Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 10.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144235

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 06.08.2014 – 20 W 114/14

    Maßnahmen des Grundbuchzwangs dürfen nur dann ergriffen werden, wenn die dem Betroffenen auferlegte Verpflichtung konkret bezeichnet wurde. Dazu ist dem Betroffenen mitzuteilen, mit welchem konkreten Inhalt ein Berichtigungsantrag zu stellen ist und mit welchem Inhalt demzufolge vorausgehend - falls eine notarielle Verfügung von Todes wegen nicht vorliegt - ein Erbschein zu beantragen ist.


    Oberlandesgericht Frankfurt am Main
    Beschl. v. 06.08.2014
    Az.: 20 W 114/14
    Tenor:
    Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
    Gründe
    I.
    Als Miteigentümerin des eingangs bezeichneten Grundbesitzes ist im Grundbuch noch die am ... Juli 2010 verstorbene Mutter des Betroffenen, Frau A geb. B (im Folgenden: Erblasserin) eingetragen.
    Nachdem das Grundbuchamt durch Vorlage einer Kopie der Sterbefallsanzeige Kenntnis von dem Sterbefall erlangt hatte, forderte der Rechtspfleger den Betroffenen mit Schreiben vom 29. Februar 2012 unter Hinweis darauf, dass er als Miterbe in Betracht komme, zur Beantragung der Grundbuchberichtigung unter Vorlage eines Erbscheines oder eines notariellen Testamentes nebst Eröffnungsprotokoll auf. Diese Aufforderung wurde mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 4. Juni 2013, 6. August 2013 und 10. September 2013 wiederholt, wobei in letzterem ein Zwangsgeld von 200 EURO angedroht wurde. Dieses angedrohte Zwangsgeld wurde mit Beschluss vom 11. Oktober 2013 - dem Betroffenen zugestellt am 15. Oktober 2013 - unter Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 400 EURO festgesetzt.
    Nachdem der Betroffene mit Schreiben vom 8. November 2011 um eine Nachfrist von 4 Wochen gebeten hatte, drohte der Rechtspfleger des Grundbuchamtes mit Schreiben vom 10. Januar 2014 unter Hinweis darauf, dass bei der Nachlassabteilung noch immer kein Erbscheinsantrag gestellt worden sei, erneut unter Fristsetzung zum 24. Januar 2014 ein Zwangsgeld von 400 EURO an.
    Hierauf stellte der Betroffene mit Schreiben vom 24. Januar 2014 formlos einen Erbscheinsantrag ohne Angabe des Berufungsgrundes, etwaiger Miterben und der Erbquoten bei dem Grundbuchamt und wurde nach dessen Weiterleitung an die Nachlassabteilung von dort schriftlich auf die Erfordernisse eines formgerechten Erbscheinsantrages hingewiesen. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, setzte der Rechtspfleger des Grundbuchamtes mit Beschluss vom 4. März 2014, dem Betroffenen zugestellt am 6. März 2014, das angekündigte Zwangsgeld von 400 EURO fest und kündigte ein weiteres Zwangsgeld von 800 EURO an.
    Gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss vom 4. März 2014 legte der Betroffene mit dem am 12. März 2014 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schreiben, auf das Bezug genommen wird, sofortige Beschwerde ein.
    Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Rechtsmittel wurde trotz Ankündigung nicht näher begründet.
    II.
    Gegen die Zwangsgeldfestsetzung ist nach § 82 GBO i. V. m. § 35 Abs. 5 FamFG die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO statthaft, über die gemäß §§ 35 Abs. 5 FamFG, 568 ZPO der Einzelrichter des Senates zu entscheiden hat (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 71 Rn. 3 und 81 Rn. 3; Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 3. Aufl., § 82 Rn. 21; OLG Hamm FGPrax 2010, 276; Senatsbeschluss vom 22. März 2011 - 20 W 425/10- dok. bei Juris).
    Die gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss vom 4. März 2014 gerichtete sofortige Beschwerde ist zulässig, sie wurde insbesondere innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt, obwohl auf diese Frist in der verwendeten Rechtsmittelbelehrung nicht hingewiesen wurde.
    Die sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg.
    Die Zwangsgeldfestsetzung wurde im Rahmen des Grundbuchberichtigungszwangsverfahrens nach § 82 GBO erlassen. Nach § 82 GBO soll das Grundbuchamt, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist, dem Eigentümer die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Die Durchsetzung der auferlegten Verpflichtung erfolgt seit Einführung des FamFG gemäß § 35 FamFG durch Ankündigung eines der Höhe nach bestimmten Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb einer festzusetzenden Frist. Führt die Androhung nicht zum Erfolg, so kann anschließend das Zwangsgeld festgesetzt werden.
    Maßnahmen des Grundbuchberichtigungszwangs dürfen nur dann ergriffen werden, wenn die Eintragung des Eigentümers in Abt. I des Grundbuchs unrichtig ist und dies auf einem Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs beruht, also eine nachträgliche Grundbuchunrichtigkeit im Sinne des § 894 BGB eingetreten ist (vgl. Bauer/von Oefele/Budde, aaO., § 82 Rn. 2; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 82 Rn. 3/4; Demharter, aaO., § 83 Rn. 4/5; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 378). Wichtigster Anwendungsfall des § 82 GBO ist der durch Erbfolge nach §§ 1922, 1942 BGB außerhalb des Grundbuchs eingetretene Rechtsübergang auf einen neuen Eigentümer.
