23.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132324
Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 17.01.2013 – 23 WLw 10/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Viersen vom 27.07.2012 (Az.: 10 Lw 21/08) wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
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Gründe
I.
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Die Antragstellerin ist die Mutter des Antragsgegners. Der Ehemann der Antragstellerin und Vater des Antragsgegners verstarb am 22. März 2008. Er war Eigentümer des im Grundbuch Amtsgericht Viersen, Grundbuch von O, eingetragenen Grundbesitzes, für den seit 1979 ein Hofvermerk eingetragen ist.
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Der Antragsgegner ist ausgebildeter Landwirt und bewirtschaftet die landwirtschaftliche Besitzung aufgrund eines mit der Antragstellerin und ihrem Ehemann unter dem 25. August 1986 geschlossenen Pachtvertrags. Die ursprünglich betriebene Rinderhaltung wurde 2007 aufgegeben; seither betreibt der Antragsgegner Acker- und Feldfutterbau sowie – auf außerhalb der Besitzung gelegenen Flächen – Pensionspferdehaltung.
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Die Antragstellerin und ihr Ehemann setzten sich mit gemeinschaftlichem Testament vom 21. April 1994 gegenseitig zu unbeschränkten Erben des Längstlebenden ein; eine ausdrückliche Hoferbenbestimmung enthält das Testament nicht.
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Die Beteiligten streiten darum, ob die landwirtschaftliche Besitzung im Zeitpunkt des Todes des Ehemannes der Antragstellerin am 22. März 2008 ein Hof im Sinne der HöfeO war und ob der Antragsgegner Hoferbe geworden ist.
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Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, die HöfeO komme vorliegend schon deshalb nicht zur Anwendung, weil sie aufgrund des Testaments Alleinerbin geworden sei; die HöfeO setze hingegen eine Mehrheit von Erben voraus. Jedenfalls habe zum Zeitpunkt des Erbfalls kein Hof im Sinne der HöfeO vorgelegen. Es sei keine Hofstelle mehr vorhanden, weil der Antragsteller 1998 eine neue Hofstelle außerhalb der Besitzung errichtet und eine Aussiedlung stattgefunden habe; allerdings habe der Antragsgegner diese Hofstelle wieder verkaufen müssen. Nach Aufgabe der Rinderzucht sei darüber hinaus der Wirtschaftswert der Besitzung unter 5.000,- € gesunken. Der landwirtschaftliche Betrieb sei vom Antragsgegner faktisch eingestellt worden.
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Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass ein Hof im Sinne der HöfeO vorliege, sei sie, die Antragstellerin, und nicht der Antragsgegner Hoferbe geworden. Eine Hoferbeneinsetzung sei in der testamentarischen Einsetzung zur Alleinerbin zu sehen; dem stehe § 7 Abs. 2 HöfeO nicht entgegen, weil der Antragsgegner die Bewirtschaftung aufgegeben habe. Zumindest sei sie gesetzliche Hoferbin nach § 5 Nr. 2 HöfeO geworden. § 6 Abs. 1 HöfeO greife zugunsten des Antragsgegners nicht ein, weil es als Folge ihrer Einsetzung zur Alleinerbin keine Miterben gebe. Darüber hinaus sei der Antragsgegner nicht wirtschaftsfähig (§ 6 Abs. 6 HöfeO). Er sei 1996 strafrechtlich verurteilt worden; ihm sei 1995 durch einstweilige Verfügung untersagt worden, mit seiner früheren Ehefrau Kontakt aufzunehmen und er sei 1993 nach wiederholtem Suizidversuch in die Rheinische Landesklinik eingewiesen worden. Auch befinde sich der Antragsgegner in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Er habe eine fällige Versicherungsleistung nicht gezahlt. Eine geschuldete Milchrente zahle er regelmäßig nur mit Verspätung; in diesem Zusammenhang sei es auch zu Pfändungen gekommen.
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Die Antragstellerin hat beantragt,
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1. festzustellen, dass es sich bei dem im Grundbuch Amtsgericht Viersen, Grundbuch von O, eingetragenen Grundbesitz nicht um einen Hof im Sinne der HöfeO handelt;
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2. hilfsweise, ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin des am 22. März 2008 in O mit letztem Wohnsitz dort verstorbenen C, geboren am 00.00.1922, ausweist, und zwar auch hinsichtlich des im Grundbuch Amtsgericht Viersen, Grundbuch von O, eingetragenen Grundbesitzes.
