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  • 10.09.2018 · IWW-Abrufnummer 204287

    Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 16.04.2018 – 17 W 39/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim Landgericht Köln vom 20. Oktober 2017 – 22 O 375/13 – wird aufgehoben. Eine Kostenerstattung auf der Grundlage des Festsetzungsantrages der Beklagten vom 24. April 2017 findet nicht statt.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten.

    Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 1.063,03 €
     
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    G r ü n d e :
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    I.
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    Mit der Klage machte der Kläger Ansprüche als Pflichtteilsberechtigter gegen die Beklagten als Erben geltend. Während des laufenden Rechtsstreits holten die Beklagten ein Privatgutachten ein zur Ermittlung des Wertes einer Eigentumswohnung, nachdem sie durch Teil-Anerkenntnisurteil hierzu verurteilt worden waren. Dafür fielen Kosten in Höhe von 1.518,61 € an. Der Rechtsstreit endete vor dem Landgericht mit einem Urteil. Danach haben der Kläger 70 % und die Beklagten 30 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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    Zur Festsetzung angemeldet haben die Beklagten u. a. die ihnen durch die Einholung des Privatgutachtens entstandenen Kosten. Sie sind der Ansicht, es handele sich um Kosten des Rechtsstreits, die auf der Grundlage der Kostenentscheidung des Landgerichts aufzuteilen seien. Das Gutachten sei zur Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs des Klägers von maßgeblicher Bedeutung gewesen, da sich dieser darauf berufen habe, einen solchen Anspruch in nicht unerheblicher Höhe zu haben. Es handele sich nicht um Nachlassverbindlichkeiten. Sie seien vom Kläger vorprozessual zu keinem Zeitpunkt aufgefordert worden, ein Wertermittlungsgutachten einzuholen.
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    Der Kläger verweist darauf, dass ihm als Pflichtteilsberechtigtem ein umfassender Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB zugestanden habe den Nachlass betreffend. Dazu zähle auch der Wert einzelner Nachlassgegenstände. Die diesbezüglich angefallenen Kosten seien Nachlassverbindlichkeiten und von den Beklagten als Erben zu tragen. Die von diesen angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Rpfleger 1983, 486) sei nicht einschlägig.
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    Die Rechtspflegerin hat die Festsetzung bezüglich der für die Einholung des Privatgutachtens entstandenen Kosten antragsgemäß durchgeführt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Privatgutachten sei im Hinblick auf einen konkreten Rechtsstreit eingeholt und vom Gericht in seinem Urteil verwertet worden. Hierzu hat sie sich auf die Kommentierung bei Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl., § 2314 Rn. 19, berufen. Der sofortigen Beschwerde des Klägers hat sie nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
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    II.
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    Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch im Übrigen unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg.
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    Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin ist aufzuheben. Zu Unrecht ist sie davon ausgegangen, dass es sich bei den Kosten für das eingeholte Privatgutachten um Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO handelt.
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    1.
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    Gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Erbe – hier also die Beklagten – dem Pflichtteilsberechtigten auf Verlangen Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen. Ebenso steht ihm das Recht zu zu verlangen, dass der Wert des Nachlasses ermittelt wird, § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Ermittlung des Wertes der Nachlassgegenstände erfolgt durch ein Gutachten eines unparteiischen und unabhängigen Sachverständigen (BGH NJW 1989, 2887). Die dafür anfallenden Kosten fallen dem Nachlass zur Last, § 2314 Abs. 2 BGB, sind folglich Nachlassverbindlichkeiten. Der Erbe ist vorschusspflichtig (Erman/Röthel, BGB, 15. Aufl., § 2314 Rn. 9).
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    Die Gutachterkosten fallen dagegen nicht dem Nachlass zur Last, wenn nicht der Erbe, sondern der Pflichtteilsberechtigte als Auskunftsberechtigter ein Gutachten zur Wertermittlung eigenmächtig erstellen lässt. Die hierfür anfallenden Kosten kann er nicht auf den Nachlass abwälzen (OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 393; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 454; Lange MK-BGB, 7. Aufl., § 2314 Rn. 51). Vielmehr handelt es sich dann um Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO, deren Erstattungsfähigkeit davon abhängt, ob die Einholung des Privatgutachtens notwendig war, um der Darlegungspflicht im Prozess Genüge zu tun, nicht aber davon, ob dem Pflichtteilsberechtigten ein Wertermittlungsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB zustand (OLG München Rpfleger 1983, 486; Lange, a.a.O.). Ebenfalls um nach § 91 ZPO zu beurteilende Kosten des Rechtsstreits handelt es sich dann, wenn der Erbe im laufenden Rechtsstreit ein Privatgutachten einholt, um ein Gerichtsgutachten zur Wertermittlung zu widerlegen oder zumindest zu erschüttern oder gegenüber dem Prozessgegner „Waffengleichheit“ herzustellen (OLG Stuttgart ZEV 2007, 536; Palandt/Weidlich, § 2314 Rn. 19).
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    2.
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    Hiernach handelt es sich bei den Kosten, die die Beklagten für die Einholung eines Wertermittlungsgutachtens aufgewandt haben, nicht um im Rahmen der Festsetzung gemäß §§ 103 f. ZPO zu berücksichtigende Kosten. Einer der unter vorstehender Ziffer dargelegten Ausnahmefälle liegt nicht vor. Dem Kläger stand kraft Gesetzes ein Wertermittlungsanspruch gegen die Beklagten zu, den diese durch Einholung eines Wertermittlungsgutachtens auf Kosten des Nachlasses zu erfüllen hatten. Die dafür angefallenen Kosten unterfallen nicht deshalb der Beurteilung des § 91 ZPO, weil die Beklagten das Privatgutachten erst auf Grund ihrer Verurteilung durch Teilurteil eingeholt haben. Anderenfalls würde dem auskunftspflichtigen Erben die Möglichkeit eröffnet, durch Einholung des Gutachtens erst während des laufenden Rechtsstreits die dafür anfallenden Kosten vom Nachlass fernzuhalten und ggf. sogar Erstattung vom Pflichtteilsberechtigten zu erlangen.
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    3.
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    Soweit die Beklagten meinen, Erstattungsfähigkeit sei deshalb gegeben, weil das Landgericht das Gutachten verwertet habe und sich dabei auf die Kommentierung von Palandt/Weidlich, a.a.O., beziehen, der seinerseits auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Rpfleger 1983, 486) verweist, ist darauf hinzuweisen, dass diese Ansicht überholt ist. Auf die Tatsache der Verwertung kommt es nicht an. Entscheidend ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, ob die Partei zu dem Zeitpunkt, als sie sich zur Einholung des Privatgutachtens entschloss, ex ante betrachtet diese Maßnahme als sachdienlich ansehen durfte (BGH NJW 2012, 1370). Dass durch das Privatgutachten der Verlauf des Rechtsstreits beeinflusst wird, lehnt der Bundesgerichtshof (NJW 2013, 1824 Tz. 8 – juris -) als Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ausdrücklich ab. Dies gilt jedenfalls für vorprozessual eingeholte Privatgutachten. Kosten für während des laufenden Rechtsstreits eingeholte Privatgutachten sind ebenfalls nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig, etwa wenn der Partei die nötige Sachkunde fehlt, ordnungsgemäß vorzutragen, aus Gründen der Waffengleichheit, etwa weil der Prozessgegner über eine besondere Sachkunde verfügt oder um auf ein gerichtlicherseits eingeholtes Gutachten adäquat erwidern zu können (s. Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 91 Rn. 13 „Privatgutachten“ m.w.N.).
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    4.
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    Allerdings wären die in Rede stehenden Kosten auch noch aus einem anderen Gesichtspunkt nicht erstattungsfähig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2007, 1532 Tz. 11 – juris -) ist eine Prüfung im Rahmen der Kostenfestsetzung dahingehend erforderlich, ob die vom Privatgutachter in Rechnung gestellte Stundenzahl als angemessen erscheint. Die Durchführung dieser Prüfung ist vorliegend ausgeschlossen, weil der Privatgutachter wie folgt liquidiert hat:
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    - Sockelbetrag                                                                                     700,00 €
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    - plus 35 % Schwierigkeitsstufe                                                            245,00 €
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    - plus 2,25 ‰ des Verkehrswertes                                                       222,75 €
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    - plus Nebenkosten 5 %                                                                        58,39 €.
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    Den Beklagten ist aber keine Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme zu geben, da die Erstattungsfähigkeit – wie oben dargelegt – schon dem Grunde nach nicht gegeben ist.
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    5.
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    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.