25.08.2015 · IWW-Abrufnummer 179039
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 28.07.2015 – XII ZB 674/14
BGB § 1896 ;
FamFG § 303 Abs. 4
a) Der Betreuer kann eine Vorsorgevollmacht nur widerrufen, wenn ihm diese Befugnis als eigenständiger Aufgabenkreis ausdrücklich zugewiesen ist (Abgrenzung zu den Senatsbeschlüssen vom 13. November 2013 - XII ZB 339/13 -FamRZ 2014, 192und vom 1. August 2012 - XII ZB 438/11 -FamRZ 2012, 1631).b) Dieser Aufgabenkreis darf einem Betreuer nur dann übertragen werden, wenn das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Betroffenen geeignet erscheinen.
c) Auch nach einem wirksamen Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Betreuer kann der Bevollmächtigte noch im Namen des Betroffenen Beschwerde gegen die Betreuerbestellung einlegen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 15. April 2015 - XII ZB 330/14 -FamRZ 2015, 1015und vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 -FamRZ 2015, 249).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 13. November 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ihre Beschwerde verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Beschwerdewert: 5.000 €
Gründe
I.
1
Die 84jährige Betroffene leidet an einer Demenz nach hirnorganischer Veränderung durch einen Hirninfarkt, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Um ihre Belange kümmerte sich zunächst der Beteiligte zu 3 (im Folgenden: Bevollmächtigter), bis die Betroffene im Laufe des Jahres 2010 den Verdacht schöpfte, von ihm hintergangen zu werden. Etwa im März oder im April 2010 widerrief die Betroffene eine ihm erteilte Bankvollmacht.
2
Am 10. November 2010 bestellte das Amtsgericht Herrn B. (im Folgenden: erster Betreuer) als ehrenamtlichen Betreuer für die Aufgabenkreise der Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten und Vertretung bei Behörden und Ämtern.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 10. Februar 2012 zeigte der Bevollmächtigte an, dass die Betroffene ihm, ersatzweise Dr. Z., bereits am 19. Juli 2004 notarielle Vorsorgevollmacht erteilt hatte. In derselben Urkunde ist für den Fall der trotz Vorsorgevollmacht notwendigen Einrichtung einer Betreuung der Bevollmächtigte, hilfsweise die Ersatzbevollmächtigte, als Betreuer vorgeschlagen.
4
Mit Schreiben vom 20. Februar 2012 und vom 1. März 2012 widerrief jeweils der erste Betreuer die dem Bevollmächtigten erteilte Vorsorgevollmacht. In der Folgezeit äußerte die Betroffene gegenüber der Betreuungsbehörde den Wunsch, dass die Vollmacht Bestand haben solle.
5
Mit Beschluss vom 16. Januar 2013 bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 2 (im Folgenden: jetziger Vermögensbetreuer) als Berufsbetreuer für die Aufgabenkreise Vermögensangelegenheiten und Vertretung bei Behörden und Gerichten und Sozialversicherungsträgern sowie den Bevollmächtigten als Betreuer für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge einschließlich Zustimmung zu unterbringungsähnlichen Maßnahmen. Mit weiterem Beschluss vom 24. Januar 2014 hat das Amtsgericht die Betreuung durch den Bevollmächtigten aufgehoben und die Aufgabenkreise des jetzigen Vermögensbetreuers um den Punkt "Widerruf der durch den Notar [...] beurkundeten Vorsorgevollmacht betreffend die Aufgabenkreise Vermögensangelegenheiten und Vertretung vor Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern" erweitert. Der Beschluss wurde dem jetzigen Vermögensbetreuer am 10. Februar 2014 zugestellt. Mit Schreiben vom darauffolgenden Tag widerrief dieser die Vorsorgevollmacht gegenüber dem Bevollmächtigten in Bezug auf die vorgenannten Aufgabenkreise.
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Gegen den Beschluss vom 24. Januar 2014 hat die Betroffene, vertreten durch den Bevollmächtigten, Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung der Betreuung, zumindest aber einer Auswechslung des Betreuers, eingelegt, die das Landgericht verworfen hat. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer - ebenfalls vom Bevollmächtigten in ihrem Namen eingelegten - Rechtsbeschwerde.
