Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Sozialrecht

    Unklarer Bescheid: Keine Rückzahlung von „Hartz IV“-Leistungen, weil der Empfänger Erbschaft u.a. für Nachtclubtänzerin ausgab

    | Der 1955 geborene Kläger bezog in der Vergangenheit Leistungen nach dem SGB II (sog. „Hartz IV“), bis er vorübergehend eine Arbeitsstelle fand. Im März 09 erbte er (nach Abzug von Steuern und nachlassbedingten Ausgaben) gut 16.000 EUR und bestritt in der Folgezeit allein hiervon seinen Lebensunterhalt, wobei er den Betrag eigenen Angaben zufolge u.a. einer Nachtclubtänzerin zuwendete und für das „Knüpfen von Beziehungen“ ausgab. Im Dezember 09 beantragte der inzwischen wieder mittellose K erneut SGB II - Leistungen, die ihm das Heilbronner Jobcenter fortlaufend bewilligte. Im Oktober 11 verlangte das Jobcenter Ersatz der gezahlten Leistungen. Die dagegen gerichtete Klage vor dem SG war erfolgreich (SG Heilbronn 24.7.14, S 9 AS 217/12, nicht rechtskräftig). |

     

    Das Jobcenter erließ folgenden Bescheid: „Sie haben nach den vorliegenden Unterlagen Ihr Einkommen oder Vermögen vermindert. Aus den vorliegenden Unterlagen ist kein wichtiger Grund für Ihr Verhalten erkennbar. (…) Sie haben grob fahrlässig gehandelt. Sie sind deshalb zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet. (…) Da der Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen Sie jedoch künftig nach dem SGB II bzw. SGB XII abhängig machen würde, ist von der Rückzahlung (...) abzusehen. Ich weise Sie daraufhin, dass der Verzicht auf die Rückzahlung unverzüglich widerrufen wird, sobald sich Ihre finanziellen Voraussetzungen (..) ändern.“

     

    Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich: Das SG Heilbronn hat den Bescheid aufgehoben. Er sei nicht hinreichend bestimmt und widersprüchlich, weil auch nach mehrmaligem Lesen nicht verständlich sei, was das Jobcenter habe entscheiden wollen. So solle K einerseits „zum Ersatz verpflichtet“ werden, andererseits werde aber von der Rückzahlung „abgesehen“ bzw. hierauf „verzichtet“. Im Übrigen brauche nicht entschieden werden, ob das Ausgeben einer Erbschaft für Nachtclubtänzerinnen als sozialwidriges Verhalten anzusehen sei. Denn K stehe ein Vermögensfreibetrag von knapp 9.000 EUR zu (sog. „Schonvermögen“). Diesen Betrag hätte K sogar weiter besitzen und trotzdem Hartz IV in voller Höhe beziehen können. Ein Ausgeben dieses Betrags könne daher nicht sozialwidrig sein. Zudem sei zu berücksichtigen, dass K in den 9 Monaten vom Erhalt der Erbschaft bis zum erneuten Bezug von „Hartz IV“ mindestens notwendige Ausgaben in Höhe von 8.000 EUR hatte (monatlich rund 400 EUR Miete, knapp 140 EUR Krankenversicherungsbeitrag und 359 EUR sonstige Lebenshaltungskosten bei Ansatz des seinerzeitigen Regelsatzes).

     

    Quelle: Pressemitteilung des SG Heilbronn vom 28.7.14, http://www.sg-heilbronn.de/pb/,Lde/Pressemitteilung+vom+28_07_2014?QUERYSTRING=S+9+AS+21712 

     

    Quelle: ID 42847362