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  • · Fachbeitrag · Vermietung und Verpachtung

    Die Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung an Angehörige - ein ewiger Streitpunkt in der Praxis

    von Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    | Wer eine Immobilie, eine Wohnung oder gar nicht abgeschlossene Räume an nahe Angehörige vermietet, muss nicht nur die Hürde des „Fremdvergleichs“ nehmen (vgl. im Einzelnen GStB 12, 301), er sieht sich ggf. auch der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ausgesetzt. Letztere ist nur dann gegeben, wenn sich aus einer anzustellenden Überschussprognose ein Totalüberschuss ergibt. Dies gilt allerdings nur unter bestimmten, nachfolgend im Einzelnen erläuterten Voraussetzungen. |

    1. Grundsatz: Einkünfteerzielungsabsicht wird unterstellt

    Im Gegensatz zu anderen Einkunftsarten geht der BFH bei dauerhafter Fremdvermietung eines bebauten, Wohnzwecken dienenden Grundstücks regelmäßig (typisierend) davon aus, dass der Steuerpflichtige ein positives Gesamtergebnis anstrebt. Das heißt, in einem solchen Fall muss das Finanzamt auch bei einer längeren Verlustphase von einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgehen. Diese Typisierung gilt auch dann, wenn der Mieter oder Pächter das Objekt nicht zu Wohnzwecken nutzt (BFH 1.4.09, IX R 39/08, BStBl II 09, 776).

     

    MERKE | Von einer Einkünfteerzielungsabsicht ist ebenfalls auszugehen, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen mittels Darlehen finanziert, die zwar nicht laufend getilgt, jedoch bei Fälligkeit durch parallel laufende Lebensversicherungen abgelöst werden sollen (BFH 19.4.05, IX R 15/04, BStBl II 05, 754). Auch bei langfristiger Vermietung ist die Einkünfteerzielungsabsicht jedoch dann zu prüfen, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts fremdfinanziert und anfallende Schuldzinsen auflaufen lässt, ohne dass durch ein Finanzierungskonzept von vornherein deren Kompensation durch spätere positive Einkünfte vorgesehen ist (BFH 10.5.07, IX R 7/07, BStBl II 07, 873).

     

     

    Beachten Sie | Dagegen findet die typisierend unterstellte Einkünfteerzielungsabsicht keine Anwendung bei der Vermietung von Gewerbeobjekten (BFH 20.7.10, IX R 49/09, BStBl II 10, 1038) sowie bei Verpachtung von unbebautem Grundbesitz (BFH 28.11.07, IX R 9/06, BStBl II 08, 515).

     

    Wichtig | Wird aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags ein bebautes zusammen mit einem unbebauten Grundstück vermietet, gilt die typisierend unterstellte Einkünfteerzielungsabsicht nur für das bebaute Grundstück, d.h., jedes der Grundstücke ist gesondert zu betrachten (BFH 22.1.13, IX R 19/11, BStBl II 13, 376).

     

    2. Einkünfteerzielungsabsicht bei kurzfristiger Vermietung

    Die bei Vermietung von Wohnobjekten unterstellte Einkünfteerzielungsabsicht gilt jedoch nicht ausnahmslos. Immer dann, wenn besondere Umstände oder Beweisanzeichen gegen eine Einkunftserzielungsabsicht sprechen oder besondere Arten der Nutzung für sich allein Beweisanzeichen für eine private, nicht mit der Erzielung von Einkünften zusammenhängende Veranlassung sind, fordert der BFH eine (positive) Überschussprognose über einen Zeitraum von 30 Jahren (BFH 28.11.07, IX R 9/06, BStBl II 08, 515), um die Vermietungsverluste berücksichtigen zu können (zur Ermittlung des Totalüberschusses im Einzelnen siehe BMF 8.10.04, IV C 3 - S 2253 - 91/04, BStBl I 04, 933, Rz. 33 ff.).

     

    PRAXISHINWEIS | Die typisierend unterstellte Einkünfteerzielungsabsicht gilt insbesondere dann nicht, wenn der Steuerpflichtige sich nur für eine vorübergehende Vermietung entschieden hat. Dies ist z.B. der Fall bei der Beteiligung an einem Mietkaufmodell (BFH 9.2.93, IX R 42/90, BStBl II 93, 658) oder an einem Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie (BFH 22.4.97, IX R 17/96, BStBl II 97, 650), wenn voraussichtlich Werbungskostenüberschüsse erzielt werden. Soll nach dem Konzept eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft die Vermietungstätigkeit des Fonds nur 20 Jahre umfassen, ist dies nicht auf Dauer ausgerichtet (BFH 2.7.08, IX B 46/08, BStBl II 08, 815).

     

    Eine Vermietung ist auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt. Allerdings folgt aus Mietverträgen, die auf eine bestimmte Zeit eingegangen sind, für sich allein noch keine steuerlich bedeutsame Befristung der Vermietungstätigkeit (BFH 24.2.10, IX B 53/09, BFH/NV 10, 1098). Schädlich wäre es allerdings, wenn bereits im Mietvertrag die Befristung mit einer ausdrücklich erklärten Selbstnutzungs- oder Verkaufsabsicht verknüpft ist (BFH 9.7.02, IX R 57/00, BStBl II 03, 695 bzw. BFH 4.12.01, IX R 70/98, BFH/NV 02, 635).

     

    Gegen die Einkünfteerzielungsabsicht spricht, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel bis zu fünf Jahren seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Je kürzer der Abstand zwischen der Anschaffung oder Errichtung des Objekts und der nachfolgenden Veräußerung ist, umso mehr spricht dies gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit und für eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht. Einer derartigen Veräußerung ist eine Eigennutzung im Anschluss an eine kurzfristige Vermietung gleichzustellen (BFH 22.1.13, IX R 13/12, BStBl II 13, 533).

     

    Hinweis | Der BFH hat hierzu entschieden, dass der Entschluss, auf Dauer zu vermieten für die Dauer der Vermietung auch dann gilt, wenn das Grundstück später aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert wird. Allerdings spricht es gegen die Einkünfteerzielungsabsicht, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück bereits innerhalb von fünf Jahren nach Anschaffung oder Herstellung veräußert (BFH 9.7.02, IX R 47/99, BStBl II 03, 580).

     

    3. Kurzfristige Vermietung an Angehörige

    Bei Mietverträgen zwischen nahen Angehörigen ist deren steuerrechtliche Anerkennung u.a. davon abhängig, dass die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Vollzieht sich die Nutzungsüberlassung im Rahmen der familiären Haushaltsgemeinschaft, so ist sie grundsätzlich der nicht steuerbaren Privatsphäre zuzuordnen und kann auch nicht durch einen Mietvertrag in den Bereich der Einkünfteerzielung verlagert werden: Denn dann ist nicht der zivilrechtliche Vertrag, sondern die persönliche Beziehung der Partner Grundlage des gemeinsamen Wohnens.

     

    • Beispiel

    Das FG Hamburg hat hierzu aktuell entschieden, dass bei Mietverträgen mit nahen Angehörigen bei der Beurteilung der Befristung der Mietverhältnisse auf die tatsächliche Situation und nicht auf die vertragliche Vereinbarung einer Befristung abzustellen ist (FG Hamburg 26.9.13, 3 K 181/11).

     

    Das FG ging wegen des im Familienverbund typischerweise mangelnden Interessengegensatzes davon aus, dass das jeweilige Mietverhältnis bei Fortfall des Mietinteresses ohne Prüfung eines Kündigungsgrundes und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden würde. Im Streitfall waren alle Mietverhältnisse tatsächlich von vornherein nicht auf Dauer angelegt, sondern jeweils nur auf wenige Monate oder maximal wenige Jahre.

     

    Gegen die Absicht einer auf Dauer angelegten Vermietung sprach im Streitfall nach Ansicht des FG auch, dass die vermieteten Räume nur über einen gemeinsamen Hauseingang und die gemeinsame Treppe mit den übrigen Geschossen zu erreichen waren und nicht durch eine Wohnungstür und einen Flur vom Treppenhaus getrennt waren.