II.
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1. Die nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 und 2 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Betroffene wirksam durch den Bevollmächtigten gemäß § 303 Abs. 4 FamFG , der auch im Verfahren der Rechtsbeschwerde anzuwenden ist (Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 303 Rn. 61), vertreten. Nach dieser Vorschrift kann der Vorsorgebevollmächtigte gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Die Vertretungsmacht ist nicht durch einen Widerruf der Vorsorgevollmacht entfallen.
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a) Einen möglicherweise im Jahr 2010 erklärten Widerruf der Vorsorgevollmacht durch die Betroffene selbst hat das Landgericht nicht festgestellt. Soweit das Amtsgericht auf eine Mitteilung des ersten Betreuers über einen Vollmachtwiderruf Bezug nimmt, berichtet er hierin nur von dem Widerruf einer Bankvollmacht. In diesem liegt aber nicht auch der Entzug der Vorsorgevollmacht.
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b) Zutreffend ist weiterhin bereits das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Vollmacht auch nicht durch den ersten Betreuer wirksam widerrufen worden war.
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aa) Diesem waren zwar die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten und Vertretung bei Behörden und Ämtern zugewiesen worden. Das schloss jedoch die Befugnis zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht bzw. des zugrundeliegenden Auftragsverhältnisses - auch beschränkt auf die Aufgabenkreise des Betreuers - nicht ein. Diese Befugnis beinhaltet einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff und muss deswegen dem Betreuer als eigener Aufgabenkreis zugewiesen werden.
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(1) Der (Kontroll-)Betreuer, der den Widerruf erklärt, trifft seine Entscheidung in öffentlicher Funktion aufgrund eines ihm staatlich übertragenen Amtes. Bereits die Zuweisung des Aufgabenkreises des Vollmachtwiderrufs stellt damit letztlich einen gewichtigen staatlichen Eingriff in das von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen dar, dessen Ausfluss die erteilten Vorsorgevollmachten sind, weshalb sich der Eingriff am Grundrechtsschutz messen lassen muss (BVerfGFamRZ 2008, 2260, 2261 f.; vgl. BGHZ 193, 337 =FamRZ 2012, 1366, Rn 27 ff.; kritisch LippFamRZ 2013, 913, 916).
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(a) Der Grundrechtseingriff ist besonders weitreichend, weil die Auswirkungen nach Ausübung der Befugnis irreversibel sind.
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(aa) Nach zutreffender Auffassung führt der Widerruf durch den mit diesem Aufgabenkreis betrauten Betreuer zum Erlöschen der Vollmacht, ohne dass dies rückgängig gemacht werden könnte (vgl. KG FGPrax 2009, 110 [KG Berlin 03.02.2009 - 1 W 530/07] ; OLG Frankfurt FGPrax 2009, 67, 68 [OLG Frankfurt am Main 27.01.2009 - 20 W 504/08] ). Das ergibt sich aus der Rechtsstellung des Betreuers, der im Außenverhältnis als gesetzlicher Vertreter im Rahmen der zugewiesenen Aufgabenkreise die Rechte des Betroffenen wie dieser wahrnehmen kann. Der Betreuer kann daher die Vorsorgevollmacht nach § 168 Satz 2 BGB widerrufen, sofern sich nicht aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis ein anderes ergibt. Da dieses Rechtsverhältnis in der Regel ein Auftragsverhältnis ist, das für den Betroffenen selbst frei widerrufbar ist ( § 671 Abs. 1 Alt. 1 BGB ), ergibt sich hieraus nichts anderes. Das Erfordernis eines wichtigen Grundes oder anderer Widerrufsbeschränkungen kann allenfalls durch den Betroffenen bei Erteilung der Vollmacht bzw. durch besondere Vereinbarung im zugrundeliegenden Rechtsverhältnis begründet werden (NeddenBoegerFamRZ 2014, 1589, 1593 ff.). Die weitergehende Auffassung, wonach der Vollmachtwiderruf durch den Betreuer unter der materiellen Voraussetzung des Vorliegens eines wichtigen Grundes stehe, ohne dessen Vorliegen der Betreuer die Grenzen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht überschreite und der Widerruf dann von vornherein unwirksam sei (Rieger Festschrift D. Schwab 2005 S. 1043, 1050 f.), findet im Gesetz keine Stütze.