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Der Antragsgegner hat beantragt,
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die Anträge zurückzuweisen.
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Er hat darauf verwiesen, dass die Voraussetzungen für die Hofeigenschaft gemäß § 1 Abs. 1 HöfeO im Zeitpunkt des Erbfalls vorgelegen hätten. Der Wirtschaftswert sei zum 1. Januar 1990 vom Finanzamt W mit 49.362,- DM ausgewiesen worden. Zudem sei ein Hofvermerk eingetragen. Er führe den Hof mit wirtschaftlichem Erfolg und sei wirtschaftsfähig. 1996 sei gegen ihn lediglich wegen Gefährdung des Straßenverkehrs ermittelt worden; der Aufenthalt in der Landesklinik sei die Folge einer Alkoholvergiftung gewesen. Der Verpflichtung zur Zahlung einer Milchrente komme er bis heute nach.
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Das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – hat die Anträge mit Beschluss vom 27. Juli 2012 zurückgewiesen. Bei der landwirtschaftlichen Besitzung handele es sich um einen Hof im Sinne der HöfeO. Der Wirtschaftswert habe zum Zeitpunkt des Erbfalls nach den bindenden Feststellungen des Finanzamtes Viersen in der eingeholten Auskunft vom 1. August 2011 (Bl. 416 d.A.) 22.493,- DM = 11.500,49 € betragen. Darüber hinaus werde die Hofeigenschaft aufgrund des eingetragenen Hofvermerks vermutet. Darauf, ob der Hof rentabel sei, komme es nicht an. Hoferbe sei nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO der Antragsgegner geworden. Die Einsetzung der Antragstellerin als Alleinerbin sei in Bezug auf den Hof nach § 7 Abs. 2 HöfeO unwirksam. Dem Antragsgegner fehle auch nicht die Wirtschaftsfähigkeit. Dass er über die notwendigen Kenntnisse verfüge, habe der Antragsgegner durch die langjährige Bewirtschaftung des Hofs nachgewiesen. Gravierende Persönlichkeitsmängel seien nicht hinreichend vorgetragen. Die insoweit von der Antragstellerin vorgetragenen Ereignisse lägen bereits mehrere Jahre zurück; die Antragstellerin habe diese auch nicht zum Anlass genommen, den Pachtvertrag zu kündigen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten seien bei kleineren und mittelständischen Betrieben keine Besonderheit und stellten für sich genommen die Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners nicht in Frage.
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Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt sie vor:
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Die HöfeO sei vorliegend von vornherein nicht anwendbar, weil sie von ihrem Ehemann zur Alleinerbin eingesetzt worden sei. Die HöfeO setze indes zwingend eine Mehrheit von Erben voraus.
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Jedenfalls liege kein Hof im Sinne der HöfeO vor, weil der Wirtschaftswert zum Zeitpunkt des Erbfalls unter 10.000,- € gelegen habe. Insoweit habe sich das Landwirtschaftsgericht fehlerhaft an die Auskunft des Finanzamtes gebunden gefühlt. Es hätte demgegenüber weitere Ermittlungen zum Wirtschaftswert anstellen müssen.
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Soweit es die Frage der Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners angehe, habe das Landwirtschaftsgericht nicht ohne weitere Ermittlungen entscheiden dürfen. Sie, die Antragsstellerin, habe zur fehlenden Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners im Schriftsatz vom 28. Juni 2012 umfangreich vorgetragen. Soweit das Landwirtschaftsgericht sich mit dem Vortrag in jenem Schriftsatz auseinandergesetzt habe, habe es bei der Bewertung fehlerhaft indiziell darauf abgestellt, dass der Pachtvertrag mit dem Antragsgegner nicht gekündigt worden sei. Tatsächlich besage dies jedoch nichts. Ihr Ehemann habe damals noch die Aufsicht über den Antragsgegner gehabt und habe ggf. „die Reißleine ziehen“ können. Unabhängig davon bestünden erhebliche Zweifel an der Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners. Er sei nicht imstande, den Hof eigenständig weiterzuführen. Er befinde sich in ständigen Zahlungsschwierigkeiten und zahle ihr, der Antragstellerin, auch die Pacht nicht. Gebäude und Gerätschaften befänden sich in einem jämmerlichen Zustand mit der Folge, dass eine ordnungsgemäße Eigenbewirtschaftung nicht mehr gewährleistet sei.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Beschluss des Amtsgerichts Viersen vom 27. Juli 2012 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem im Grundbuch Amtsgericht Viersen, Grundbuch von O, eingetragenen Grundbesitz nicht um einen Hof im Sinne der HöfeO handelt;
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hilfsweise,
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das Amtsgericht anzuweisen, ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin des am 22. März 2008 in O mit letztem Wohnsitz dort verstorbenen C, geboren am 00.00.1922, ausweist, und zwar auch hinsichtlich des im Grundbuch Amtsgericht Viersen, Grundbuch von O, eingetragenen Grundbesitzes.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
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Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und vertieft sein Vorbringen.
