· Fachbeitrag · Arbeitsrecht
Erbengemeinschaft keine Arbeitsvertragspartei
von RAin Andrea Worch, Bonn
Die Erbengemeinschaft kann mangels eigener Rechtsfähigkeit nicht Arbeitsvertragspartei sein. Die von der Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft entwickelten Grundsätze sind auf die Erbengemeinschaft nicht übertragbar. Mit dem Tod des Einzelfirmeninhabers werden die Miterben zur gesamten Hand Träger der Arbeitgeberrechte/ -pflichten (LAG Hamm 4.1.12, 2 TA 337/11, FamRZ 12, 1907, Abruf-Nr. 121527). |
Sachverhalt
Der Kläger K war im Einzelgeschäft seines Vaters als Betriebsleiter beschäftigt. Mit dem Tod des Vaters ging der Betrieb am 7.1.09 in den Nachlass über. Erben sind neben K und dem Beklagten zu 3) die Geschwister des K, die Beklagten zu 1) und 2). Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft fand noch nicht statt. Kurze Zeit nach dem Tod des Vaters schlossen die Erben eine Vereinbarung, aus der hervorging, dass der Betrieb bis auf Weiteres zu den bisherigen finanziellen Konditionen von K weitergeführt werden solle.
Nachdem die Beklagten zu 1) und zu 2) Anfang Mai 2009 die dem K erteilte Vollmacht zur alleinigen Vertretung der Firma widerriefen und sich ab September 2009 weigerten, die Vergütung an K zu überweisen, kündigte K sein „Arbeitsverhältnis“ fristlos wegen Unzumutbarkeit. K begehrte mit einer Klage gegen die Beklagten als Gesamtschuldner die Auszahlung des noch ausstehenden Nettolohns, nebst Beiträgen zur Direktversicherung und vermögenswirksame Leistungen. Das ArbG erklärte den Rechtsweg für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das LG. Gegen den Verweisungsbeschluss legte K sofortige Beschwerde ein, der das ArbG nicht abgeholfen hat. K beantragt nun, den Rechtsweg zum ArbG für zulässig zu erklären und den weiteren Prozess einer anderen Kammer zu übertragen. Der Rechtsweg zu den ArbG sei eröffnet. Auch nach dem Tod des Vaters habe sich an seiner Arbeitnehmereigenschaft nichts geändert. Die Beklagten meinen, die ArbG seien unzuständig, da K zum Arbeitgeber geworden sei. Die sofortige Beschwerde des K ist unbegründet und wurde zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft können zwar beim Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit als Arbeitnehmer für die Gesellschaft, die eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, tätig sein (BAG NJW 07, 2877). Dies beruht darauf, dass Personenhandelsgesellschafen gemäß § 124 Abs. 1 HGB und die BGB-Gesellschaft nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung vergleichbare Rechtsfähigkeit besitzen und als Arbeitgeber Partei eines Arbeitsvertrags sein können. Diese Fälle sind aber nicht mit der vorliegenden Fallkonstellation vergleichbar. Die Erbengemeinschaft, deren Mitglied K nach dem Tod des Vaters neben den Beklagten geworden ist, kann nicht Partei eines Arbeitsvertrags sein. Sie ist nämlich mangels einer dem § 124 HGB entsprechenden Regelung weder rechts- noch parteifähig.
Da die Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft nicht übertragbar sind, kann die Erbengemeinschaft mangels eigener Rechtsfähigkeit nicht Partei eines Arbeitsvertrags und nicht Arbeitgeber sein. Träger von Rechten und Pflichten, die bisher dem Erblasser zustanden, sind ihre einzelnen Mitglieder, allerdings nur zur gesamten Hand (BGH ZErb 07,1). K ist durch Eintritt des Erbfalls neben den Beklagten Mitglied der Erbengemeinschaft und somit Arbeitgeber geworden. Er kann, anders als vor dem Erbfall, nicht mehr für einen anderen tätig sein. Auch die getroffene Vereinbarung zwischen den Parteien ändert nichts daran, da sie sich nur auf die Fortführung der bisherigen Tätigkeit zu den bisherigen Konditionen bezieht und keinen Einfluss darauf hat, dass K mit dem Erbfall auch Arbeitgeber geworden ist.
Dass K als Mitglied der Erbengemeinschaft nicht als Arbeitnehmer, sondern als Arbeitgeber anzusehen ist, entspricht der Rechtsprechung des BAG vor Anerkennung der eigenen Rechtspersönlichkeit der BGB-Gesellschaft. Die BGB-Gesellschaft war mangels eigener Rechtspersönlichkeit nicht rechtsfähig und damit auch nicht Arbeitgeber. Die Arbeitgeberstellung fiel ihren Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. K ist neben den Beklagten zur gesamten Hand Träger von Arbeitgeberrechten und -pflichten geworden. Das ArbG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Rechtsstreit mangels Arbeitnehmerstellung des K an das LG zu verweisen war.
Praxishinweis
Das LAG Hamm folgt der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.). Im Gegensatz zur GbR und Wohnungseigentümergemeinschaft ist die Erbengemeinschaft nicht zur dauerhaften Teilnahme am Rechtsverkehr bestimmt/geeignet. Sie ist auf Auseinandersetzung gerichtet und verfügt nicht über eigene Organe. Die Erbengemeinschaft ist kein eigenständiges handlungsfähiges Rechtssubjekt, sondern lediglich eine gesamthänderisch verbundene Personenmehrheit, der mit dem Nachlass ein Sondervermögen zugeordnet ist (BGH, a.a.O. und FamRZ 02, 1621). Im Hinblick auf die Aktiv- und Passivlegitimation ist Folgendes zu beachten: Da die Rechte und Pflichten den Mitgliedern der Erbengemeinschaft nur zur gesamten Hand zustehen, können Aktivprozesse nur durch alle Miterben gemeinschaftlich geführt werden. Allerdings kann ein Miterbe auch Nachlassforderungen allein, für alle Miterben, einklagen, § 2039 S. 2 BGB. In Prozessen gegen eine Erbengemeinschaft müssen alle Erben verklagt werden. Dies kann auch in getrennten Prozessen gegen jeden einzelnen Erben geschehen (AG München 1.2.10, 231 C 12827/09, n.v., juris).
Ist eine Partei als in einem Betrieb tätige Person über ihre Tätigkeit hinaus in gesellschaftsrechtlicher oder familiärer Form mit dem Betrieb verknüpft, sollte stets eine genaue Überprüfung all dieser Verbindungen erfolgen. Zweck ist, die im vorliegenden Fall entstandene Problematik des gerichtlichen Unterliegens aus prozessualen Gründen zu vermeiden. Bei der Auswahl des Rechtswegs in Fällen mit GmbH-Geschäftsführern, können sich etwa nach wie vor Probleme ergeben: Während der BGH stringent seiner Auffassung folgt, der GmbH-Geschäftsführer stünde schon per Definition auf Seiten des Arbeitgebers, räumt das BAG zumindest die Möglichkeit ein, dass dem GmbH-Geschäftsführer in Ausnahmefällen doch die Stellung als Arbeitnehmer zuteilwerden könne (BAG NJW 99, 3731).