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(bb) Der in der Literatur vertretenen Auffassung, auf den Widerruf von Vorsorgevollmachten sei die Vorschrift des § 47 FamFG in verfassungskonformer Auslegung dann nicht anzuwenden, wenn auf die Beschwerde hin die Betreuerbestellung oder jedenfalls der Aufgabenkreis des Vollmachtwiderrufs aufgehoben werde, so dass mit der Aufhebung des Beschlusses der Vollmachtwiderruf als nichtig anzusehen sei (so Prütting/Helms/Fröschle FamFG § 303 Rn. 59; Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 303 Rn. 12; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 303 FamFG Rn. 173; Fröschle FamRZ 2015, 251, 252), ist nicht zu folgen. § 47 FamFG schützt das Vertrauen im Rechtsverkehr auf den Bestand einer wirksam gewordenen Gerichtsentscheidung (Keidel/ Engelhardt FamFG 18. Aufl. § 47 Rn. 1; Beck-OK/Gutjahr [Stand: 15. April 2015] § 47 FamFG Rn. 9; MünchKommFamFG/Ulrici 2. Aufl. § 47 Rn. 1 f.). Diesem Gesetzeszweck liefe es zuwider, wenn in Bezug auf den ausgeübten Widerruf der Vorsorgevollmacht eine Situation einträte, die der schwebenden Unwirksamkeit vergleichbar wäre.
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Zum anderen widerspräche die einschränkende Auslegung des § 47 FamFG dem Wortlaut der Norm. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm findet aber dort ihre Grenze, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (BVerfG NJW 2015, 1359 Rn. 132 [BVerfG 27.01.2015 - 1 BvR 471/10; 1 BvR 1181/10] mwN). Hinzu kommt, dass dem Betroffenen auch nach Ausübung des Widerrufsrechts die Möglichkeit offensteht, nach § 62 FamFG die Verletzung seiner Rechte feststellen zu lassen.
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(cc) Hat der Betreuer die Vollmacht einmal widerrufen, ist eine Neuerteilung in der Regel nicht möglich. Ein Betreuer ist hierzu nicht befugt, denn die Erteilung einer Vorsorgevollmacht wäre im Ergebnis die unzulässige Übertragung der Betreuerbefugnisse auf eine dritte Person (Jürgens Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1902 BGB Rn. 22; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1902 Rn. 51). Dem Betroffenen selbst wird in vielen Fällen die für eine Neuerteilung der Vollmacht erforderliche Geschäfts- bzw. Handlungsfähigkeit fehlen.
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(b) Der Eingriff wird weiter dadurch verstärkt, dass die Ermächtigung des Betreuers zum Vollmachtwiderruf sofort mit deren Bekanntgabe an den Betreuer wirksam wird ( § 287 Abs. 1 FamFG ). Das versetzt den Betreuer in den Stand, den Vollmachtwiderruf zu erklären, noch bevor der Betreute oder der Vollmachtinhaber eine einstweilige Anordnung des Beschwerdegerichts nach § 64 Abs. 3 FamFG erwirken könnte.
