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  • 07.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133446

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 19.07.2013 – I-3 Wx 105/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-3 Wx 105/13

    Tenor:

    Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

    G r ü n d e :

    I.

    Am 6. September 2012 wurde vom Nachlassgericht ein an diesem Tage durch den Beteiligten zu 1. eingereichtes Schriftstück eröffnet, das eine auf seinen Namen und eine auf „A. S.“ lautende Unterschrift trägt und im Wesentlichen wie folgt lautet:

    „Testament!!!

    47167 Duisburg 11.06.05

    Testament der Eheleute W S.… so wie der A. S. …



    Sollte einer von uns ableben, soll sein anteil nur der Ehepartner erhalten. Die Kinder W S. … C. S. … M. S. … so wie

    B. D. geb. S. … erhalten nichts. Da sie bereits jeder ihr Anteil erhalten haben.“

    Gestützt auf dieses Schriftstück hat der Beteiligte zu 1. am 6. September 2012 die Erteilung eines ihn als Alleinerben nach der Erblasserin ausweisenden Erbscheins beantragt. Die Kinder W S., M. S. und B. D. haben schriftlich zur Nachlassakte erklärt, mit der Erteilung eines derartigen Erbscheins einverstanden zu sein und auf eine Hinzuziehung zum Erbscheinverfahren zu verzichten. Daraufhin hat das Nachlassgericht mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 – nur – dem Beteiligten zu 2. gesondert rechtliches Gehör mit einer Äußerungsfrist von zwei Wochen gewährt.

    Nachdem keine Stellungnahme des Beteiligten zu 2. eingegangen war, hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 22. November 2012 die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und die Urschrift des Erbscheins gefertigt.

    Mit am 27. November 2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Beteiligte zu 2. der Erteilung des beantragten Erbscheins an seinen Vater, den Beteiligten zu 1., widersprochen mit der Begründung, die Unterschrift auf dem Schriftstück vom 11. Juni 2005 stamme nicht von der Erblasserin; diesen Einwand hat er näher ausgeführt. Unter dem 28. November 2012 hat er desweiteren „für das Erbscheinverfahren“ Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten beantragt.

    Die Tochter der Eheleute, Frau B. D., ist dem Vorbringen des Beteiligten zu 2. ebenso entgegengetreten wie der Beteiligte zu 1.

    Daraufhin hat das Nachlassgericht durch die angefochtene Entscheidung den Verfahrenskostenhilfeantrag des Beteiligten zu 2. zurückgewiesen, weil es unter Berücksichtigung des dem Gericht zur Verfügung gestellten Schrift-Vergleichsmaterials sowie aller Umstände des gegebenen Falles davon überzeugt sei, dass es sich bei der beanstandeten Unterschrift um eine eigene Unterschrift der Erblasserin handele.

    Gegen diesen ihm am 4. März 2013 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seinem am 22. März 2013 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, mit dem er sein Gesuch um Verfahrenskostenhilfe weiterverfolgt.

    Mit weiterem Beschluss vom 26. März 2013 hat das Nachlassgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte und der Testamentsakte 5 IV 252/12 AG Duisburg-Hamborn Bezug genommen.

    II.

    Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. ist als sofortige Beschwerde statthaft und auch im übrigen zulässig, §§ 76 Abs. 2 FamFG; 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO. Nach der vom Nachlassgericht erklärten Nichtabhilfe ist es dem Senat zur Entscheidung angefallen, §§ 76 Abs. 2 FamFG, 572 Abs. 1 Satz 1,2. Halbs. ZPO. In der Sache jedoch bleibt es ohne Erfolg, weil die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für den Beteiligten zu 2. durch das Nachlassgericht nicht zu beanstanden ist. Der von ihm beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 114 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg.

    1.Diese Rechtsverfolgung ist eine Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Feststellungsbeschluss vom 22. November 2012. Als solche ist seine Widerspruchsschrift auszulegen. Diese ist in Unkenntnis des gemäß § 352 Abs. 1 Satz 3 FamFG nicht bekannt gegebenen Festsetzungsbeschlusses verfasst worden. Das mit dem Widerspruch verfolgte Ziel, die Erteilung des beantragten Erbscheins zu verhindern, kann nach Erlass des Feststellungsbeschlusses nur noch mit einem Angriff gegen diesen im Rechtsmittelwege erreicht werden.

    Die besagte Beschwerde ist nach §§ 58 Abs. 1 i.V.m. 352 Abs. 1 Satz 1 FamFG statthaft und auch im übrigen zulässig. Namentlich ist der Beteiligte zu 2. nicht auf die Rechtsmittelbeschränkung des § 352 Abs. 3 FamFG verwiesen. Denn der Erbschein ist noch nicht erteilt. Die Erteilung setzt mindestens voraus, dass der Erbschein in Urschrift oder Ausfertigung dem Antragsteller ausgehändigt oder übersandt wurde, die Hinausgabe von Ablichtungen oder beglaubigten Abschriften des Erbscheins stellt keine Erteilung dar (hierzu: Keidel-Zimmermann, FamFG 17. Aufl., 2011, § 352 Rnr. 130 m. zahlr. Nachw). Die Herstellung einer Ausfertigung des Erbscheins für den Beteiligten zu 1. hat das Nachlassgericht hier aber mit Verfügung vom 29. November 2012 unterbunden. Ob dem Grundbuchamt und dem Amtsgericht Oberhausen zuvor Ablichtungen des Erbscheins übersandt wurden, ist, wie soeben dargestellt, ohne Belang.

