22.06.2020 · IWW-Abrufnummer 216364
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 15.01.2020 – 6 W 45/19
Bei der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments ist zu prüfen, ob ein nach dem Verhalten des einen Ehegatten mögliches Auslegungsergebnis auch dem Willen des anderen Teiles entsprochen hat.
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) bis 6.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neukölln - Nachlassgericht - vom 04.04.2019 wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert von 320.000,- € zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 2.) bis 10.) sind die Geschwister der Erblasserin bzw. Abkömmlinge vorverstorbener Geschwister. Der Beteiligte zu 1.) ist der Patensohn des Ehemannes der Erblasserin; verwandtschaftliche Beziehungen zu der Erblasserin und ihrem 2011 vorverstorbenern Ehemann, die beide kinderlos waren, bestanden nicht.
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten am 22. Januar 1992 handschriftlich ein gemeinschaftliches Testament mit folgendem Inhalt verfasst:
"Unser Testament
Wir ... setzen uns gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein.
Im Falle eines gemeinsamen Todes setzen wir unser Patenkind C###### H## als unseren Alleinerben ein."
Der Beteiligte zu 1.) hat die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als testamentarischen Alleinerben der Erblasserin ausweist, beantragt (Bd. 1 Bl. 8 ff.). Er hat vorgetragen, die Eheleute hätten bei der Errichtung des Testamentes den Willen gehabt, ihn unabhängig vom zeitlichen Abstand ihres Ablebens zum Schlusserben des Längstlebenden einzusetzen.
Die Beteiligte zu 2.) hat die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt (Bd. 1 Bl. 114 ff.) und geltend gemacht, da die Eheleute im Abstand von vielen Jahren verstorben sind, greife die auf den Fall des gemeinsamen Todes der Eheleute beschränkte testamentarische Erbeinsetzung nicht ein. Eine Schlusserbeneinsetzung enthalte das Testament nicht.
Das Nachlassgericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung zu der Frage, ob nach dem konkreten Willen der Testatoren bei der Abfassung des Testaments der in dem Testament benannte Alleinerbe auch für den Fall des nicht gleichzeitigen (gemeinsamen) Todes der Erblasser als Alleinerbe eingesetzt ist. Auf die Sitzungsniederschrift vom 18. Januar 2019 wird verwiesen, auch zum Ergebnis der Beweisaufnahme (Bd. 1 Bl. 134 ff. d. A.).
Mit Beschluss vom 04.04.2019 hat das Nachlassgericht die zur Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen entsprechend dem Antrag des Beteiligten zu 1.) für festgestellt erachtet und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2.) zurückgewiesen. Dazu hat es im Ergebnis ausgeführt, die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass die Eheleute davon ausgegangen sind, mit dem Testament eine Regelung getroffen zu haben, nach der der Beteiligte zu 1.) nach dem Tod des Letztversterbenden dessen Erbe werde. Dieser Wille sei auch formwirksam niedergelegt, da er im Testament angedeutet sei. Auf die Beschlussgründe wird verwiesen.
Gegen diesen Beschluss, insbesondere die dortige Beweiswürdigung, wenden sich die Beteiligten zu 2.) bis 6.) mit ihrer Beschwerde. Sie machen geltend, die Aussagen der Zeugen seien zum Teil abgesprochen und verleumderisch gewesen. Den als Zeugen vernommenen P## M### bezeichnen sie als Choleriker und eigennützig, seine Aussage sei nur durch seine Geld- und Habgier zu erklären. Die Aussagen der Zeugen B## seien davon geleitet, die Interessen des Beteiligten zu 1.) zu stützen. Die Angaben der Zeuginnen F### und S#### seien nicht glaubhaft. Die Aussage der Zeugin F#### zeige im Übrigen ein getrübtes Verhältnis der Erblasserin und des Beteiligten zu 1.) und stütze damit ihre Beschwerde.
Die Beteiligte zu 2.) macht ergänzend geltend, die Angaben der Zeugen seien nicht geeignet, den Willen beider Testatoren zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu erforschen. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass eine uneingeschränkte Erbeinsetzung wegen eines Verstoßes gegen das Formerfordernis des § 2247 BGB unwirksam sei, weil ein entsprechender Wille auch nicht andeutungsweise zum Ausdruck komme.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II.
1. Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2.) bis 6.) ist unbegründet.
Das Nachlassgericht hat zu Recht die zur Erteilung des vom Beteiligten zu 1.) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen festgestellt und den Antrag der Beteiligten zu 2.) zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 1.) ist kraft letztwilliger Verfügung vom 22. Januar 1992 Alleinerbe nach der Erblasserin geworden.
