Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Fluggastrechte

    Anwaltliche Hilfe bei unzureichender Information

    | Verspäten sich Flug oder Bahn, ist dies oft mit Schäden verbunden. Daher hat der Gesetzgeber pauschalierte Entschädigungen eingeführt. Nicht jeder Flug- oder Fahrgast kennt aber seine Rechte. Darauf setzen auch die Fluggesellschaften. Darf daher unmittelbar ein Rechtsdienstleister beauftragt werden, ohne das Beförderungsunternehmen zuvor zur Zahlung aufzufordern und in Verzug zu setzen? Ja, sagt jetzt der BGH.|

     

    Relevanz für die Praxis

    Der Fluggast darf die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur außergerichtlichen Geltendmachung seines Ausgleichsanspruchs für erforderlich halten, wenn das Luftverkehrsunternehmen ihn nicht vollständig und klar darüber unterrichtet hat, unter welchen Voraussetzungen, in welcher Höhe und gegen welches Unternehmen er einen solchen Anspruch geltend machen kann (BGH 12.2.19, X ZR 24/18, Abruf-Nr. 208221).

     

    Schon 2016 hatte der BGH (25.2.16, X ZR 35/15, Abruf-Nr. 185614) entschieden: Der Fluggast erhält seine Anwaltskosten nicht erstattet, die ihm durch die außergerichtliche Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs nach der FluggastrechteVO entstanden sind, wenn das ausführende Luftverkehrsunternehmen weder seine Pflicht verletzt hat, den Fluggast bei einer Annullierung, großen Verspätung oder Beförderungsverweigerung nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO auf seine Rechte hinzuweisen, noch sich bei der Beauftragung des Anwalts mit der Erfüllung der Ausgleichsleistung in Verzug befand.

     

    Daran hält der BGH fest und konkretisiert die Pflichten noch einmal: Nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO muss das ausführende Luftverkehrsunternehmen jedem betroffenen Fluggast einen schriftlichen Hinweis aushändigen, in dem die Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gemäß der Verordnung dargelegt werden. Die Gestaltung muss aber so beschaffen sein, dass die Information den Fluggast in die Lage versetzt, seine Rechte effektiv (und ohne anwaltliche Hilfe) wahrnehmen zu können. Der BGH bringt die Luftfahrtgesellschaften damit in die Zwickmühle.

     

    • Entweder klären diese alle Fluggäste nach einer relevanten Verspätung verständlich und anwendungsorientiert über ihre Rechte auf. Dann ist zu erwarten, dass die Fluggäste ihre Rechte in Anspruch nehmen. Dafür wird die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten erspart, wobei das Risiko unzureichender Aufklärung bei der Fluggesellschaft bleibt.

     

    • Oder die Gesellschaft verzichtet auf eine entsprechende Handlungsorientierung bei der Aufklärung, was regelmäßig zur Folge haben wird, dass entsprechende Rechte nicht von allen Flug- und Fahrgästen wahrgenommen werden. Dafür müssen aber in den Fällen der Beauftragung eines Rechtsdienstleisters dessen Kosten erstattet werden.

     

    Beförderungsunternehmen werden diese beiden Alternativen sicher nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten abwägen.

     

    Checkliste / Die wichtigsten Pflichten der Luftverkehrsunternehmen

    Der BGH führt die wichtigsten Pflichten wie folgt auf:

     

    • Zur Darlegung der „Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen“ reicht es nicht aus, lediglich den Verordnungstext wiederzugeben, da vor allem die Pflicht zur Ausgleichsleistung bei großer Verspätung dem Wortlaut der Verordnung nicht zu entnehmen ist.
    • Der Fluggast muss dem Hinweis klar entnehmen können, unter welchen Voraussetzungen ihm grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch zusteht.
    • Die Höhe des Anspruchs muss konkret benannt werden.
    • Die Voraussetzungen, unter denen das ausführende Luftverkehrsunternehmen nach Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO von der Verpflichtung zur Ausgleichsleistung frei wird, müssen konkret dargelegt werden.
    • Der Anspruchsgegner muss ausdrücklich angegeben werden, wenn er für den Fluggast nicht ohne Weiteres zu erkennen ist (BGH NJW 18, 1251).
     

    PRAXISTIPP | Sie müssen potenzielle Mandanten darauf hinweisen, dass sie aus dem Anwaltsvertrag verpflichtet sind, Ihre Vergütung zu zahlen und ein Erstattungsanspruch nur unter den o. g. engen Voraussetzungen einer unzureichenden Aufklärung besteht.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2019 | Seite 97 | ID 45895067