    2.

    Die Begründetheit des Erbscheinantrages des Beteiligten zu 1. hängt, da anderweitige Bedenken gegen den Eintritt der gewillkürten Erbfolge nicht bestehen, allein davon ab, ob die Unterschrift „A. S.“ unter dem handschriftlichen Schriftstück vom 11. Juni 2005 authentisch ist. Dass sich das Nachlassgericht von dieser Authentizität ohne Einholung eines Schriftvergleichsgutachtens überzeugt hat, ist nicht zu beanstanden.

    a)

    Die Aktenlage veranlasst nicht, Zweifel an der Echtheit der Unterschrift zu hegen.

    aa)

    Von der in Rede stehenden Unterschrift weicht allerdings diejenige ab, die sich in der vom Beteiligten zu 2. mit der Widerspruchsschrift zur Akte gereichten Ablichtung der Unterschriftsseite eines mit dem Datum des 20. März 2003 versehenen Mietvertrages befindet. Indes haben sowohl der Beteiligte zu 1. – der vorbringt, die mietvertragliche Unterschrift stamme nicht von seiner Frau, weil diese nie Mietverträge unterschrieben habe – als auch der Sache nach die Tochter B. D. ausdrücklich in Abrede gestellt, dass die Vergleichsunterschrift von der Erblasserin gefertigt worden sei, ohne dass der Beteiligte zu 2. dem noch entgegengetreten wäre und seine Darlegungen ergänzt hätte; auch in seinem Schriftsatz vom 10. Juli 2013 wiederholt er lediglich seine ursprüngliche Behauptung ohne weitere Angaben und zudem eingeschränkt durch die Bemerkung, „jedenfalls“ stamme jene Unterschrift nicht von ihm selbst. Auf dieser Grundlage kann die mietvertragliche Unterschrift nicht als Vergleichsmaterial herangezogen werden.

    bb)

    An sonstigem Vergleichsmaterial existieren keine Textschriften der Erblasserin, sondern lediglich weitere Unterschriften, davon die zeitnächste aus dem Jahre 1999; es ist nicht erkennbar, dass weiteres Material beschafft werden könnte. Die Unterschrift 1999 weist im Vergleich mit der Unterschrift unter dem Schriftstück vom 11. Juni 2005 auch für den Laien ersichtliche große Ähnlichkeiten bei den beiden Initialen, bei der Buchstabenfolge „le“ sowie bei der ablautenden Buchstabenfolge „ki“, andererseits Abweichungen bei dem Buchstaben „a“ sowie den beiden aufeinanderfolgenden Buchstaben „w“ und „s“ auf. Ähnliche Abweichungen bezüglich „w“ und „s“ finden sich jedoch schon in Unterschriften der Erblasserin aus den Jahren 1988 und 1989 gegenüber 1991; ein insoweit der in Rede stehenden Unterschrift unter dem Testament vergleichbarer Vollzug erscheint unter einer notariellen Urkunde (UR-Nr. 118/1996 des Notars E. in Duisburg-Hamborn) aus dem Jahre 1996. Es verbleibt letztlich eine vereinzelte Abweichung beim Buchstaben „a“. Angesichts dessen, dass die Erblasserin dem Anschein nach – auch für einen Laien ersichtlich – für den Vollzug ihrer Unterschrift keine Sonderausformung entwickelt hatte, sondern ihre habituelle Schreibweise verwendete und diese ausweislich der Strichführung jedenfalls keinen höheren Grad an Geübtheit aufwies, lassen sich diese Abweichung und die vorerwähnten Ungleichförmigkeiten als innerhalb der normalen Variationsbreite der Unterschrift der Erblasserin ansehen.

    cc)Darüber hinaus konnte das Nachlassgericht seine Überzeugung von der Echtheit der Unterschrift, wie geschehen, in der Tat maßgeblich auf ein der Testamentsakte zu entnehmendes Indiz stützen. Denn zu dieser ist eine Ablichtung einer maschinenschriftlichen Erklärung gelangt, in der alle vier Kinder der Eheleute „auf die Erbschaft unserer Eltern“, unter Hervorhebung des Immobilienbesitzes, verzichteten. Diese Erklärung datiert – ebenso wie das Testament – auf den 11. Juni 2005, weist am Ende des Textes die auch im eigenhändigen Testament zu findenden, außerhalb standesamtlicher Urkunden aber ungewöhnlichen Füllstriche über 1 ½ Zeilen aus und ist von allen vier Kindern der Eheleute unterschrieben. Angesichts der Ausführungen im Testament, die Kinder sollten nach dem Tode des Erstversterbenden nichts erhalten, weil sie bereits jeder ihren Anteil erhalten hätten, drängt sich der inhaltliche Bezug der maschinenschriftlichen Erklärung auf die letztwillige Verfügung geradezu auf. Zu jener Erklärung vom 11. Juni 2005 und der Tatsache ihrer Unterzeichnung durch alle vier Kinder hat sich der Beteiligte zu 2. nicht geäußert, insbesondere für die inhaltliche Bezogenheit beider Schriftstücke aufeinander keine Erklärung geliefert.

