand des Antragstellers. Zudem wäre es mit dem Schutzzweck der gerichtlichen Genehmigungserfordernisse unvereinbar, wenn die Interessen der durch das Genehmigungserfordernis geschützten Person bei rechtzeitiger und auch im Übrigen pflichtgemäßer Antragstellung zwangsläufig dadurch in Gefahr gerieten, dass die Einhaltung der Ausschlagungsfrist davon abhinge, dass das Genehmigungsverfahren rechtzeitig abgeschlossen wird (so auch Lange, jurisPR-FamR 19/2011 Anm. 8).
30
Nun ordnet der seit 01.01.2023 gültige § 1858 Abs. 3 BGB an, dass der Ablauf einer gesetzlichen Frist während der Dauer des Genehmigungsverfahrens gehemmt ist. Die Hemmung endet mit Rechtskraft des Beschlusses über die Erteilung der Genehmigung, vorliegend am 26.09.2023. Da die Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, Art. 229 § 54 EGBGB, für genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte bzw. laufende Genehmigungsverfahren keine Sonderbestimmungen enthält, findet das neue Recht ab dem Inkrafttreten der Reform am 01.01.2023 für die Erteilung der Genehmigung durch das Gericht Anwendung, unabhängig davon, wann das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft vorgenommen bzw. das Genehmigungsverfahren eingeleitet worden ist (BeckOK BGB/Müller-Engels, 70. Ed. 01.05.2024, BGB § 1851 Rn. 48).
31
Hiernach ist trotz des Umstands, dass für die Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 zunächst nur eine vorläufige Betreuung bis zum 01.03.2022 eingerichtet war und unter Berücksichtigung der zutreffend vom Nachlassgericht für den Zeitraum nach 01.03.2022 festgestellten Geschäftsunfähigkeit und zugleich Betreuungsbedürftigkeit des Beteiligten Ziffer 2, für die auch das Betreuungsgutachten des Sachverständigen Dr. med. J. A. vom 30.12.2022 spricht (Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Kopien 4 XVII 261/21 S., R.", AS 303 ff, 327) und welche von der Beschwerdeführerin nicht angegriffen wird, alleine auf die schließlich im Rahmen des Betreuungsverfahrens durch rechtskräftigen Beschluss des Betreuungsgerichts vom 06.09.2023 erklärte betreuungsgerichtliche Genehmigung der Erbschaftsausschlagung abzustellen. Denn das Betreuungsgericht hat die am 06.09.2021 von der zu diesem Zeitpunkt wirksamen gesetzlichen Vertreterin des Beteiligten Ziffer 2 formwirksam erklärte Ausschlagung genehmigt.
32
Zum Zeitpunkt der Einreichung der Ausschlagungserklärung durch die zu diesem Zeitpunkt wirksam bestellte Betreuerin des Beteiligten Ziffer 2 am 06.09.2021 war die Sechswochenfrist nach § 1944 Abs. 2 BGB noch nicht abgelaufen - unabhängig davon, ob Kenntniserlangung am 31.07.2021 oder erst am 09.08.2021 anzunehmen ist. Die Wirksamkeit der Ausschlagung trat bereits kraft Gesetzes mit Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses ein, § 1858 Abs. 3 Satz 2 BGB und es bedurfte keiner weiteren Handlungen mehr, um die Wirksamkeit der Ausschlagung herbeizuführen (Grüneberg/Götz, a. a. O., § 1858 Rn. 4; BeckOGK/Heinemann, 01.05.2024, BGB § 1944 Rn. 115; MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, 9. Aufl. 2024, § 1858 Rn. 9). Es ist ausreichend, wenn die erforderliche Genehmigung vor dem Ablauf der Frist beantragt wurde (BT-Drs. 19/24445, 292; MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, a. a. O., § 1858 Rn. 9 m.w.N.).
33
Die Überlegungen der Beschwerdeführerin, wonach der Beteiligte Ziffer 2 zur Beschleunigung auf die Rechtsmittel hätte verzichten müssen, widersprechen der Wertung des Gesetzgebers und sind mithin unbeachtlich.
III.
34
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
35
Der Geschäftswert für die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich gemäß §§ 61 Abs. 1, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Das Nachlassgericht wird daher gebeten, die Akte nochmals vorzulegen, wenn der Wert des Nachlasses feststeht.
36
Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 vom 12.03.2024 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach vom 07.02.2024, Az. 23 VI 846/21, wird zurückgewiesen.
2.
Die Beteiligte Ziffer 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
1
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung eines Erbscheins.
2
Die am XX.XX.19XX geborene Erblasserin ist am XX.XX.20XX verwitwet verstorben. Die Beteiligte Ziffer 1 ist die Nichte der Erblasserin, der Beteiligte Ziffer 2 der einzige Sohn der Erblasserin.
3
Die Erblasserin hat unter dem 13.02.2020 ein notarielles Testament errichtet (s.a. Akte des Amtsgerichts - Verwahrgericht - Lörrach, Az. 23 VI 595/20), nach welchem sie die Beteiligten zu ihren alleinigen Erben berufen hat, ihren Sohn mit drei Hundertstel mehr als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils und im Übrigen ihre Nichte. Zudem wurde geregelt, dass der Beteiligte Ziffer 2 Vorerbe ist und die Beteiligte Ziffer 1 die Stellung als Nacherbin hat sowie hinsichtlich des Erbteils des Beteiligten Ziffer 2 Testamentsvollstreckung angeordnet und die Beteiligte Ziffer 1 zur Testamentsvollstreckerin ernannt. Das Testament wurde am 28.07.2021 durch das Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach eröffnet.
4
Für den Beteiligten Ziffer 2 war gemäß Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 02.09.2021 - 4 XVII 261/21 zunächst eine vorläufige Betreuung bis 01.03.2022 eingerichtet (s.a. Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Kopien 4 XVII 261/21 S., R:"). Zur Betreuerin wurde seine Ehefrau für den Aufgabenkreis "Ausschlagung der Erbschaft (Erblasserin I. S., geb. Sch., verstorben am XX.XX.20XX)" bestellt. Dies war laut der Begründung im vorgenannten Beschluss erforderlich, weil die privatschriftlich erteilte Vorsorgevollmacht vom 10.04.2017 zur Ausschlagung der angefallenen Erbschaft ungenügend war, da die Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten eine öffentlich beglaubigte Vollmacht voraussetzt. Eine erneute Bestellung der Ehefrau zur Betreuerin für den Aufgabenkreis "Nachlassangelegenheiten" und "Immobilienangelegenheiten" erfolgte mit Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 23.07.2023 - 4 XVII 261/21 (AS 135 ff.).
5
Die Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 hat als dessen Betreuerin mit notariell beglaubigter Erklärung vom 06.09.2021 das Erbe für ihren Ehemann ausgeschlagen und dabei mitgeteilt, dass vom Anfall der Erbschaft seit dem 09.08.2021 Kenntnis besteht (Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Ausschlagungsverfahren", AS 3 ff.).
6
Die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 hat mit Schriftsatz vom 07.09.2021, eingegangen beim Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach am 08.09.2021, die öffentlich beglaubigte Ausschlagungserklärung vorgelegt und mitgeteilt, dass bereits parallel die aufgrund der Betreuung erforderliche Genehmigung der Ausschlagungserklärung durch das Betreuungsgericht beantragt wurde (Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Ausschlagungsverfahren", AS 1).
7
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27.01.2023 (AS 2 ff.) hat die Beteiligte Ziffer 1 die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage des Testaments der Erblasserin beantragt.
8
Mit seit 26.09.2023 rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 06.09.2023 - 4 XVII 261/21 wurde der Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 als Betreuerin zu der von ihr am 06.09.2021 erklärten Erbschaftsausschlagung die betreuungsgerichtliche Genehmigung erteilt (AS 191 ff.).
9
Mit Schriftsatz vom 29.09.2023 (AS 73), dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach vorab per beA übermittelt und am 02.10.2023 postalisch zugegangen, hat die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 dem Nachlassgericht eine Ausfertigung des Beschlusses mit Rechtskraftvermerk übermittelt.
10
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 16.11.2023 (AS 100 ff.) hat die Beteiligte Ziffer 1 trotz der zwischenzeitlich vorliegenden betreuungsgerichtlichen Genehmigung der Erbschaftsausschlagung an ihrem Erbscheinantrag festgehalten und dabei die Auffassung vertreten, die Ausschlagungserklärung sei verspätet. Dem trat die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 mit Schriftsätzen vom 27.11.2023 (AS 106 f.) und vom 08.12.2023 (AS 114 f.) entgegen.
11
Mit Verfügung vom 29.11.2023 (AS 111) wies das Nachlassgericht darauf hin, dass bezüglich der Frage, wann eine Hemmung wegen der Genehmigungsbedürftigkeit der Ausschlagung durch das Betreuungsgericht ende, auf die Rechtskraft des die Genehmigung erteilenden Beschlusses abzustellen sei.
12
Mit Schriftsätzen ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.12.2023 (AS 118 ff.) und vom 05.02.2024 (AS 232 ff.) hielt die Beteiligte Ziffer 1 trotz des gerichtlichen Hinweises an ihrem Erbscheinantrag fest, beantragte jedoch im erstgenannten Schriftsatz hilfsweise die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist. Die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 teilte mit Schriftsatz vom 22.12.2023 (AS 126 f.) mit, dass gegen den hilfsweise gestellten Antrag keine Einwände bestünden und verteidigte im Übrigen den Rechtsstandpunkt, dass es für das Ende der Hemmung nicht auf die Bekanntgabe, sondern auf die Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses des Betreuungsgerichts ankomme.
13
Das Amtsgericht - Nachlassgericht - Lörrach hat mit Beschluss vom 07.02.2024 (AS 237 ff.) die zur Erteilung des Erbscheins gemäß Antrag der Beteiligten Ziffer 1 vom 12.12.2023 erforderlichen Tatsachen festgestellt, den Antrag der Beteiligten Ziffer 1 vom 27.01.2023 auf Erteilung eines Erbscheins, welcher diese nicht als Alleinerbin, sondern als Erbin neben dem Beteiligten Ziffer 2 ausweisen soll, jedoch zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Nachlassgericht ausgeführt, der Beteiligte Ziffer 2 habe die Erbschaft entgegen der Rechtsansicht der Beteiligten Ziffer 1 wirksam, insbesondere fristgerecht ausgeschlagen. Vor allem sei entsprechend § 206 BGB bei erforderlicher betreuungsgerichtlicher Genehmigung der Ausschlagung - wie hier - die Ausschlagungsfrist gehemmt vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk. Bei der Hemmung sei es auch nach zwischenzeitlichem Ablauf des Betreuungsverfahrens am 01.03.2022 geblieben, da der Beteiligte Ziffer 2 nach Ablauf geschäftsunfähig gewesen sei und deshalb keine Genehmigung nach § 1856 Abs. 3 BGB habe erklären können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.
14
Gegen den Beschluss vom 07.02.2014 hat die Beteiligte Ziffer 1 mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.03.2024 (AS 258 ff.) Beschwerde eingelegt und diese u. a. damit begründet, das für die Hemmung der Ausschlagungsfrist herangezogene Vorliegen höherer Gewalt sei nicht mehr gegeben, wenn einem Beteiligten ein eigenes noch so kleines Verschulden vorzuwerfen sei. In diesem Zusammenhang könne vom Ausschlagenden im Hinblick auf die höhere Gewalt verlangt werden, auf Rechtsmittel zu verzichten, um so eine schnellere Rechtskraft herbeizuführen. Auch habe nach Beendigung des vorläufigen Betreuungsverfahrens keine Genehmigung mehr erteilt werden können. Im Übrigen habe die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 vor dem Betreuungsgericht erklärt, dass der für den Beginn der Ausschlagungsfrist maßgebliche Zugang des Schreibens des Amtsgerichts Lörrach unklar und das Schreiben möglicherweise bereits am 31.07.2021 zugegangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz Bezug genommen.
15
Mit Beschluss vom 18.03.2024 (AS 269 f.) hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und dabei ergänzend ausgeführt, dem Argument der Beschwerdeführerin, dass es bei der Führung des Genehmigungsverfahrens zu keinerlei verschuldeten Verzögerungen gekommen sein dürfe, werde nicht gefolgt. Entscheidend sei vielmehr das Schweben eines Genehmigungsverfahrens. Dabei komme es nicht darauf an, ob dieses Verfahren besonders effizient geführt werde. Soweit nunmehr der Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom Erbfall in Frage gestellt werde, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass bereits vor dem 09.08.2021 Kenntnis erlangt wurde und auch keine Möglichkeit der diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung.
16
Mit Verfügung des Senats vom 28.03.2024 (AS II 3) wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme zum Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach vom 18.03.2024 gegeben. Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
18
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
19
Das Nachlassgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der am 27.01.2023 von der Beteiligten Ziffer 1 beantragte Erbschein nicht der materiell-rechtlichen Erbfolge entspricht und hat folgerichtig diesen Antrag zurückgewiesen.