Die Erblasserin und ihr Ehemann haben den Beteiligten zu 1.) in ihrem Testament zu ihrem alleinigen Schlusserben bestimmt, der nach dem Tod des letztversterbenden Ehepartners dessen Erbe ist. Das ist in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute zwar nicht ausdrücklich festgelegt, aber als Ergebnis der Auslegung des Testaments, die das Nachlassgericht zutreffend vorgenommen hat, als Wille der Erblasserin festzustellen (dazu unter a.). Dieser Wille der Erblasserin ist auch in der gemäß § 2247 BGB geltenden Form für privatschriftliche Testamente erklärt (dazu unter b.).
a. Bei der Auslegung eines Testaments ist gemäß §§ 133, 2084 BGB der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Dabei darf sich der Tatrichter nicht auf eine Analyse des Wortlauts beschränken, sondern muss auch alle ihm zugänglichen Umstände außerhalb des Testaments auswerten, die zur Aufdeckung des Erblasserwillens beitragen können. Es geht insoweit um die Klärung der Frage, was der Erblasser mit seinen Worten zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments sagen wollte. Diese Grundsätze sind gefestigte und ständig vertretene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Testamentsauslegung (vgl. BGH, Urteil vom 07.10.1992 - IV ZR 160/91 Rz. 10, juris, FamRZ 1993, 318; Urteil vom 19. 06.2019 - IV ZB 30/18 -, Rn. 15 m.w.N., ErbR 2019, 642, Rz. 15), der der Senat folgt. Handelt es sich - wie hier - um ein gemeinschaftliches Testament, dann ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei der Auslegung ferner zu prüfen, ob ein nach dem Verhalten des einen Ehegatten mögliches Auslegungsergebnis auch dem Willen des anderen Teiles entsprochen hat (BGH - IV ZR 160/91 -, a.a.O., Rn. 12).
Im vorliegenden Fall ist durch Auslegung zu ermitteln, was die Testierenden mit der im zweiten Absatz der letztwilligen Verfügung getroffenen Erbfolgeneinsetzung, die nach dem Wortlaut für den Fall des "gemeinsamen Todes" gilt, sagen wollten. Es ist klärungsbedürftig, ob die Eheleute mit diesen Worten auch den Fall erfassen wollten, dass sie in einem größeren zeitlichen Abstand versterben.
Schon der Wortlaut des Testaments lässt ein solches Verständnis zu. Die Verwendung des Begriffs "gemeinsamer Tod" ist nach allgemeinem Sprachverständnis - anders als der Begriff "gleichzeitiger Tod" - nicht notwendig auf einen identischen Todeszeitpunkt oder einen engen zeitlichen Zusammenhang beschränkt, mit ihm kann auch der Tod beider Eheleute nach dem Versterben des länger lebenden Ehegatten als "gemeinsamer" Zustand verstanden werden. Denn das Eigenschaftswort "gemeinsam" beinhaltet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine zeitliche Komponente, sondern hat die Bedeutung von "zusammen", "miteinander" oder "gemeinschaftlich". Die Betonung liegt damit nicht auf einem in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehenden Ereignis, sondern kann auch auf einen Sachverhalt hindeuten, der einen "gemeinsamen" Zustand, nämlich den Tod beider Eheleute nach dem Versterben des zunächst überlebenden Ehegatten beschreibt. Dementsprechend kann die Formulierung auch in dem Sinne zu verstehen sein, dass damit der Zeitpunkt gemeint sein soll, in dem beide Eheleute "gemeinsam" tot sind, also im Sinne "wenn wir beide tot sind", und dass für diesen Fall die Einsetzung des Alleinerben als Schlusserben des Letztversterbenden erfolgen sollte (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 31.01.2019 - 3 W 37/18 -, Rn. 23, FamRZ 2019, 1366; KG, Beschluss vom 14.01.1997 - 1 W 8000/95 -, ZEV 1997, 247; BayObLG, Beschluss vom 25.01.2000 -1Z BR 181/99 -, FamRZ 2000, 1186, 1187 m.w.N. seiner Rspr.; Palandt-Weidlich, BGB, 79. Auflage, § 2269 Rn. 9a; Burandt/Rojahn-Braun, Erbrecht, 3. Auflage, § 2269 Rn. 29; anders OLG Thüringen, Beschluss vom 23.02.2015 - 6 W 516/14 -, FamRZ 2016, 412 mit Anm. Gottwald).