    dd)

    Demgegenüber erlauben die vom Beteiligten zu 2. angeführten Hilfstatsachen den von ihm gewünschten Rückschluss nicht.

    Die in der Tat erst Jahre nach dem Erbfall erfolgte Ablieferung des Testaments beim Nachlassgericht durch den Beteiligten zu 1. kann die unterschiedlichsten Gründe haben. Die Ablieferungspflicht des § 2259 Abs. 1 BGB ist nach der Erfahrung des Senats in weiten Bevölkerungskreisen nicht hinlänglich bekannt. Aus diesem Grunde wird des öfteren eine letztwillige Verfügung erst dann dem Nachlassgericht vorgelegt, wenn die in ihrem Umfeld als Erben angesehenen Personen aus Gründen des Geschäftsverkehrs oder im Verhältnis zu staatlichen Stellen „auf einmal einen Erbschein benötigen“. Jedenfalls trifft es nicht zu, dass mit der Einlieferung naheliegenderweise abgewartet worden wäre, um den Nachweis der Fälschung zu vereiteln; für die von einem Sachverständigen im Rahmen eines Schriftvergleichsgutachtens zu gewinnenden Erkenntnisse wäre der verstrichene Zeitraum ohne Belang gewesen, und dass in der Zwischenzeit relevantes Schriftvergleichsmaterial verloren gegangen wäre, behauptet der Beteiligte zu 2. selbst nicht.

    Aus den Krebserkrankungen der Erblasserin als solchen lässt sich nicht, wie mit dem Widerspruch geschehen („Sie war daher gar nicht mehr in der Lage, …“), ohne weiteres folgern, die Erblasserin sei außerstande gewesen, am 11. Juni 2005 noch ein Schreibgerät zu halten und die Unterschrift in der vorliegenden Form zu setzen. Nähere Angaben hierzu hat der Beteiligte zu 2. nicht gemacht, noch hat er Ermittlungsansätze aufgezeigt. Er ist nicht einmal dem Vorbringen der Tochter B. D., zwar sei der Allgemeinzustand ihrer Mutter durch die Chemotherapie und deren Nebenwirkungen geschwächt gewesen, doch habe sie „bis zum Schluss“ ihre Mahlzeiten und Getränke selbständig zu sich genommen, entgegengetreten; legt man jedoch dies zugrunde, erscheint es nicht mehr fernliegend, dass die Erblasserin auch noch in der Lage war, ein Schreibgerät zu halten und zu führen, zumal sich letzteres auf eine bloße Unterschrift beschränkte.

    b)

    Bei dieser Lage wird das Nachlassgericht im Beschwerdeverfahren auch keine weiteren Ermittlungen (§ 26 FamFG) durchzuführen haben.

    Insoweit käme, auch nach den Anregungen des Beteiligten zu 2., allein die Einholung eines Schriftvergleichsgutachtens in Betracht. Die vom Beteiligten zu 2. im Schriftsatz vom 21. Februar 2013 angesprochene Kopie aus dem Personalausweisregister würde dem Sachverständigen, was der Senat aufgrund einer Vielzahl bei ihm anhängig gewesener Fälle selbst beurteilen kann, als bloße Ablichtung nicht nennenswert weiter helfen.

    Liegen – gegebenenfalls sogar erst nach Einvernahme von Zeugen – keine besonderen Umstände vor, die gegen eine eigenhändige Errichtung eines privatschriftlichen Testaments sprechen, genügt es, wenn der Tatrichter selbst die Schriftzüge des ihm vorliegenden Testaments mit anderen Schriftproben vergleicht und das Ergebnis würdigt; die Einholung eines Gutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments ist nur in Zweifelsfällen geboten (BayObLG FamRZ 1998, S. 644 f; FamRZ 1995 S. 1523 f und FamRZ 1991, S. 962 ff; OLG Köln NJW-RR 1994, S. 396 f).

    Hier sind derartige Zweifel, wie gezeigt, nicht veranlasst.

    III.

    Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Dass der Beteiligte zu 2. als Rechtsmittelführer mit Gerichtskosten belastet ist, ergibt sich aus der Vorschrift des § 131 b Satz 1 KostO unmittelbar, und außergerichtliche Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet, §§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

    Damit erübrigt sich auch eine Wertfestsetzung von Amts wegen.

    Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor.