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  • · Fachbeitrag · Mandat in der Krise

    So schützen Sie das Honorar vor einer Insolvenzanfechtung

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    | Insolvenzverwalter sind gehalten, die zur Verfügung stehende Masse im Interesse der Gläubiger soweit wie möglich zu mehren. Auch Steuerberater müssen damit rechnen, sich Forderungen gegenüber zu sehen. Die Verwalter machen verstärkt Schadenersatzansprüche aus (angeblichen) Falschberatungen geltend. Um gezahlte Honorare zurückverlangen zu können, prüfen sie auch Fragen der Insolvenzanfechtung. Unter bestimmten Umständen kann der Berufsangehörige Honorarzahlungen aber „anfechtungsfest“ vereinnahmen, nämlich dann, wenn ein Bargeschäft i.S. des § 142 InsO vorliegt. |

    Das insolvenzrechtliche Anfechtungssystem

    Die InsO trifft in den §§ 129 ff. differenzierte Regelungen zu den Möglichkeiten, Voraussetzungen und Folgen einer Anfechtung. Grundsätzlich gilt, dass der Verwalter bestimmte Rechtsgeschäfte des Schuldners je nach den Umständen, unter denen sie vorgenommen wurden, innerhalb bestimmter variierender Zeiträume anfechten und die erbrachten Leistungen so zur 
Masse zurückfordern kann.

     

    MERKE |  Eine besonders lange Anfechtungsfrist räumt § 133 Abs. 1 InsO ein: Rechtshandlungen, die der Schuldner mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen hat, bleiben ab dem Insolvenzantrag zehn Jahre rückwirkend anfechtbar, sofern dem jeweiligen Vertragspartner dieser Vorsatz bekannt war.

     

    Das Bargeschäft des § 142 InsO

    Bargeschäfte sind regelmäßig anfechtungsfest. Ausnahme: Die Beteiligten handeln unter den Voraussetzungen des bereits genannten § 133 InsO, also um Gläubiger gezielt zu schädigen. Die Bestimmung des § 142 InsO findet allgemein Anwendung, wenn die Beteiligten in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang vereinbarungsgemäß gleichwertige Leistungen austauschen.

     

    MERKE |  Grundlegende Voraussetzung für ein Bargeschäft ist ein Leistungsaustausch, der auf einer Vereinbarung der Beteiligten beruht, also regelmäßig auf einem Vertrag. Leistungen, die ohne eine solche Parteivereinbarung erfolgen, können grundsätzlich nicht Gegenstand eines Bargeschäfts sein.

     

     

    Wichtig | Erbringt der Schuldner seine Leistung auf der Basis einer (einseitigen) gesetzlichen Pflicht, liegt kein Bargeschäft vor. Dies gilt etwa für die Abführung von Lohn- und Umsatzsteuer sowie für die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.

     

    Gleichwertige Leistungen

    Die gegenseitig erbrachten Leistungen müssen objektiv gleichwertig sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Wert der Leistung, die der Schuldner erbringt, dem der Gegenleistung entspricht. Das trifft z.B. auf den Einkauf von Büromaterial, das sofort übergeben wird, und den Verkauf von Forderungen im Rahmen eines Factoring-Vertrags zu marktüblichen Bedingungen zu. Es gilt jedoch nicht für die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises oder den Ausgleich von Altverbindlichkeiten, um die Weiterbelieferung - etwa mit Strom oder Wasser - zu erreichen.

     

    Keine gleichwertige Gegenleistung liegt vor, wenn die vom Geschäftspartner erbrachte Leistung für den Schuldner nutzlos war.

     

    • Beispiel

    Steuerberater X wird vom Schuldner mit einer Sanierungsberatung betraut. X liefert ein aus Textbausteinen zusammengestelltes, nichtssagendes Gutachten, das nicht auf die Umstände des Einzelfalls eingeht.

     

    Anders verhält es sich, wenn die Sanierungsberatung umfassend und sachgerecht war, selbst wenn bei Auftragserteilung bereits ein Insolvenzantragsgrund vorgelegen hat (vgl. ausführlich MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 14).

     

    Unmittelbarkeit des Austauschs

    Der Austausch von Leistung und Gegenleistung muss nicht Zug um Zug erfolgen, aber stets unmittelbar geschehen - also in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen. Der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum lässt sich allerdings nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht. Liegen zwischen den Terminen mehr als 30 Tage, kann man aber nicht mehr von der geforderten Unmittelbarkeit ausgehen (grundlegend BGH 6.12.07, IX ZR 113/06, ZInsO 08, 101).

     

    Auch länger dauernde Vertragsbeziehungen scheiden nicht von vornherein als Bargeschäft aus. Insbesondere können Dienstleistungen eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts Bargeschäfte sein (grundlegend BGH 13.4.06, IX ZR 158/05, Abruf-Nr. 061927). Derartige Tätigkeiten können sich häufig über einen längeren Zeitraum erstrecken. Selbst wenn es sich nicht um Dauermandate handelt, sind Zeitspannen von Monaten oder gar Jahren nicht selten, wie etwa bei sich hinziehenden Einspruchsverfahren oder Finanzgerichtsprozessen.

     

    MERKE |  Bei längeren Vertragsbeziehungen ist Voraussetzung für die Annahme eines Bargeschäfts, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - innerhalb der genannten 30-Tage-Frist ausgetauscht werden.

     

     

    • Beispiele
    • Zahlungen, mit denen ein Bauunternehmer nach Baufortschritt entlohnt wird
    • Erstellen von monatlichen Lohn- und USt-Erklärungen oder Beitragsnachweisen gegen sofortige Honorierung
     

    Abrechnung von Vorschüssen und Gebühren

    Die Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe werden durch diese Fristenregelung nicht benachteiligt. Sie können jederzeit Vorschüsse verlangen.

     

    Die Voraussetzungen eines Bargeschäfts sind indes nicht erfüllt, wenn der Berufsangehörige einen Vorschuss in einer Höhe geltend macht, die den Wert der Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreitet. Nach Auffassung des BGH (13.4.06, a.a.O.) ist es einem Berater insoweit möglich und zumutbar, in regelmäßigen Abständen Teilzahlungen oder Vorschüsse einzufordern, die in etwa dem Wert seiner inzwischen entfalteten oder der in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen. Ferner kann er mit seinem Mandanten auch während des laufenden (Dauer-)Mandats vereinbaren, Teilleistungen künftig nur noch gegen entsprechende Vergütung zu erbringen. Dies gilt etwa für die Erstellung der monatlichen Steuererklärungen bzw. Beitragsnachweise oder die Übernahme der laufenden Buchhaltungsarbeiten.

     

    Wichtig | Es ist stets darauf zu achten, dass einerseits die 30-Tage-Frist eingehalten wird. Anderseits dürfen im Rahmen der Bargeschäftsregelung nur die für den laufenden Einsatz anfallenden Gebühren verlangt und abgerechnet werden.

    Beweislastverteilung

    Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung liegt die Beweislast stets beim Anfechtungsgegner - in den hier interessierenden Fällen also beim Berufsangehörigen (BGH 1.10.02, IX ZR 360/99, ZInsO 02, 1136). Er muss mithin darlegen und ggf. nachweisen, dass er eine gleichwertige Leistung in unmittelbarem Zusammenhang mit der erhaltenen Zahlung erbracht hat.

     

    PRAXISHINWEIS |  Der Berater sollte sich nicht scheuen, gerade mit einem kriselnden Mandanten eine explizite Bargeschäftsabrede zu treffen und vor allem hinreichend zu dokumentieren, damit im Rahmen eines Zivilprozesses entsprechende Beweismittel präsentiert werden können.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • „Insolvenzanfechtung von Steuerberaterhonoraren“ in KP 13, 60
    • „Strafrechtliche Beihilfe durch berufstypisches Verhalten?“ in KP 11, 45
    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 82 | ID 38550290

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