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Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1.
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Der Hauptantrag, der – wie die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin klargestellt haben – sich darauf bezieht, die fehlende Hofeigenschaft der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Besitzung zum 22. März 2008 – dem Todestag des Ehemannes der Antragstellerin – festzustellen, ist nicht begründet.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die HöfeO nicht von vornherein deswegen unanwendbar, weil ihr Ehemann sie testamentarisch zur Alleinerbin eingesetzt hat. Soweit die HöfeO den Begriff des Miterben – wie etwa in § 4 HöfeO – verwendet, wird damit untechnisch die Gesamtheit der Personen, die entweder zur Hoferbfolge berufen oder, soweit sie nicht Hoferbe werden, auf Abfindungsansprüche beschränkt sind, verstanden (OLG Köln, AgrarR 2002, 333; Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 6, Rn. 12 a.E.). Demgemäß ist vorliegend nicht entscheidend, dass die Antragstellerin testamentarisch zur Alleinerbin bestimmt wurde, sondern dass der Erblasser als grundsätzlich zur Erbfolge berufene Personen die Antragstellerin als seine Ehefrau sowie drei Kinder – darunter den Antragsgegner – hinterlassen hat. Die testamentarische Einsetzung seiner Frau als Alleinerbin kann bei dieser Sachlage nicht dazu führen, dass die HöfeO außer Kraft gesetzt wird.
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Für die Hofeigenschaft der landwirtschaftlichen Besitzung streitet, da zum Zeitpunkt des Erbfalls ein Hofvermerk eingetragen war, eine Vermutung nach § 5 Höfeverfahrensordnung, die widerlegbar ist. Der Verlust der Hofeigenschaft tritt allerdings erst mit der Löschung des Hofvermerkes im Grundbuch ein, wenn lediglich der Wirtschaftswert unter 5.000,- € sinkt oder keine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle mehr besteht (§ 1 Abs. 3 Satz 2 HöfeO).
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Aufgrund der vom Landwirtschaftsgericht eingeholten Auskunft des Finanzamts W vom 1. August 2011 steht im vorliegenden Verfahren bindend fest, dass der Wirtschaftswert der landwirtschaftlichen Besitzung zum 22. März 2008 11.500,49 € betragen hat. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 189, 245) reicht insoweit eine formlose Auskunft des Finanzamtes aus. Die Richtigkeit dieser Auskunft ist von den Landwirtschaftsgerichten nicht zu hinterfragen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 HöfeO ist der Wirtschaftswert der nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften festgestellte Wirtschaftswert im Sinne des § 46 des Bewertungsgesetzes. Er wird ausschließlich durch das zuständige Finanzamt festgesetzt und ist für die Landwirtschaftsgerichte bindend; die Landwirtschaftsgerichte sind nicht befugt, den von einer Finanzbehörde festgestellten bzw. formlos mitgeteilten Wert nachzuprüfen (so schon BGH, DNotZ 1955, 652, 655; OLG Celle, OLGR 1999, 45, 46; Faßbender, in: Faßbender u.a., HöfeO, 3. Aufl, § 1 HöfeO, Rn. 52; Wöhrmann, aaO, § 1 Rn. 43; vgl. dazu auch den Senatsbeschl. v. 9. Juli 2012 – 23 WLw 11/11).
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War der Wirtschaftswert damit vor dem Erbfall am 22. März 2008 nicht unter 5.000,- € gesunken, ist es gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 HöfeO mit Rücksicht auf den eingetragenen Hofvermerk nicht mehr erheblich, ob zu dieser Zeit noch eine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle bestanden hat. Allerdings ist aufgrund der Feststellungen der Sachverständigen L und M auch davon auszugehen, dass die landwirtschaftliche Besitzung über eine Hofstelle verfügt. Unter einer Hofstelle ist eine mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden bebaute Fläche, von der aus die zur Besitzung gehörenden Grundstücke bewirtschaftet werden und die den Mittelpunkt der Wirtschaft bildet, zu verstehen (Steffen/Ernst, HöfeO, 3. Aufl., § 1, Rn. 8). Auf den Zustand der Gebäude kommt es nicht an (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 1, Rn. 12). Nach den gutachterlichen Feststellungen (Gutachten Niebuhr S. 8), ist davon auszugehen, dass auf der Besitzung ein Wohnhaus, in dem der Antragsgegner mit seiner Tochter wohnt, sowie eine Reihe von Stallungen vorhanden sind. Es gibt einen Maschinen- und Gerätepark; die Geräte sind mindestens zum Teil noch in Gebrauch (Gutachten L, S. 16). Die landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaftet der Antragsgegner als Acker- und Grünland, wobei diese – nach Aufgabe der Rinderhaltung – überwiegend der Gewinnung von Wirtschaftsfutter zur Versorgung der außerhalb der Besitzung untergebrachten Pferde dienen (Gutachten L, S. 16). Ob in früherer Zeit eine Aussiedlung geplant war, ist nicht maßgebend, denn zum Zeitpunkt des Erbfalls hat der Antragsgegner die Bewirtschaftung von den auf der Besitzung vorhandenen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden aus betrieben. Bei dieser Sachlage bestehen keine Zweifel an der Existenz einer Hofstelle.
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Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht auch einen Wegfall der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs nicht angenommen. Die bloße Verpachtung des Grundbesitzes durch den Erblasser an seinen Sohn ist keine Betriebsstilllegung, die zum Wegfall der Hofeigenschaft führt (vgl. Wöhrmann, aaO, § 1, Rn. 142). Die Hofeigenschaft kann allerdings entfallen, wenn tatsächlich keine landwirtschaftliche Besitzung als Hof im Sinne der Höfeordnung mehr vorhanden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 HöfeO; BGH AgrarR 2000, 227; AgrarR 1995, 235; BGHZ 84, 78, 83). Von einer landwirtschaftlichen Besitzung kann nur dann gesprochen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne Weiteres wiederhergestellt werden kann (BGH, aaO; OLG Oldenburg, FamRZ 2010, 1274; Senat Beschl. v. 5.11.2012 – 23 WLw 7/12, BeckRS 2012, 24048). Das Bestehen einer wirtschaftlichen Betriebseinheit ist indes nicht schon dann in Frage gestellt, wenn Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Betriebs oder der Rentabilität der betrieblichen Aktivitäten bestehen (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2011, 1180; OLG Oldenburg, RdL 2012, 99). Ob ein landwirtschaftlicher Betrieb rentabel oder unrentabel ist, ist für die Frage der Hofeigenschaft grundsätzlich ohne Relevanz (Wöhrmann, aaO). Die ökonomische „Leistungsfähigkeit“ eines Hofes ist keine Voraussetzung für die Hofeigenschaft (Wöhrmann, aaO, § 1, Rn. 52, 53). Diese dokumentiert sich vielmehr nach Maßgabe der HöfeO entscheidend in dem festgestellten Wirtschaftswert (OLG Hamm, aaO; OLG Oldenburg, aaO). Schon wegen der Höhe dieses hier mit 11.500,49 € anzunehmenden Wertes verbietet es sich, vorliegend den Fortbestand der Hofeigenschaft in Frage zu stellen. Die Hofeigenschaft kann allenfalls noch dann entfallen, wenn aufgrund der tatsächlichen Umstände eine Situation eingetreten ist, die einer Betriebsstilllegung gleichkommt (so Wöhrmann, aaO, § 1, Rn. 56). Davon aber kann hier nicht die Rede sein, denn der Antragsgegner nutzt die landwirtschaftlichen Flächen dazu, Futtermittel zum eigenen Verbrauch im Rahmen der Pferdehaltung zu erzeugen. Auch wenn mit der ausschließlichen Bodenbewirtschaftung nach den Ausführungen des Sachverständigen M kein angemessener Ertrag erwirtschaftet werden kann, führt die insoweit möglicherweise bestehende mangelnde Rentabilität für sich genommen nicht zum Verlust der Hofeigenschaft, zumal zu berücksichtigen ist, dass der Antragsgegner die Bodenbewirtschaftung im Rahmen eines Konzepts zur Pferdehaltung betreibt und hierdurch – wie der Sachverständige Dr. L (S. 8 seines Gutachtens) festgestellt hat – ein angemessenes Einkommen erzielen kann.
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2.
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Der Hilfsantrag ist darauf gerichtet, der Antragstellerin einen uneingeschränkten Erbschein zu erteilen. Dafür ist das Landwirtschaftsgericht zuständig, und zwar schon deshalb, weil zum Nachlass eine Besitzung gehört, für die ein Hofvermerk eingetragen ist (vgl. Wöhrmann, aaO, § 18, Rn. 53).
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In der Sache bleibt auch der Hilfsantrag erfolglos. Ein von der Antragstellerin begehrter umfassender Erbschein kann ihr nicht erteilt werden, weil der Antragsgegner Hoferbe der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Besitzung geworden ist.
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Der Antragsgegner ist Hoferbe erster Ordnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO. Ihm war seit 1986 die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer übertragen worden, Dem steht nicht entgegen, dass der Pachtvertrag vom 25. August 1986 zunächst nur für die Dauer von 10 Jahren geschlossen worden war. Indizien für eine Übertragung auf Dauer können sich auch aus den sonstigen Umständen ergeben. Das Tatbestandsmerkmal "auf Dauer" ist dann erfüllt, wenn der Eigentümer und der Miterbe erkennbar übereinstimmend davon ausgehen, dass letzterer die Bewirtschaftung bis zum Tode des ersteren führen soll; insoweit kann als wesentliches Anzeichen auf das Alter des Erblassers bei Abschluss bzw. Ablauf des Pachtvertrages abgestellt werden (OLG Köln, AgrarR 2002, 333). Vorliegend stand der 1922 geborene Vater des Antragsgegners schon bei Abschluss des Pachtvertrages kurz vor der Vollendung des 65. Lebensjahres und er hat seit 1987 nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Antragsgegners im Schriftsatz vom 30. September 2009 (Bl. 91 d.A.) landwirtschaftliches Altersgeld bezogen. Bei dieser Sachlage ist von einer Übertragung der Bewirtschaftung auf Dauer auszugehen. Der Erblasser hat im Testament vom 21. April 1994 keine Hoferbenbestimmung zugunsten der Antragstellerin vorgenommen; eine solche wäre nach § 7 Abs. 2 Satz 1 HöfeO auch unwirksam gewesen, weil der Antragsgegner den Hof bis zum Erbfall bewirtschaftet hat.
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Der Antragsgegner ist auch wirtschaftsfähig im Sinne von § 6 Abs. 7 HöfeO. Nur wenn er nicht wirtschaftsfähig wäre, würde er nach § 6 Abs. 6 Satz 1 HöfeO als Hoferbe ausscheiden. Wirtschaftsfähig nach § 6 Abs. 7 HöfeO ist, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeit, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten dazu erforderlich sind, lässt sich nicht ein für allemal festlegen. Die an die Wirtschaftsfähigkeit zu stellenden Anforderungen richten sich nach der Art und Größe des in Betracht kommenden Hofes. Ein kleinerer Betrieb erfordert vor allem die körperliche Mitarbeit des Inhabers, während bei größeren Höfen die Leitung und Planung im Vordergrund stehen, wozu auch die Fähigkeit gehört, die Arbeiten etwaiger Hilfskräfte zu beurteilen und zu überwachen. Der Übernehmer eines Hofes muss jedenfalls in der Lage sein, den Hof in einer Weise zu bewirtschaften, dass in den Erträgen der Acker- und Viehwirtschaft keine größeren Ausfälle eintreten als bei jedem anderen neu aufziehenden Landwirt, der den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Bewirtschaftung gewachsen ist (BGH MDR 1966, 751 juris Rn. 17; Senatsbeschl. v. 20. Dezember 2011 – 23 WLw 3/11 – in juris dokumentiert). Hiernach ist unter Zugrundelegung der überzeugenden Ausführungen der gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dr. L und M davon auszugehen, dass der Antragsgegner ausreichend qualifiziert ist, weil er über eine landwirtschaftliche Ausbildung verfügt und den Betriebe seit 1986 eigenständig als Pachtbetrieb bewirtschaftet hat (Gutachten M, S. 31; Gutachten Dr. L, S. 8).
