Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

    Zu den Voraussetzungen einer Zweckzuwendung

    von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

    Ein „unbestimmter Personenkreis“ und damit eine Zweckzuwendung i.S. der § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 8 ErbStG liegt vor, wenn die sich in einer Notlage befindenden Mitarbeiter eines Betriebes begünstigt werden (FG Münster 13.2.14, 3 K 210/12 Erb, EFG 14, 946, Abruf-Nr. 143119).

     

    Sachverhalt

    Die Beteiligten streiten, ob das der Klägerin (Kl.) im Erbwege zugewandte Vermögen der Besteuerung als Zweckzuwendung gemäß § 1 Nr. 3, § 8 ErbStG unterliegt. Die verstorbene Erblasserin (E) hatte die Kl. als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Arbeitgeberin der E als alleinige Erbin eingesetzt. Ausweislich des notariellen Testaments machte sie „… meiner Erbin die Auflage, das Ererbte nur zugunsten von Angehörigen der Firma D zu verwenden, die in Not geraten sind und deren persönliche, dienstvertragliche oder von der öffentlichen Hand zu erlangenden Mittel nicht genügen, die Not angemessen ausreichend zu lindern.“ Auf der Grundlage dieser testamentarischen Anordnung traf die Geschäftsführung der Kl. mit ihren Belegschaftsvertretungen im August 10 eine Betriebsvereinbarung über die Verwendung der Erbschaft u.a. des Inhalts, dass Begünstigte „… Mitarbeiter an allen deutschen Standorten, die sich in einer Notlage bzw. schwierigen finanziellen Situation befinden und diese durch eigene oder zu beanspruchende fremde Mittel nicht ausreichend lindern können …“ sowie deren Angehörige sein sollten.

     

    In der Erbschaftsteuererklärung beantragte die Kl., die Auflage zugunsten ihrer Mitarbeiter mit dem gleichen Betrag als Nachlassverbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG zu berücksichtigen. Der Beklagte berücksichtigte dies im Erbschaftsteuerbescheid jedoch nicht. Den Einspruch wies er als unbegründet zurück. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Anfall des Nachlasses bei der Kl. wurde zutreffend als Zweckzuwendung der Erbschaftsteuer unterworfen.

     

    Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 8 ErbStG unterliegen Zweckzuwendungen der Erbschaftsteuer. Zweckzuwendungen sind Zuwendungen von Todes wegen oder freigebige Zuwendungen unter Lebenden, die mit der Auflage verbunden sind, zugunsten eines bestimmten Zwecks verwendet zu werden oder die von der Verwendung zugunsten eines bestimmten Zwecks abhängig sind, soweit die Bereicherung des Erwerbers hierdurch gemindert wird. Zweckzuwendungen sind danach Zuwendungen an eine Person, die mit der Verpflichtung verbunden sind, das zugewendete Vermögen für bestimmte fremde Zwecke zu verwenden. Eine Zweckzuwendung besteht damit stets aus zwei Elementen: Der eigentlichen Zuwendung und der Zweckwidmung in Form einer Auflage oder Bedingung. Dabei kommt ein unpersönlicher Sachzweck in Betracht oder die Begünstigung eines unbestimmten Personenkreises.

     

    § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 8 ErbStG dienen dazu, Besteuerungslücken in den Fällen zu schließen, in denen das einem Empfänger zugewendete Vermögen keiner dritten Person unmittelbar zugutekommt und damit eigentlich einer Besteuerung mangels Bereicherung entzogen wäre (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Stand 4/14, § 8 Rn. 4; Meincke, ErbStG, 16. Aufl., § 8 Rn 4; BFH BStBl II 96, 99 = ZEV 96, 38). Erforderlich ist mithin ein Verwendungszweck, der entweder (wie z B. die Pflege oder Betreuung eines Tieres) unpersönlich ist oder aber einen unbestimmten Personenkreis (z. B. die Bedürftigen einer Gemeinde) fördern soll. Letzteres ist nicht der Fall, wenn der Kreis der begünstigten Personen eng begrenzt ist oder wenn sich diese Personen namentlich feststellen lassen (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 8 Rn. 9).

     

    In Anwendung dieser Grundsätze geht das FG davon aus, dass es sich bei der Zweckbestimmung seitens der E um die Begünstigung eines unbestimmten Personenkreises handelt. Zwar hat die E die Begünstigung auf die Mitarbeiter der Kl. beschränkt. Jedoch reicht dieses Kriterium allein nicht aus, insoweit von einer direkten Zuwendung der E an bestimmte Personen i.S. des § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG auszugehen. Denn allein aufgrund der Anordnung der E hat keiner der Mitarbeiter der Kl. einen Rechtsanspruch auf bestimmte Zahlungen aus dem Nachlass. Es steht auch nicht fest, welcher der Mitarbeiter der Kl. in den Genuss der Begünstigung kommen wird, da nicht absehbar ist, in welcher Person welches konkreten Mitarbeiters die Voraussetzungen der Begünstigung (Krankheit, Mittellosigkeit) eintreten wird. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass infolge der betrieblichen Vereinbarung zwischen der Geschäftsführung und den Arbeitnehmervertretungen der Kl. auch Angehörige der Mitarbeiter in den begünstigten Kreis einbezogen wurden, ein Umstand, der sich so aus dem Testament nicht ergibt und deshalb eine eigenständige Bestimmung zuwendungsbegünstigter Personen durch die Kl. als Erbin darstellt.

     

    Praxishinweis

    Das FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Über die Revisionsentscheidung wird EE zu gegebener Zeit berichten.

     

    Laufende Veranlagungsfälle sollten unter Hinweis auf eine zu erwartende BFH-Entscheidung offengehalten werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Götz, ZEV 12, 649, zu erbschaftsteuerlichen Risiken bei testamentarischen Auflagen, die Haustiere des Erblassers zu pflegen
    • Roth, NJW-Spezial 11, 551, zum Haustier im Nachlass
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 210 | ID 42834238