    Nach § 82 Satz 2 GBO sollen Maßnahmen des Grundbuchberichtigungszwangs zurückgestellt werden, so lange berechtigte Gründe vorliegen. Bezüglich der Zurückstellungsgründe hat der Senat bereits in einer früheren Entscheidung auf die gebotene Berücksichtigung der Regelung des § 60 Abs. 4 KostO hingewiesen (vgl. Rpfleger 2002, 433 [OLG Frankfurt am Main 04.02.2002 - 20 W 486/01] mit Anm. Dümig). Da nach § 60 Abs. 4 KostO für Erben des eingetragenen Eigentümers eine Gebührenbefreiung gilt, wenn der Berichtigungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird, weil der Gesetzgeber die innerhalb dieser Frist beantragte Eintragung noch als förderungswürdige Beschleunigung der Grundbuchberichtigung ansieht, kann andererseits nicht angenommen werden, dass schon vor Ablauf dieser Frist Anlass zur Erzwingung der Berichtigung bestehen soll, sofern im Einzelfall nicht besondere Gesichtspunkte eine andere Handhabung erfordern (so auch Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 3. Aufl., § 82 Rn. 11; Demharter, aaO., § 82 Rn. 12; Hügel, GBO, 2. Aufl., § 82 Rn. 22; OLG Hamm FGPrax 2010, 276; Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 2011 - 20 W 561/11- und vom 28. Februar 2012 - 20 W 67/12-). Diese Zwei-Jahres-Frist war bei Einleitung des hier angegriffenen Zwangsgeldverfahrens verstrichen.
    Ein Einschreiten des Grundbuchamtes im Wege des Zwangsverfahrens nach § 82 GBO als Ausnahmefall gegenüber dem sonst das Grundbuchrecht beherrschenden Antragsgrundsatzes kommt aber nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das Grundbuch bezüglich der Eigentümereintragung unrichtig ist. Dies setzt nicht nur voraus, dass aufgrund der Nachricht vom Sterbefall bekannt ist, dass der eingetragene Eigentümer verstorben ist, sondern für das Grundbuchamt muss auch sichere Kenntnis über die Person des neuen Eigentümers bestehen (vgl. Bauer/von Oefele/Budde, aaO., § 82 Rn. 6; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 82 Rn. 12/13; Demharter, aaO., § 83 Rn. 9). Zwar ist anerkannt, dass das Grundbuchamt das Berichtigungszwangsverfahren nach § 82 GBO gegen einen von mehreren Miterben mit der Maßgabe richten kann, dass dieser einen Erbschein für den Gesamtnachlass zu beschaffen und einen entsprechenden Grundbuchberichtigungsantrag zu stellen hat (vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 413; Demharter, aaO., § 82 ff Rn. 15). Voraussetzung für die Anwendung des Grundbuchzwangs gegen einen der Miterben ist jedoch, dass das Grundbuchamt selbst hinreichende Feststellungen dahingehend getroffen hat, welche Personen als Erbe berufen sind. Hierbei ist es nicht zulässig, die gebotene Ermittlung der Erbenstellung auf einen der Angehörigen des Erblassers zu verlagern, von dem lediglich feststeht, dass er überhaupt als testamentarischer oder gesetzlicher Erbe berufen ist, während offen bleibt, ob und welche weiteren Personen neben ihm zu welchen Quoten zu Erben berufen sind (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 03. April 2013 - Az.: 15 W 107/13, dok. bei juris = NJW-Spezial 2013, 264 [OLG Hamm 03.04.2013 - I-15 W 107/13]). Denn Maßnahmen des Berichtigungszwangs nach § 82 GBO dürfen nur dann verhängt werden, wenn die dem jeweils Betroffenen auferlegte Verpflichtung die vorzunehmende Handlung konkret bezeichnet. Dazu reicht es nicht aus, dass das Grundbuchamt dem Betroffenen lediglich - offenbar unter Verwendung eines Vordruckes- mitgeteilt hat, er komme als Miterbe in Betracht. Vielmehr hätte das Grundbuchamt gegenüber dem Betroffenen klarstellen müssen, mit welchem konkreten Inhalt ein Berichtigungsantrag zu stellen ist und mit welchem Inhalt demzufolge vorausgehend - da ausweislich der Sterbefallsanzeige und der Mitteilung der Nachlassabteilung eine notarielle Verfügung von Todes wegen nicht vorlag - ein Erbschein zu beantragen war. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, da insbesondere nicht mitgeteilt wurde, von welchem Berufungsgrund, welchen Miterben und welchen Erbquoten das Grundbuchamt ausgeht und mit welchem konkreten Inhalt somit ein Erbschein vorzulegen sei. Diese Angaben sind auch dem in der Akte befindlichen Schreiben der Nachlassabteilung vom 4. Februar 2014, auf welches das Grundbuchamt verwiesen hat, nicht zu entnehmen. Da es somit an der gebotenen Konkretisierung seitens des Grundbuchamtes gefehlt hat, war der Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aufzuheben.
    Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels war weder eine Kostenentscheidung noch eine Wertfestsetzung oder eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlasst.
    Hinweise
    Die Entscheidung ist rechtskräftig.

    RechtsgebieteGBO, FamFG, ZPO, VorschriftenGBO § 82; FamFG § 35 Abs. 5; ZPO § 567; ZPO § 569