Die Auslegung entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen führt hier zu der Feststellung, dass die Erblasserin wie auch ihr Ehemann die Worte "gemeinsamer Tod" beim Verfassen ihres Testaments im letzteren Sinne verwendet haben. Der Senat folgt der Würdigung der Zeugenaussagen im angefochtenen Beschluss und nimmt darauf Bezug. Die mit den Beschwerden dagegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hat das Nachlassgericht dazu im vorliegenden Fall als Ergebnis seiner Zeugenvernehmung tragfähige, außerhalb der Testamentsurkunde liegende Umstände ermittelt, die sicher darauf schließen lassen, dass die testierenden Eheleute den Beteiligten zu 1.) unabhängig von dem zeitlichen Abstand ihres Todes jeweils zu ihrem Erben bestimmen wollten. Dazu gehört die Bestätigung, dass zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung, der insoweit allein maßgeblich ist, eine enge persönliche Verbundenheit, die einem Eltern-Kind-Verhältnis entsprach, bestanden hatte und die das Motiv für die Erblasserin und ihren Ehemann war, den Beteiligten zu 1.) zu ihrem Erben einzusetzen. Wenn die Erblasserin und ihr Ehemann den Beteiligten zu 1.) mit ihrer letztwilligen Verfügung wie einen Sohn behandeln wollten, spricht das ganz deutlich dafür, dass sie diese Begünstigung nicht auf den sehr unwahrscheinlichen Fall ihres gleichzeitigen Versterbens beschränken wollten. Der Umstand, dass der Beteiligte zu 1.) bei Testamentserrichtung noch ein Kind war, steht dem nicht entgegen. Für den schon bei Testamentserrichtung gegebenen Willen der Erblasserin und ihres Ehemannes, mit ihrer letztwilligen Verfügung den Beteiligten zu 1.) nach dem Tod des länger Lebenden von ihnen zum Erben zu berufen, sprechen auch die von den Zeugen geschilderten Bemerkungen der Erblasserin aus späteren Jahren. Wenn sie in späteren Jahren, nach dem Tod ihres Ehemannes, gegenüber ihrem Bruder, dem als Zeugen vernommenen Beteiligtem zu 7), Herrn P## M###, erklärt hat, sie und ihr Mann hätten ihr Erbe dahin geregelt, dass der Beteiligte zu 1.) Alleinerbe sein solle und den Zeugen auf Unterlagen für die Abwicklung ihrer Angelegenheiten nach dem Tod hinweist und bittet, den Wohnungsschlüssel nach ihrem Tod an den Beteiligten zu 1.) zu übergeben, zeigt dies, dass die Erblasserin unzweifelhaft davon ausging, mit dem gemeinsam verfassten Testament eine Regelung auch für die konkret eingetretene Situation, dass sie selbst ihren Ehemann um Jahre überlebt, getroffen zu haben. Dem Beteiligten zu 7) kommt zwar keine Zeugenstellung zu, seine Bekundungen sind lediglich als Angaben eines persönlich gehörten Beteiligten verwertbar (vgl. Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage, § 30 Rn. 114 m.w.N.). Auf seine Angaben kommt es jedoch nach dem übrigen Ergebnis auch nicht maßgeblich an. Denn die unbeteiligte Zeugin F### hat von Gesprächen berichtet, in denen die Erblasserin den Beteiligten zu 1.) als ihren Alleinerben bezeichnet und gesagt hatte, dass ihr Mann das auch so gewollt habe, was sie nicht mehr ändern wolle. Diese Äußerungen der Erblasserin belegen ihr in Übereinstimmung mit dem Willen ihres Ehemannes bestehendes Verständnis, mit dem vorliegenden Testament eine entsprechende Festlegung zugunsten des Beteiligten zu 1.), der nur testamentarisch als Erbe berufen sein konnte, vorgenommen zu haben. Die Zeugin S####, die Schwester des Ehemannes der Erblasserin, konnte sich an Gespräche im Vorfeld der Testamentserrichtung erinnern und von Plänen berichten, den Beteiligten zu 1.) als Erben nach dem überlebenden Ehegatten i.S. eines Berliner Testamentes einzusetzen, wie auch an Gespräche nach dem Tod ihres Bruders mit der Erblasserin, in denen diese von einer solchen Erbeinsetzung erzählt hatte. Die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben wird entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2.) durch die nur vage und - hinsichtlich der zeitlichen Zusammenhänge - lückenhafte Erinnerung angesichts der großen, seither verstrichenen Zeitspanne nicht eingeschränkt. Schlussendlich haben auch die Zeugen B## bekundet, dass beide Eheleute ihren Sohn (den Beteiligten zu 1.) wie ihren eigenen Sohn behandelt hatten und auch verschiedentlich erwähnt hatten, dass ihr Sohn ihr Erbe sein werde und dass sie nicht wollten, dass ihre Familienangehörigen etwas bekommen. Auch die Haltung der beiden Testierenden, dass ihre jeweilige Herkunftsfamilie nicht an ihrem Nachlass partizipieren sollte, bietet einen sehr starken Anhalt dafür, dass sie schon 1992 den Willen hatten, den Beteiligten zu 1.) unabhängig von ihren Todeszeitpunkten zum Alleinerben des länger lebenden Ehepartners zu bestimmen, weil andernfalls aller Voraussicht nach die Familienangehörigen des länger Lebenden als gesetzliche Erben zum Zuge gekommen wären. Zudem zeigen die Bekundungen der Zeugin F###, dass die Erblasserin und ihr Ehemann nicht bloß den gemeinsamen Willen hatten, den Beteiligten zu 1) als ihren Alleinerben einzusetzen, sondern auch die Vorstellung, dies mit der von ihnen verwendeten Formulierung im gemeinschaftlichen Testament zum Ausdruck gebracht zu haben. Denn die Äußerung der Erblasserin gegenüber der Zeugin F### nach dem Tode ihres Mannes, dass der Beteiligte zu 1) ihr Alleinerben sei, dass auch ihr Mann dies gewollt habe und sie dies nicht mehr ändern wolle, setzt das vormalige übereinstimmende Verständnis der Eheleute bei der Testamentserrichtung voraus, den Beteiligten zu 1) durch die Formulierung: "Im Falle des gemeinsamen Todes ..." als Erben des Letztversterbenden - nachdem beide tot sind - eingesetzt zu haben.
