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  • · Fachbeitrag · Entlassung des Testamentsvollstreckers

    Zur Abgrenzung zwischen Abwicklungs- und Dauertestamentsvollstreckung

    von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar

    | Mit der Abgrenzung von Abwicklungs- und Dauertestamentsvollstreckung sowie mit dem Vorliegen wichtiger Gründe für die Entlassung des Testamentsvollstreckers (§ 2227 BGB) hat sich das OLG München befasst. |

     

    Sachverhalt

    Der verheiratete Erblasser ist 2018 in München verstorben. Er hinterließ seine zweite Ehefrau und seine drei Kinder aus der ersten Ehe. Im Jahr 2015 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine zweite Ehefrau, die er zur Testamentsvollstreckerin ernannte, zu 4/10 und seine drei Kinder aus der ersten Ehe zu je 2/10 als Erben einsetzte. Im Übrigen verfügte er:

     

    • Letztwillige Verfügung

    „Mit der Abwicklung des Nachlasses ist die Testamentsvollstreckung beendet. Verkaufsverhandlungen über meine Doppelhaushälfte in Grünwald, … führt ausschließlich meine Ehefrau. Sie legt die Bedingungen des Verkaufs und den Zeitpunkt des Verkaufs eigenverantwortlich fest, ohne dass ihr die anderen Erben Weisungen erteilen können.“

     

    Die zweite Ehefrau nahm das Amt der Testamentsvollstreckerin an. Wesentlicher Nachlassgegenstand ist die im Testament erwähnte Immobilie in Grünwald. Diese soll nach einem von den Beteiligten zu 2 und 3 vorgelegten Gutachten einen Wert von 1.402.000,00 EUR haben.

     

    Zwei der Kinder des Erblassers beantragten die Entlassung der Testamentsvollstreckerin mit der Begründung, dass diese das Amt eigennützig führe, indem sie den Erbteil des zweiten Kindes zu einem unangemessen niedrigen Preis erworben habe. Die Testamentsvollstreckerin habe außerdem die Immobilie zwischenzeitlich vermietet und für die Abwicklung des betreffenden Zahlungsverkehrs kein separates Konto eröffnet, sodass sie Privatausgaben mit Zahlungen, die der Erbengemeinschaft zustünden, vermengen würde.

     

    Die Testamentsvollstreckerin ist dem Antrag entgegengetreten, hat aber die Verbuchung der Mietzinsen der Immobilie auf ihrem privaten Konto eingeräumt. Im Übrigen hat sie angeführt, dass keine Abwicklungs-, sondern eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet worden sei, weshalb sie zur Vermietung der Immobilie berechtigt gewesen sei.

     

    Das Nachlassgericht hat die Testamentsvollstreckerin aus ihrem Amt mit der Begründung entlassen, dass die Nichtveräußerung der Immobilie eine erhebliche Pflichtverletzung darstelle. Auf die übrigen geltend gemachten Entlassungsgründe käme es nicht an. Der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde hat das Nachlassgericht nicht abgeholfen und die Akten dem OLG München zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde zurückgewiesen.

     

    • 1. Die Abwicklung des Nachlasses hat bei Abwicklungsvollstreckung mit tunlicher Beschleunigung zu erfolgen (Anschluss an OLG München 20.7.94, 15 U 3348/93). Stellt es der Erblasser dem Testamentsvollstrecker frei, innerhalb welcher Frist eine zum Nachlass gehörende Immobilie zu veräußern ist, führt diese Anordnung nicht dazu, dass Dauertestamentsvollstreckung angeordnet wäre.
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    • 2. Vermietet der Testamentsvollstrecker die zum Nachlass gehörende Immobilie und trennt er die Mieteinnahmen nicht von seinem persönlichen Vermögen, setzt er die Erben dem Risiko aus, dass Eigengläubiger des Testamentsvollstreckers in den ungeteilten Nachlass vollstrecken können und damit auf eine Haftungsmasse Zugriff haben, die für Eigenverbindlichkeiten des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht zur Verfügung steht. Eine derartige Pflichtverletzung rechtfertigt grundsätzlich die Entlassung des Testamentsvollstreckers.
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    • 3. Richtet der Testamentsvollstrecker, der die zum Nachlass gehörenden Immobilie vermietet, für die vom Mieter entrichtete Mietkaution kein separates Konto ein, um diese getrennt von seinem Vermögen zu verwahren, handelt es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung, die seine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers rechtfertigen kann.

    (Abruf-Nr. 236922)

     

    Entscheidungsgründe

    Unter Berücksichtigung der zu § 2227 BGB von der Rechtsprechung verlangten Voraussetzungen lägen Gründe für die Entlassung der Testamentsvollstreckerin vor. Eine erhebliche Pflichtverletzung der Testamentsvollstreckerin läge darin, dass sie es bisher unterlassen habe, die Immobilie in Grünwald zu veräußern und den Nachlass auseinanderzusetzen, obwohl der Erblasser sie mit der Abwicklung des Nachlasses und des Verkaufs der Immobilie betraut habe. Dabei sei davon auszugehen, dass der Erblasser in seinem notariellen Testament den Regelfall der Testamentsvollstreckung, die Abwicklungsvollstreckung, angeordnet habe.

     

    Eine weitere erhebliche Pflichtverletzung liege darin, dass sie es ‒ jedenfalls zunächst ‒ unterlassen hat, die vereinnahmten Mieten, die aus der (ohnehin pflichtwidrigen) Vermietung der Immobilie in Grünwald resultierten, auf einem Nachlass- bzw. Treuhandkonto einzahlen zu lassen. Der Einwand, es sei der Beschwerdeführerin als natürlicher Person nicht möglich, ein Anderkonto zu errichten, verfange nicht. Schließlich führt das OLG an, dass überwiegende Gründe, die für den Verbleib der Testamentsvollstreckerin im Amt sprechen könnten, nicht zu erkennen seien.

     

    PRAXISTIPP | Das Urteil stellt heraus, dass die Abwicklungsvollstreckung (§ 2204 BGB) der Regelfall der Testamentsvollstreckung ist und die Dauervollstreckung (§ 2209 BGB) der Ausnahmefall. Bei der Ausübung des Amts des Testamentsvollstreckers ist zu beachten, dass dessen Privatkonten nicht der Ausübung des Amts dienen und das Nachlassvermögen strikt vom Privatvermögen zu trennen ist. Andernfalls besteht die Möglichkeit, dass Eigengläubiger des Testamentsvollstreckers entgegen § 747 ZPO die Zwangsvollstreckung in den ungeteilten Nachlass betreiben können und damit auf eine Haftungsmasse Zugriff haben, die für Eigenverbindlichkeiten des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht zur Verfügung steht.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2023 | Seite 148 | ID 49666790