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Es bestehen auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Antragsgegner von seiner Persönlichkeit her imstande ist, den Hof zu führen. Ein Mangel an Persönlichkeit im Sinne von § 6 Abs. 7 HöfeO kann nur dann angenommen werden – und insoweit sind hohe Anforderungen zu stellen -, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Erbanwärter den Betrieb herunterwirtschaften wird (vgl. Wöhrmann, aaO, § 6, Rn. 119). Das kann etwa bei erheblichen Vorstrafen, bei Kreditunfähigkeit, Hang zur Unehrlichkeit oder etwa bei Trunksucht oder Verschwendungssucht der Fall sein (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, aaO, § 6, Rn. 67 und 79).
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Dafür fehlt es vorliegend auch unter Berücksichtigung der Darstellung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 28. Juni 2012 an hinreichenden Anhaltspunkten:
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Eine (zumindest zum Teil bestrittene) Vorstrafe aus 1996 alleine kann nicht ausreichen, die Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners im Jahr 2008 - auf dieses Jahr kommt es entscheidend an - in Frage zu stellen. Nichts anderes gilt für eine einstweilige Verfügung, die im Jahr 1995 zu Lasten des Antragsgegners erlassen worden sein mag. Auch die kurzzeitige Aufnahme in die Rheinische Landesklinik im Jahr 1993 kann keine ernsthaften Zweifel an der Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners im Jahr 2008 begründen. Soweit die Antragstellerin vorträgt, der Antragsgegner befinde sich in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten, bleibt ihr Vortrag wenig konkret. Eine nicht geleistete Zahlung an eine Versicherung in Höhe von 813,11 € ist kein Indiz für erhebliche finanzielle Probleme. Gleiches gilt für behauptete verspätete Zahlungen einer Milchrente; die insoweit angesprochenen Pfändungen datieren zudem aus der Zeit nach 2008. All das reicht nicht aus, um die Wirtschaftsfähigkeit des Antragsgegners ernsthaft in Zweifel ziehen zu können. Zur Zahlung der Pacht an die Antragstellerin war der Antragsgegner im Übrigen nach dem Erbfall nicht mehr verpflichtet. Da er Hofeigentümer geworden ist, ist hinsichtlich des Pachtvertrags Konfusion eingetreten (vgl. BGHZ 135, 292, juris-Rz. 14).
44
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
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Der Gegenstandswert für beide Instanzen wird (hinsichtlich der ersten Instanz in Abänderung der Wertfestsetzung durch das Landwirtschaftsgericht im angefochtenen Beschluss) auf 64.388,- € festgesetzt
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Nach § 19 HöfeVfO bestimmt sich der Geschäftswert im Feststellungsverfahren gemäß § 11 Abs. 1 a) HöfeVfO nach § 30 KostO (freies Ermessen). Steht dabei zugleich die Klärung einer bestimmten Erbfolge im Hintergrund, kann auf den Kostenwert des § 19 Abs. 4 KostO (das Vierfache des Einheitswertes zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr) zurückgegriffen werden (Senatsbeschl. v. 1. Juli 2010 – 23 WLw 10/09). Der Einheitswert ist in dem – nach wie vor maßgebenden – Einheitswertbescheid vom 1. Januar 1990 (Bl. 18 ff. d.A.) auf 54.600,- DM festgesetzt worden. Der Senat hält es allerdings für sachgerecht, den Zuschlag für verstärkte Tierhaltung, der in dem genannten Bescheid mit 23.117,- DM angesetzt worden ist, mit Blick auf die Aufgabe der Rinderhaltung in Abzug zu bringen, so dass von einem Einheitswert von 31.483,- DM = 16.097,- € auszugehen ist. Der vierfache Wert beträgt danach 64.388,- €.