     

    FAZIT | Wer Wohnraum an Angehörige vermietet, steht nicht nur wegen des anzustellenden Fremdvergleichs im Focus der Finanzverwaltung. Hier können sich aufgrund der familiären Nähe der Parteien eher als zwischen fremden Dritten Situationen ergeben, die auf eine befristete Vermietung hindeuten, obwohl der Mietvertrag an sich hierfür keine Anhaltspunkte bietet. Wer in solchen Fällen die Berücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse nicht gefährden will, sollte darauf achten, dass sich nicht nur seitens der vertraglichen Gestaltung, sondern auch und vor allem aus der tatsächlichen Durchführung keine Anhaltspunkte für eine nur kurzfristig geplante Vermietung ergeben.

     

    4. Nachtrag: Verbilligte Vermietung

    Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.11 (BStBl I 11, 986) hat der Gesetzgeber § 21 Abs. 2 EStG insoweit neu gefasst, als bei einer vereinbarten Miete unter 66 % der ortsüblichen Miete ein nur anteiliger Werbungskostenabzug möglich ist, bei einem Entgelt von mindestens 66 % die Wohnungsvermietung hingegen als entgeltlich gilt (gesetzliche Fiktion der Vollentgeltlichkeit).

     

    GESTALTUNGSHINWEIS | Wer also dauerhaft, aber verbilligt an Angehörige vermietet, muss beachten, dass 66 % der ortsüblichen (Warm-)Miete erreicht werden müssen, um in den Genuss des ungekürzten Werbungskostenabzugs zu gelangen.

     

    Bei einer verbilligten Vermietung sind insbesondere folgende Punkte von Bedeutung:

     

    • Die Vorschrift kommt nur zur Anwendung bei verbilligter Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken. Erfolgt die verbilligte Überlassung zu anderen Zwecken, z.B. zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken, ist ungeachtet der Höhe der vereinbarten Miete nur ein anteiliger Abzug möglich.

     

     

    • Bei Vergleich der vereinbarten Miete mit der ortsüblichen Miete ist die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Betriebskosten, also die ortsübliche Warmmiete gemeint (R 21.3 EStR). Bei einer möbliert vermieteten Wohnung ist die ortsübliche Miete um einen Möblierungszuschlag zu erhöhen, der auf Grundlage einer vom Zeitwert der Möbel und der restlichen Lebensdauer ausgehenden Abschreibung und einer 4-%igen Verzinsung berechnet werden kann (FG Niedersachsen 7.12.10, 3 K 251/08, EFG 11, 628).

     

    • Bei Vereinbarung eines mindestens 66 % der ortsüblichen Miete betragenden Mietzinses sollte der fortschreitende Anstieg des Mietniveaus beachtet werden, der ggf. in der Folgezeit eine Anpassung der vereinbarten Miete erforderlich macht, damit die 66 %-Grenze nicht plötzlich unterschritten wird.

     

    • Nach § 558 Abs. 3 BGB darf die Miete grundsätzlich innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 20 % erhöht werden. Wird diese Grenze bei nahen Angehörigen überschritten, um z.B. eine teilentgeltliche Überlassung in die (unterstellte) Vollentgeltlichkeit zu überführen, ist dies für sich noch kein Grund, dem Mietverhältnis die steuerliche Anerkennung zu versagen, sofern im Übrigen fremdübliche Vereinbarungen vorliegen (OFD Münster 13.2.04, StEK § 21 Nr. 341).

     

    • Bei einer Vermietung an unterhaltsberechtigte Angehörige kann die Miete aus den geleisteten Unterhaltszahlungen erbracht und daher mit der Miete verrechnet werden, ohne die steuerliche Anerkennung des Mietvertrags zu gefährden. Dagegen wird ein Mietverhältnis zwischen Eltern und Kindern generell nicht anerkannt, wenn Eltern und Kind noch eine Haushaltsgemeinschaft bilden (BFH 19.10.99, IX R 30/98 und IX R 39/99, BStBl II 00, 223 f.).

     

    • Die Überlassung einer Wohnung aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung bei gleichzeitiger Minderung des Barunterhaltsanspruchs des Berechtigten stellt kein Mietverhältnis dar (BFH 17.3.92, IX R 264/87, BStBl II 92, 1009).
    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 161 | ID 42566972