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  • 03.12.2014 · IWW-Abrufnummer 143360

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 13.10.2014 – 17 W 905/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    BESCHLUSS

    In der Nachlasssache

    H. … A.,
    zuletzt wohnhaft: …
    verstorben am …

    Beteiligte:

    1. J. N., …
    - Antragsteller und Beschwerdeführer -

    Verfahrensbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt …

    2. S. A. , …
    - Erbin -

    Verfahrensbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte …

    wegen Nichtbekanntgabe des vollständigen Testaments

    hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. N.,
    Richterin am Oberlandesgericht E. und
    Richterin am Oberlandesgericht S.

    beschlossen:

    Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird das Nachlassgericht beim Amtsgericht Chemnitz angewiesen, das gemeinschaftliche notarielle Testament des Erblassers und seiner Ehefrau vom 17.04.2008 abgesehen von Ziffer 2.2. vollständig zu eröffnen und Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie des eröffneten Testaments zu gewähren.

    Gründe:

    I.

    Das vom Erblasser und seiner Ehegattin am 17.04.2008 vor einer Notarin errichtete gemeinschaftliche Testament wurde am 07.01.2014 auszugsweise eröffnet. Der Beteiligte zu 1, ein Sohn des Erblassers, verlangte Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie der Akte. Die Übersendung einer vollständigen Testamentskopie verwehrte ihm die Nachlassrechtspflegerin unter dem 04.07.2014. Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 1 mit seiner Beschwerde vom 08.07.2014, der das Nachlassgericht am 30.07.2014 nicht abhalf.

    II.

    Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg.

    1.
    Bei der nachlassgerichtlichen Versagung, Einsicht in den kompletten Testamentstext zu gewähren, handelt es sich um eine beschwerdefähige Entscheidung (Rellermeyer in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG-Kommentar, 2. Aufl. 2013, § 349 Rn. 5, zitiert nach juris; vgl. für die Ankündigung der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments, Schleswig Holsteiniches OLG, NJW-RR 2013, 583, zitiert nach juris; Senatsrechtsprechung: Beschluss vom 03.09.2014, Az.: 17 W 962/14, nicht veröffentlicht).
    Bedenken gegen die Zulässigkeit ergeben sich keine. Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen, denn an einer Eröffnung des zu eröffnenden Textes fehlt es nach wie vor, selbst wenn der Beschwerdeführer zwischenzeitlich eine Kopie des Testaments in Händen hält.

    2.
    Begründet ist die Beschwerde teilweise.
    Grundsätzlich hat sich die Eröffnung eines - auch eines gemeinschaftlichen - Testaments auf das gesamte Schriftstück zu beziehen. Ausgelassen werden dürfen mit Rücksicht auf das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers und das des Mittestierenden nur Textpassagen ohne jeden Bezug zum betreffenden Erbfall, soweit sie sich im Sinne des § 349 Abs. 1 FamFG trennen lassen (Bumiller/Harders in FamFG, 10. Aufl. 2011, § 348 Rn. 6, 8).
    Eine Trennung der beiderseitigen Verfügungen ist möglich, wenn sie in selbständigen, auch äußerlich auseinandergehaltenen Sätzen getroffen sind, sofern sie sprachlich so gefasst sind, dass die Verfügungen des Erstverstorbenen ihrem Inhalt nach auch ohne diejenigen des Längstlebenden verständlich bleiben. Dagegen ist regelmäßig Untrennbarkeit anzunehmen, wenn die Verfügungen sprachlich zusammengefasst sind, wie es der Fall ist, wenn die Ehegatten in der „Wir-Form“ verfügen (Bumiller/Harders, a.a.O., § 349 Rn. 4). Ebenso führt es zur Untrennbarkeit, wenn die Ehegatten die Verfügungen als die des „Überlebenden von uns“ - oder „Längstlebenden von uns“ bezeichnet haben. In diesem Fall haben sie nämlich die Verfügung in dem Bewusstsein getroffen, dass jeder von ihnen selbst der Längstlebende sein könne. Die Verfügung ist ihnen daher beiden gleichermaßen zuzurechnen. Der Tod des Erstversterbenden macht sie für diesen nur gegenstandlos, doch sind auch gegenstandslose Verfügungen - wie alle anderen unwirksamen Verfügungen auch - grundsätzlich zu eröffnen (BGHZ 91, 105, bei juris Tz. 12; Schleswig Holsteinisches OLG, NJW-RR 2013, 583 m.w.N.). Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass bei jedem Abweichen von der gesetzlichen Erbfolge die Interessen der Erb- und Pflichtteilsberechtigten berührt werden. Sie benötigen zur Wahrung ihrer Interessen die umfassende Kenntnis von den letztwilligen Verfügungen des Erblassers. Das Nachlassgericht ist nicht befugt zu entscheiden, inwieweit es ihnen Teile der Bestimmungen des Erblassers vorenthalten kann (BGHZ a.a.O.).

    Infolgedessen ist auch das Testament des Erblassers und seiner Gattin - abgesehen von der unter Ziffer 2.2. getroffenen Regelung, die ausschließlich eine abtrennbare Verfügung der Ehefrau enthält, zu eröffnen. Im gleichen Umfang ist dann auch Akteneinsicht zu gewähren.

    III.

    Gerichtskosten sind von niemandem zu tragen, § 25 Abs. 1 GNotKG. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder der Beteiligten selbst, § 81 FamFG. Anders als in der ZPO kommt es für diese Entscheidung nicht auf den Umfang des Erfolgs der Beschwerde, sondern auf die Billigkeit der Kostenauferlegung an. Da die Beteiligte zu 2 durch Übersendung einer Kopie des gemeinschaftlichen Testamentes zeigt, dass sie bemüht ist, im Verfahren mitzuwirken, erschien es auch angesichts der Entscheidung der ersten Instanz unbillig, ihr die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1 aufzuerlegen.

    Gebührenrechtlich ist die Beschwerde 5.000,00 € wert (§§ 61, 36 GNotKG). In Ermangelung genügender Anhaltspunkte wurde vom Regelwert ausgegangen.