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(2) Diese Schwere des in der Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf liegenden Grundrechtseingriffs erfordert zur Wahrung des aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Selbstbestimmungsrechts des Vollmachtgebers eine gesonderte gerichtliche Feststellung der Notwendigkeit der Maßnahme. Die Ermächtigung ist daher weder in allgemein zugewiesenen Aufgabenkreisen eines Regelbetreuers noch in dem allgemeinen Aufgabenkreis eines Kontrollbetreuers nach § 1896 Abs. 3 BGB enthalten. Sie bedarf vielmehr einer besonderen Zuweisung als eigenständiger Aufgabenkreis (vgl. LG MeiningenFamRZ 2015, 955, 956; Nedden-BoegerFamRZ 2014, 1589, 1592; Jurgeleit Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1896 BGB Rn. 107; HK-BUR/Bauer [Stand: Februar 2015] § 1896 BGB Rn. 259 für den Regelbetreuer; anders noch BayObLGFamRZ 1994, 1550; OLGR Köln 2001, 91, 92; KGFamRZ 2007, 1041sowie offenbar Staudinger/Bienwald BGB [2013] § 1896 Rn. 337). Denn das Gericht darf dem Betreuer nicht die Rechtsmacht an die Hand geben, anstelle des Vollmachtgebers nach eigenem Belieben Vorsorgedispositionen aus dem persönlichen Gestaltungsbereich zu treffen. Zwischen einem Regelbetreuer und einem Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB ist insoweit auch nicht zu unterscheiden. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 11/4528 S. 226) ist nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB die Widerrufsbefugnis automatisch verliehen sei (a.A. HK-BUR/Bauer/Deinert [Stand: Februar 2015] § 1896 Rn. 262). Denn die Gesetzesbegründung geht an anderer Stelle davon aus, mit der Bestellung eines Kontrollbetreuers sei keinerlei Rechtseingriff verbunden (BT-Drucks. 11/4528 S. 97 f.); auch im Gesetzestext findet sich keine ausdrückliche Zuweisung dieser Befugnis. Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht den in der (Kontroll-)Betreuerbestellung als solcher liegenden Eingriff einerseits und den durch Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf darüber hinaus gehenden Eingriff andererseits als unterschiedlich schwerwiegend bewertet (vgl. BVerfGFamRZ 2008, 2260, 2261). Soweit die Ausführungen des Senats in den Senatsbeschlüssen vom 13. November 2013 - XII ZB 339/13 -FamRZ 2014, 192 Rn. 14und vom 1. August 2012 - XII ZB 438/11 -FamRZ 2012, 1631 Rn. 8dahingehend verstanden werden könnten, dass der Kontrollbetreuer ggf. auch ohne ausdrückliche Zuweisung dieses Aufgabenkreises zum Widerruf der Vollmacht berechtigt sei, hält er hieran nicht fest.
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(3) Das gleiche gilt für die Ermächtigung zur Beendigung des der Vollmacht zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, wodurch gemäß § 168 Satz 1 BGB die Vollmacht ebenfalls erlischt (vgl. auch Fröschle FamRZ 2015, 251).
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bb) Da im vorliegenden Fall dem ersten Betreuer nicht der Aufgabenkreis des Widerrufs der Vorsorgevollmacht ausdrücklich zugewiesen war, konnte ein von ihm ausgesprochener Widerruf keine Wirksamkeit entfalten.
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c) Auch durch den vom jetzigen Vermögensbetreuer am 11. Februar 2014 erklärten (teilweisen) Widerruf der Vorsorgevollmacht ist die Vertretungsmacht zur Einlegung der Beschwerde und der Rechtsbeschwerde nicht entfallen.
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aa) Zwar ist der Teilwiderruf wirksam. Denn der Aufgabenkreis des (teilweisen) Vollmachtwiderrufs war dem Betreuer ausdrücklich zugewiesen. Dabei kann offen bleiben, ob im Falle einer Kontrollbetreuung ( § 1896 Abs. 3 BGB ) auch ein Rechtspfleger im Rahmen der ihm nach §§ 3 Nr. 2 , 15 Abs. 1 S. 2 RPflG übertragenen Geschäfte den Aufgabenkreis des Vollmachtwiderrufs zuweisen könnte oder ob dies - im Hinblick auf das besondere Gewicht des Grundrechtseingriffs und zur Wahrung der in Art. 19 Abs. 4 GG statuierten Rechtsweggarantien - dem Richter vorbehalten ist (vgl. BVerfG NJW 1967 1219, 1221; Nedden-BoegerFamRZ 2015, 554, 555). Denn im vorliegenden Fall hat der Richter entschieden. Aufgrund der ausdrücklichen richterlichen Zuweisung des Aufgabenkreises konnte der Betreuer den Vollmachtwiderruf wirksam erklären.
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bb) Durch den Widerruf der Vorsorgevollmacht entfällt aber nicht die Vertretungsmacht nach § 303 Abs. 4 FamFG . Diese Vertretungsmacht endet erst mit dem Abschluss des Verfahrens über die Rechtmäßigkeit der Betreuerbestellung bzw. wenn dieses nicht mehr in zulässiger Weise eingelegt bzw. weiterverfolgt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 15. April 2015 - XII ZB 330/14 -FamRZ 2015, 1015 Rn. 13 f.).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfordert der nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz - auch im Fall des Vollmachtwiderrufs -, ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv zu machen (BVerfGFamRZ 2008, 2260, 2261). Daraus wird zu Recht gefolgert, § 303 Abs. 4 FamFG müsse verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass der Widerruf der Vollmacht durch den Betreuer nicht die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren zur Überprüfung eben dieser Betreuerbestellung beseitigt (Prütting/ Helms/Fröschle FamFG § 303 Rn. 59; Bahrenfuss/Brosey FamFG § 303 Rn. 10; AG MannheimFamRZ 2012, 1741(LS); vgl. auch LocherFamRB 2014, 416, 417; aA Bassenge/Roth FamFG 12. Aufl. § 303 Rn. 8; Stauch in Jurgeleit Betreuungsrecht 3. Aufl. § 303 Rn. 51; Jürgens/Kretz Betreuungsrecht 5. Aufl. § 303 FamFG Rn. 13). Da dem Bevollmächtigten durch die Befugnis, im Namen des Betroffenen Beschwerde einzulegen, gerade die Überprüfung der Betreuerbestellung ermöglicht werden soll, steht der Widerruf der Vollmacht durch einen Betreuer dem Beschwerderecht nicht entgegen (Bienwald/Sonnenfeld Betreuungsrecht § 303 FamFG Rn. 53). Damit soll gewährleistet werden, dass dem Rechtsmittel nicht durch einen vom Betreuer erklärten Widerruf der Vollmacht die Grundlage entzogen werden kann (Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 303 Rn. 12). Ein Wegfall der Vertretungsmacht wäre angesichts des schweren Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht mit dem nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz vereinbar (vgl. BVerfGFamRZ 2008, 2260, 2261). Das Recht, die Interessen des Betroffenen im Betreuungsverfahren wahrzunehmen, in dem es um den Aufgabenkreis des Widerrufs der Vorsorgevollmacht geht, ist daher ein der Vorsorgevollmacht immanentes und der Verfügungsgewalt des Betreuers entzogenes Recht, so wie es dem Betreuer auch nicht möglich wäre, als gesetzlicher Vertreter des Betroffenen ( § 1902 BGB ) ein von diesem persönlich oder durch den Vorsorgebevollmächtigten ergriffenes Rechtsmittel zurückzunehmen (vgl. auch Rieger Festschrift D. Schwab 2005 S. 1043, 1058 f.). Dies berücksichtigt auch, dass der Betroffene mit der Vorsorgevollmacht gerade dafür sorgen will, dass er sich nicht selbst gegen staatliche Eingriffe wehren muss, sondern dass dies der Vorsorgebevollmächtigte in seinem Namen kann (Fröschle FamRZ 2015, 251, 252).
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Weil die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren Ausdruck des grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen ist, kann sie auch durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers und dessen Interessenwahrnehmung für den Betroffenen nicht ersetzt, sondern nur ergänzt werden.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
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a) Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen als unzulässig verworfen, weil der Bevollmächtigte nicht berechtigt gewesen sei, Beschwerde im Namen der Betroffenen einzulegen. Das Beschwerderecht nach § 303 Abs. 4 Satz 1 FamFG bestehe dann nicht mehr, wenn die Vorsorgevollmacht hinsichtlich der den Beschwerdegegenstand bildenden Aufgabenkreise - wie hier - durch einen gerichtlich bestellten Betreuer wirksam widerrufen worden sei.
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b) Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
29
aa) Aus den oben ausgeführten, für das Beschwerdeverfahren in gleicher Weise geltenden Gründen hat das Landgericht mit unzutreffenden Erwägungen die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten für die Betroffene im Beschwerdeverfahren nach § 303 Abs. 4 FamFG verneint.
