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  • · Nachricht · Elektronischer Rechtsverkehr

    Ist ein Berufsträger, der in eigener Sache auftritt, wie eine Privatperson zu behandeln?

    | Rechtsanwälte müssen schon seit geraumer Zeit Dokumente elektronisch bei Gericht einreichen. Eine Übermittlung per Post oder Telefax wird nicht akzeptiert. Dies gilt auch für einen Rechtsanwalt, der in eigener Angelegenheit tätig wird, wenn er als RA gegenüber dem Gericht auftritt (VG Berlin 5.5.22, VG 12 L 25/22, Beschluss). |

     

    Der Rechtsanwalt hatte einen Antrag in eigener Sache nicht über das beA versendet, da bei der Nutzung seines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs seit geraumer Zeit Nutzungsprobleme in Form von Zugangsstörungen aufträten, deren Behebung noch ausstehe. Er war ausweislich des Briefkopfes seiner Schriftsätze stets als „Rechtsanwalt O. T.“ aufgetreten.

     

    Das Gericht wertete den Antrag als unzulässig, da der Antragsteller ihn entgegen § 55d S. 1 VwGO nicht als elektronisches Dokument eingereicht hatte:

     

    • Eine ausnahmsweise Übermittlung auf dem Postweg oder per Fax, weil die Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich war (§ 55d S. 3 VwGO), kam nicht in Betracht. Eine vorübergehende Unmöglichkeit ist nach § 55d S. 4 VwGO glaubhaft zu machen. Dies hatte der Antragsteller nicht getan. Er hatte vielmehr lediglich pauschal behauptet, dass es bei der Nutzung seines besonderen elektronischen Anwaltspostfaches zu Zugangsstörungen gekommen sei. Art und Häufigkeit der Zugangsstörungen hatte der Antragsteller ebenso wenig dargelegt und glaubhaft gemacht wie etwaige Bemühungen, diese Störungen zu beseitigen.

     

    • Und auch eine Behandlung als Privatperson kam hier nicht infrage. Indem er bewusst als „Rechtsanwalt O.T.“ aufgetreten war, hatte er die Rolle als Rechtsanwalt angenommen, was bei seinem Obsiegen zur Folge gehabt hätte, dass er vom Antragsgegner seine Gebühren und Auslagen hätte verlangen können.

     

    Das Gericht konnte damit offen lassen, ob § 55d VwGO davon ausgeht, dass allein schon die Zulassung als Rechtsanwalt die Verpflichtung zur Nutzung des beA begründet oder ob § 55d VwGO auch voraussetzt, dass die Rolle als Rechtsanwalt bewusst eingenommen wird. Letzteres Verständnis hätte zur Folge, dass eine Person dann nicht als Rechtsanwalt zu behandeln wäre, wenn sie zwar als solcher zugelassen ist, jedoch in einer eigenen Angelegenheit nicht als solcher, sondern als Privatperson auftritt. Eine solche Auslegung könnte im Lichte der Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und Justizgewährung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) geboten sein, da es zweifelhaft erscheint, ob es sich rechtfertigen lässt, dass einem Rechtsanwalt wegen der Verletzung beruflicher Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr auch in privaten Angelegenheiten der Zugang zu den Gerichten verwehrt bleibt.

     

    • Alles Wichtige zum beSt und zur Steuerberaterplattform

    Zum 1.1.23 kommt das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt). Alle Berufsangehörigen sind ausnahmslos gesetzlich dazu verpflichtet, sich zu registrieren, das Postfach technisch einzurichten und es aktiv und passiv zu nutzen.

     

    Der IWW Informationsdiensts KP Kanzleiführung professionell informiert regelmäßig in den kommenden Monaten über alle wichtigen Neuerungen:

     

    • Digitale Kanzleiprozesse ‒ Mit dem beSt von der analogen zur digitalen Unterschriftenmappe (KP 22, 164)
    • Alles Wichtige, damit Sie am 1.1.23 mit dem beSt sofort durchstarten können (KP 22, 149)
    • Die Steuerberaterplattform auf der Zielgeraden ‒ Interview mit BStBK-Geschäftsführerin Claudia Kalina-Kerschbaum (KP 22, 146)
    • Digitalisierung des Berufsstands: Steuerberaterplattform und beS ‒ Das kommt auf die Beraterschaft zu (Derlath, KP-Beitrag vom 9.8.22)
     
    Quelle: ID 48319242