Der Senat sieht keinen Anlass, die Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Zeugen und deren Glaubwürdigkeit abweichend von der Überzeugung, die sich das Nachlassgericht aufgrund seines bei der persönlichen Anhörung gewonnenen Eindrucks gebildet und im Beschluss begründet hat, zu beurteilen. Insbesondere bestehen keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Zeugin F#### und an deren Glaubwürdigkeit. Bei dieser Zeugin handelt es sich um eine jahrzehntelange Freundin der Erblasserin, die kein eigenes Interesse am Ausgang des vorliegenden Verfahrens hat. Allein die persönliche Verbundenheit der Zeugen B## mit ihrem Sohn, dem Beteiligten zu 1., ist nicht geeignet, ihre Glaubwürdigkeit anzuzweifeln. Vielmehr bestätigt der Umstand, dass der Zeuge auch von Missklängen im Verhältnis des Beteiligten zu 1.) und der Erblasserin berichtet hat, die Einschätzung der Glaubwürdigkeit durch das Nachlassgericht. Das Bestehen eines besonderen Näheverhältnisses zwischen dem Beteiligten zu 1. und den Eheleuten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Jahr 1992 wird dadurch im Übrigen auch nicht in Frage gestellt. Der Umstand, dass die Erblasserin ihre Enttäuschung über eine von ihr als unzureichend empfundene Besuchshäufigkeit direkt ausgesprochen und nicht zum Anlass genommen hat, mit dem Beteiligten zu 1.) zu brechen, spricht gerade für eine Verbundenheit, die einer "Eltern-Kind"-Beziehung nahe kommt.
b. Die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1. ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 2247 BGB nichtig. Zur Wahrung dieses Formerfordernisses ist notwendig, aber auch ausreichend, wenn der durch Auslegung ermittelte Erblasserwille im Testament andeutungsweise oder versteckt zum Ausdruck kommt, dort also eine, wenn auch noch so geringe, Grundlage findet (BGH, Urteil vom 19.06.2019 a.a.O., Rz. 16 f.). Das trifft hier zu. Der durch Auslegung ermittelte Erblasserwille kommt im vorliegenden Testament in den Worten "gemeinsamen Todes" zum Ausdruck, weil der Begriff "gemeinsam" bereits nach dem allgemeinen Sprachverständnis nicht auf darauf beschränkt ist, zwei zeitlich zusammenfallende Ereignisse zu bezeichnen (s.o. II.1.a.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
3. Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 61, 40 GNotKG und richtet sich nach dem Wert des Interesses der Beschwerdeführer. Maßgeblich ist dafür der Wert des Nachlasses, der nach den Angaben des Beteiligten zu 1. bei 320.000,- € liegt (Bd. 1 Bl. 9 R).
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG liegen nicht vor. Soweit der Senat dem Begriff des "gemeinsamen Todes" ein anderes Verständnis als das OLG Thüringen a.a.O. beimisst, handelt es sich um eine abweichende Auslegung, die grundsätzlich der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall unterliegt und der Rechtsbeschwerde nicht zugänglich ist, selbst wenn sie bei gleichgelagertem Sachverhalt unterschiedlich ausfällt; denn der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Divergenz im eigentlichen Sinne, die nur dann vorliegt, wenn die Beschwerdeentscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage durch Aufstellen eines abstraktren Rechtssatzes anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder gleichrangigen anderen Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts (vgl. Meyer-Holz, in: Keidel a.a.O. § 70 Rn. 28 f. m.w.N.).