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bb) Die Beschwerde ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig. Durch die wirksame Erklärung des Widerrufs ist zwar die Betreuerbestellung hinsichtlich des Aufgabenkreises Vollmachtwiderruf erledigt. Insoweit besteht aber noch die Möglichkeit, die Beschwerde mit dem Ziel der Feststellung einer Verletzung von Rechten der Betroffenen nach § 62 FamFG fortzuführen. Das Beschwerdegericht hat der Betroffenen bislang noch keine Möglichkeit gewährt, den hierfür erforderlichen Antrag (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 - XII ZB 245/10 -FamRZ 2011, 1390 Rn. 8) zu stellen. Darüber hinaus ist die Vertretungsmacht nach § 303 Abs. 4 FamFG nicht darauf beschränkt, dass der Bevollmächtigte im Namen der Betroffenen nur gegen die Betreuerstellung im Hinblick auf den Aufgabenkreis des Widerrufs vorgehen könnte. Der Aufgabenkreis des Bevollmächtigten ist auch insoweit betroffen, als für die Aufgabenkreise, in denen er bevollmächtigt war, Betreuung angeordnet und ein Betreuer bestellt wurde. Insoweit kann er im Namen der Betroffenen weiterhin das Ziel verfolgen, dass die Betreuung aufgehoben oder der Bevollmächtigte nunmehr als Betreuer für die betroffenen Aufgabenbereiche eingesetzt wird (vgl. NeddenBoegerFamRZ 2014, 1589, 1596).
31
3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, da der Senat über die Beschwerde der Betroffenen nicht abschließend entscheiden kann.
III.
32
1. Bei der erneuten Befassung wird das Landgericht im Falle entsprechender Antragstellung folgendes zu berücksichtigen haben:
33
a) Gerechtfertigt ist eine gerichtliche Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf allein zu dem Zweck, eine Gefährdungslage für den Betroffenen abzuwenden. Der Aufgabenkreis Vollmachtwiderruf kann daher einem Betreuer nur dann übertragen werden, wenn das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt.
34
b) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert ferner, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass mildere Mittel nicht zur Abwehr eines Schadens zur Verfügung stehen.
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aa) Der mit der Ermächtigung des Betreuers zum Vollmachtwiderruf verbundene Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen ist dann verhältnismäßig, wenn er geeignet, erforderlich und angemessen ist, um Schaden vom Betroffenen abzuwenden und er dadurch dessen Wohl gemäß den Zielen des Erwachsenenschutzes dient. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Vollmachtwiderruf seinerseits eine Betreuungsnotwendigkeit begründen oder perpetuieren kann und dieses gerade dem mit der Vorsorgevollmacht verfolgten und durch § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB geförderten Zweck widerspricht, eine Betreuung zu vermeiden.
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bb) Sind behebbare Mängel bei der Vollmachtausübung festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz regelmäßig zunächst den Versuch, durch einen zu bestellenden (Kontroll-)betreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung ( § 666 BGB ) sowie die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Die Ausübung der Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten ist als geringerer Grundrechtseingriff grundsätzlich vorrangig vor einer Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf (vgl. auch BT-Drucks. 11/4528, S. 123). Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder es aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheint, drohende Schäden auf diese Weise abzuwenden, ist die Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf, der die ultima ratio darstellt, verhältnismäßig.
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2. Ferner wird zu berücksichtigen sein, dass zwar das Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise einen schwerwiegenden Interessenkonflikt zwischen der Betroffenen und ihrem Bevollmächtigten festgestellt hat, aufgrund dessen er als Betreuer für Vermögensangelegenheiten nicht in Betracht kommen dürfte. Es fehlt jedoch an einer Prüfung, weshalb nicht die mit der Vorsorgevollmacht eingesetzte Ersatzbevollmächtigte Dr. Z. ihre Ersatzvollmacht zum Wohle der Betroffenen einsetzen kann, wodurch der Betreuungsbedarf, was die Vermögensangelegenheiten und Vertretung bei Behörden und Gerichten und Sozialversicherungsträgern betrifft, entfallen könnte ( § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ).
Dose
Weber-Monecke
Schilling
Günter
Nedden-Boeger