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  • 05.01.2009 | Arglistige Täuschung

    Arglistanfechtung: Auch noch nach Mietvertragsende möglich

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Die Anfechtung eines Mietvertrags über Geschäftsräume wegen arglistiger Täuschung ist auch nach Überlassung der Mieträume und Beendigung des Mietvertrags neben der Kündigung zulässig. Sie wirkt gemäß § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück (BGH 6.8.08, XII ZR 67/06, Abruf-Nr. 083432).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin schloss mit der Beklagten in 6/97 einen auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag über „Büroräume im Souterrain, Hochparterre und 2. Obergeschoss“ in einer sanierten Altbauvilla. Die Mieträume wurden „in vollständig renoviertem und für den vertragsgemäßen Gebrauch nutzbaren Zustand“ übergeben. Der Klägerin war bekannt, dass die Souterrainräume nicht als Büroräume genehmigt waren. Diese und die Räume im Hochparterre untervermietete die Beklagte mit Zustimmung der Klägerin als Büroräume zum Betrieb einer Anwaltskanzlei. In zweiter Instanz hat die Beklagte am 6.8.04 die Anfechtung des Mietvertrags wegen arglistiger Täuschung erklärt und u.a. - teilerfolgreich - Hilfswiderklage auf Rückzahlung der geleisteten Kaution nebst Zinsen erhoben. Der BGH hat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.  

     

    Praxishinweis

    Während nach einhelliger Meinung eine Anfechtung des Mietvertrags wegen arglistiger Täuschung vor Übergabe der Mietsache mit Rückwirkung gemäß § 142 Abs. 1 BGB uneingeschränkt zulässig ist, ist umstritten, ob und gegebenenfalls mit welcher Rechtsfolge eine Anfechtung des Mietvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB auch nach Übergabe der Mietsache neben dem Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB möglich ist. Der erstmals hiermit befasste BGH entscheidet die Frage wie aus dem LS. ersichtlich.  

     

    Die Streitfrage hat erhebliche praktische Relevanz, weil das Fehlen der erforderlichen behördlichen Genehmigung zur vertragsgemäßen Nutzung von Mieträumen nur dann einen Mangel i.S. von § 536 BGB darstellt und den Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn ihm durch eine mit einer Zwangsmittelandrohung verbundene Ordnungsverfügung die vertragsgemäße Nutzung untersagt wird und für ihn zumindest Ungewissheit über deren Zulässigkeit besteht (BGH MK 08, 59, Abruf-Nr. 080794). Bleibt die zuständige Bauordnungsbehörde dagegen untätig und kann der Mieter die Räume trotz der öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkung tatsächlich wie vereinbart nutzen, kann er die Miete weder mindern noch das Mietverhältnis gemäß § 543 BGB fristlos kündigen. Mit der Zulassung der Arglistanfechtung weist der BGH dem Mieter einen Weg, sich - sofern die Anfechtungsfrist (§ 124 BGB) gewahrt ist - aus einem ihm nachteiligen Vertragsverhältnis zu lösen, auch wenn die Voraussetzungen des § 543 BGB nicht vorliegen und selbst wenn das Mietverhältnis bereits beendet ist. Hier kann für den Anwalt künftig eine Regressfalle liegen.