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Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins, der beide Beteiligten als Miterben ausweist, liegen nicht vor, da der Anfall an den Beteiligten Ziffer 2 gemäß § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt gilt. Der Beteiligte Ziffer 2 hat die Erbschaft wirksam ausgeschlagen.
21
Die Ausschlagung des Beteiligten Ziffer 2 erfolgte gemäß § 1945 Abs. 1 BGB formgerecht durch Erklärung seiner Betreuerin vom 06.09.2021 in öffentlich beglaubigter Form. Der der Betreuerin nach dem Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - Lahr vom 02.09.2021 übertragene Aufgabenkreis erfasste dabei ausdrücklich die Ausschlagung.
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Die Ausschlagung erfolgte fristgerecht. Die Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB ist gewahrt.
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Die Frist begann mit dem Zeitpunkt, in welchem der Beteiligte Ziffer 2 als pflichtteilsberechtigter Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat, § 1944 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB.
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Dies war nach Angaben seiner Ehefrau als dessen Betreuerin in der notariell beglaubigten Erklärung vom 06.09.2021 sowie dem Vortrag im Schriftsatz vom 08.12.2021, wonach das Schreiben des Nachlassgerichts vom 30.07.2021 mit dem Testament samt Eröffnungsprotokoll vom Beteiligten Ziffer 2 am 09.08.2021 im Briefkasten vorgefunden wurde, seit dem 09.08.2021 der Fall.
25
Soweit die Beteiligte Ziffer 1 erstmals in der Beschwerdeschrift vom 12.03.2024 ausführt, die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 habe im Betreuungsverfahren vor dem Amtsgericht - Betreuungsgericht - Lahr erklärt, dass der Zugang des Schreibens des Nachlassgerichts vom 30.07.2021 unklar und das Schreiben möglicherweise bereits am 31.07.2021 zugegangen sei, so kommt es darauf nicht an.
26
Denn die Ausschlagungserklärung vom 06.09.2021 ist beim Nachlassgericht am 08.09.2021 und somit innerhalb der gemäß § 1944 Abs. 1 BGB sechswöchigen Ausschlagungsfrist eingegangen.
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Allerdings war diese Erklärung wegen der noch ausstehenden betreuungsgerichtlichen Genehmigung zunächst schwebend unwirksam (s. a. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.04.2014 - 3 W 13/14, Rn. 11, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 W 245/10 - 91, Rn. 25, juris m.w.N.). Die Unwirksamkeit wurde nicht dadurch geheilt, dass die Genehmigung innerhalb der regulären sechswöchigen Ausschlagungsfrist entsprechend § 1945 Abs. 3 Satz 2 BGB beim Nachlassgericht nachgereicht worden wäre. Denn sie ist vom Betreuungsgericht erst mit seit dem 26.09.2023 rechtskräftigen Beschluss vom 06.09.2023 erteilt worden und beim Nachlassgericht sodann erst vorab am 29.09.2023 über das besondere elektronische Anwaltspostfach und auf dem Postweg am 02.10.2023 eingegangen.
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Gleichwohl ist die Ausschlagung nicht verfristet. § 1944 Abs. 2 Satz 3 BGB verweist auf § 206 BGB. Danach ist die Verjährung gehemmt, solange eine Rechtsverfolgung an höherer Gewalt scheitert. Höhere Gewalt liegt vor, wenn die Verhinderung auf Ereignissen beruht, die durch äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann (BayObLG, Beschluss vom 29.10.1997 - 1Z BR 62/97, FamRZ 1998, 642, 643 m.w.N.).
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Das ist bei einer genehmigungsbedürftigen Ausschlagung der Fall, wenn die Genehmigung - wie hier - rechtzeitig beim Betreuungsgericht beantragt wurde, sich ihre Erteilung indes verzögert hat (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.04.2014 - 3 W 13/14, Rn. 12, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.02.2011 - 5 W 245/10-91, Rn. 26, juris m.w.N.; s. a. Grüneberg/Weidlich, BGB, 83. Aufl. 2024, § 1944 Rn. 7; Ivo, Die Erbschaftsausschlagung für das minderjährige Kind, ZEV 2002, 309, 313 f.). Denn die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens liegt nicht in der Hand des Antragstellers. Zudem wäre es mit dem Schutzzweck der gerichtlichen Genehmigungserfordernisse unvereinbar, wenn die Interessen der durch das Genehmigungserfordernis geschützten Person bei rechtzeitiger und auch im Übrigen pflichtgemäßer Antragstellung zwangsläufig dadurch in Gefahr gerieten, dass die Einhaltung der Ausschlagungsfrist davon abhinge, dass das Genehmigungsverfahren rechtzeitig abgeschlossen wird (so auch Lange, jurisPR-FamR 19/2011 Anm. 8).
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Nun ordnet der seit 01.01.2023 gültige § 1858 Abs. 3 BGB an, dass der Ablauf einer gesetzlichen Frist während der Dauer des Genehmigungsverfahrens gehemmt ist. Die Hemmung endet mit Rechtskraft des Beschlusses über die Erteilung der Genehmigung, vorliegend am 26.09.2023. Da die Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, Art. 229 § 54 EGBGB, für genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte bzw. laufende Genehmigungsverfahren keine Sonderbestimmungen enthält, findet das neue Recht ab dem Inkrafttreten der Reform am 01.01.2023 für die Erteilung der Genehmigung durch das Gericht Anwendung, unabhängig davon, wann das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft vorgenommen bzw. das Genehmigungsverfahren eingeleitet worden ist (BeckOK BGB/Müller-Engels, 70. Ed. 01.05.2024, BGB § 1851 Rn. 48).
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Hiernach ist trotz des Umstands, dass für die Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 zunächst nur eine vorläufige Betreuung bis zum 01.03.2022 eingerichtet war und unter Berücksichtigung der zutreffend vom Nachlassgericht für den Zeitraum nach 01.03.2022 festgestellten Geschäftsunfähigkeit und zugleich Betreuungsbedürftigkeit des Beteiligten Ziffer 2, für die auch das Betreuungsgutachten des Sachverständigen Dr. med. J. A. vom 30.12.2022 spricht (Akte des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband "Kopien 4 XVII 261/21 S., R.", AS 303 ff, 327) und welche von der Beschwerdeführerin nicht angegriffen wird, alleine auf die schließlich im Rahmen des Betreuungsverfahrens durch rechtskräftigen Beschluss des Betreuungsgerichts vom 06.09.2023 erklärte betreuungsgerichtliche Genehmigung der Erbschaftsausschlagung abzustellen. Denn das Betreuungsgericht hat die am 06.09.2021 von der zu diesem Zeitpunkt wirksamen gesetzlichen Vertreterin des Beteiligten Ziffer 2 formwirksam erklärte Ausschlagung genehmigt.
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Zum Zeitpunkt der Einreichung der Ausschlagungserklärung durch die zu diesem Zeitpunkt wirksam bestellte Betreuerin des Beteiligten Ziffer 2 am 06.09.2021 war die Sechswochenfrist nach § 1944 Abs. 2 BGB noch nicht abgelaufen - unabhängig davon, ob Kenntniserlangung am 31.07.2021 oder erst am 09.08.2021 anzunehmen ist. Die Wirksamkeit der Ausschlagung trat bereits kraft Gesetzes mit Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses ein, § 1858 Abs. 3 Satz 2 BGB und es bedurfte keiner weiteren Handlungen mehr, um die Wirksamkeit der Ausschlagung herbeizuführen (Grüneberg/Götz, a. a. O., § 1858 Rn. 4; BeckOGK/Heinemann, 01.05.2024, BGB § 1944 Rn. 115; MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, 9. Aufl. 2024, § 1858 Rn. 9). Es ist ausreichend, wenn die erforderliche Genehmigung vor dem Ablauf der Frist beantragt wurde (BT-Drs. 19/24445, 292; MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, a. a. O., § 1858 Rn. 9 m.w.N.).
33
Die Überlegungen der Beschwerdeführerin, wonach der Beteiligte Ziffer 2 zur Beschleunigung auf die Rechtsmittel hätte verzichten müssen, widersprechen der Wertung des Gesetzgebers und sind mithin unbeachtlich.
III.
34
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
35
Der Geschäftswert für die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich gemäß §§ 61 Abs. 1, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Das Nachlassgericht wird daher gebeten, die Akte nochmals vorzulegen, wenn der Wert des Nachlasses feststeht.
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Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich.