01.12.2005 | Beratungspraxis
Mieter und Vermieter als Drittschuldner: Das müssen Sie wissen
Sind Mieter oder Vermieter Schuldner eines Dritten, kann dieser als Gläubiger auf die jeweiligen Ansprüche seines Schuldners aus dem Mietverhältnis zurückgreifen. Er lässt sie nach §§ 828 ff. ZPO pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Die andere Partei wird als Drittschuldner in das Vollstreckungsverhältnis mit einbezogen. Das bringt Pflichten mit sich, die es zu beachten gilt, um sich weder schadenersatzpflichtig zu machen, noch doppelt zahlen zu müssen. Der folgende Beitrag erläutert die Einzelheiten.
Pfändbare Ansprüche
Für die Frage, welche Ansprüche im Mietverhältnis pfändbar sind, ist zu unterscheiden, wer Schuldner ist. Dabei ergeben sich die gepfändeten Ansprüche aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB), der dem Drittschuldner zugestellt wird. Hieran muss sich dieser halten.
- Soweit der Vermieter Schuldner ist, kann beim Mieter als Drittschuldner der Anspruch auf Zahlung der regelmäßigen Kaltmiete gepfändet werden. Damit werden sowohl rückständige Mieten als auch der Anspruch auf zukünftige Mieten erfasst. Der Gläubiger kann auch den Anspruch auf die Mietkaution pfänden. Er darf sie aber nur verwerten, wenn auch der Vermieter sie verwerten dürfte, also etwa, wenn der Mieter mit Mietzahlungen im Rückstand ist oder Schadenersatz wegen der Beschädigung der Mietsache schuldet.
- Soweit der Mieter der Schuldner ist, kann der Gläubiger auch den Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution, den Anspruch auf Auszahlung eines Guthabens aus der Nebenkostenabrechnung oder auch die vollständige oder teilweise Rückerstattung eines Baukostenzuschusses pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.
Erste Pflicht des Drittschuldners: Keine Zahlung an Vertragspartner
Erhalten Mieter oder Vermieter einen PfÜB, ist damit nach § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO das Verbot an den Drittschuldner verbunden, an den Schuldner zu zahlen, d.h. etwa die Miete an den Vermieter zu überweisen. Verstößt der Drittschuldner gegen diese Verpflichtung, läuft er Gefahr, zweimal zahlen zu müssen.
Praxishinweis: Das gilt auch, wenn mit dem PfÜB unpfändbare oder nur bedingt pfändbare Forderungen gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurden. Auch der rechtswidrige PfÜB ist zu beachten und schützt den Drittschuldner nach § 836 Abs. 2 ZPO vor doppelter Inanspruchnahme. Der Schuldner kann sich gegen den rechtswidrigen PfÜB mit der Erinnerung nach § 766 ZPO zur Wehr setzen und so diesen ganz oder teilweise beseitigen (Goebel, a.a.O., § 14).
Zweite Pflicht des Drittschuldners: Abgabe der Drittschuldnererklärung
Mit der Zustellung des PfÜB fordert der Gläubiger den Drittschuldner auf, binnen zwei Wochen nach der Zustellung des PfÜB nach § 840 ZPO die Drittschuldnererklärung abzugeben. § 840 Abs. 1 ZPO begegnet aus Sicht des BGH keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (NJW 00, 651). Er erachtet sie als eine zulässige Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben.
Die Erfüllung der Auskunftspflicht nach § 840 ZPO liegt auch im Interesse des Drittschuldners: Er kann mit der ihm meist leicht möglichen Information des Gläubigers verhindern, dass dieser – irrtümlich – von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgeht, eine nicht bestehende oder nicht durchsetzbare gepfändete Forderung geltend macht und bei Erfolglosigkeit nach erst späterer Einlassung des Drittschuldners auf die Schadenersatzklage gegen diesen übergeht. Mit einer qualifizierten Drittschuldnerauskunft kann also der Drittschuldner seinen Arbeitsaufwand klein und damit den Zeit- und Kostenaufwand gering halten.
Die Drittschuldnerauskunft ist eine reine Obliegenheit, die für den Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung mit einem Schadenersatzanspruch (§ 840 Abs. 2 S. 2 ZPO) bewehrt ist. Die tatsächliche Abgabe der Drittschuldnererklärung kann vom Gläubiger also nicht erzwungen werden.
Praxishinweis: Wird die Drittschuldnererklärung aber nicht, nicht rechtzeitig oder nicht wahrheitsgemäß abgegeben, kann der Gläubiger anstelle des Schuldners auf Zahlung der gepfändeten Forderungen aus dem Mietverhältnis klagen. Stellt sich dann heraus, dass die Forderung nicht besteht, muss der Drittschuldner als Schadenersatz die Prozesskosten tragen.
Wann besteht die Auskunftspflicht?
Bezweifeln Vermieter oder Mieter die Verpflichtung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung oder wurde sie zu spät abgegeben, muss geprüft werden, ob überhaupt eine Pflicht bestand. Dies setzt die Zustellung des wirksamen Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner und die Aufforderung zur Auskunft seitens des Gläubigers voraus (§ 840 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 ZPO).
Erforderlich ist die Zustellung des Verlangens nach einer Drittschuldnerauskunft durch den Gerichtsvollzieher. Eine solche durch die Post reicht nicht aus, da der Postbote zur Entgegennahme mündlicher Erklärungen nicht befugt ist und § 840 Abs. 3 ZPO ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, dass der Drittschuldner die Drittschuldnererklärung unmittelbar mündlich gegenüber dem Gerichtsvollzieher abgibt.
Frist zur Abgabe der Drittschuldnererklärung
Der Drittschuldner muss die Erklärung persönlich oder durch einen dazu ermächtigten Vertreter binnen zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung abgeben. Diese Frist gilt auch, wenn die Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung im Wege der Ersatzzustellung erfolgt ist.
Praxishinweis: Die Frist muss unbedingt eingehalten werden. Nach Ablauf der Frist kann der Gläubiger unmittelbar Einziehungsklage erheben, wenn die Drittschuldnererklärung nicht abgegeben wurde. Wird diese später nachgeholt, so dass der Einziehungsprozess überflüssig wird, muss der Drittschuldner nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO die Kosten des Prozesses als Schadenersatz wegen der verspäteten Abgabe der Drittschuldnererklärung tragen. Kann die Frist nicht eingehalten werden, muss eine Verständigung über eine Fristverlängerung mit dem Gläubiger gesucht werden.
Der BGH hat für die Frage, ob die Frist gewahrt ist, auf den Zugang der Erklärung beim Gläubiger abgestellt (NJW 81, 990). Die Erklärung kann aber auch sofort bei Zustellung des Pfändungsbeschlusses und nach der Aufforderung des Gerichtsvollziehers diesem gegenüber abgegeben werden.
Umfang der Erklärungspflicht des Drittschuldners
Der Umfang der Drittschuldnererklärung ergibt sich aus dem Gesetz (s.u.). Stellt der Gläubiger weitergehende Fragen, sind diese zwar nicht auf der Grundlage des § 840 ZPO zu beantworten. Geprüft werden muss aber, ob auf Grund der mit gepfändeten Nebenrechte, also auch der Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche, weitergehende Auskunft geschuldet ist.
- Erklärung nach § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: Der Drittschuldner muss sich nach § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zunächst darüber erklären, ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkennt und Zahlung zu leisten bereit ist. Diese Frage nach der Leistungsbereitschaft umfasst in aller Regel Bestand, Art und Höhe der Forderung im beschlagnahmten Umfang. Dem Gläubiger soll so Gelegenheit gegeben werden, zu erfahren, ob sein Schuldner tatsächlich Mieter bzw Vermieter ist und ob Zahlungsansprüche gegenwärtig oder zukünftig bestehen.
- Erklärung nach § 840 Abs. 1 Nr. 2 ZPO: Der Drittschuldner muss sich weiter darüber erklären, ob und welche Ansprüche andere Personen an der Forderung geltend machen. Erfasst werden sollen z.B. Gegenforderungen des Drittschuldners, mit denen er aufrechnen kann (z.B. aus einem Darlehen an den Mieter oder Vermieter), Abtretungen, die zeitlich vor der Zustellung des PfÜB erfolgt sind sowie Verpfändungen und Forderungsüberleitungen kraft Gesetzes. Soweit solche Ansprüche geltend gemacht werden, muss der Drittschuldner den Namen des Anspruchstellers, dessen Anschrift sowie Grund und Betrag der Forderung bezeichnen.
- Erklärung nach § 840 Abs. 1 Nr. 3 ZPO: Schließlich muss sich der Drittschuldner darüber erklären, ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet ist. Dabei sind die Gläubiger und die Art und Höhe ihrer Ansprüche zu bezeichnen, auch der Pfändungsbeschluss mit Angabe der erlassenden Stelle sowie des Tages des Erlasses. Auch noch wirksame Vorpfändungen sind anzugeben. Nachrangige Pfändungen brauchen nicht mitgeteilt zu werden (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 840, Rn. 7). Der Gläubiger muss durch diese Auskunft in die Lage versetzt werden, festzustellen, ob und in welchem Zeitraum er mit der Befriedigung seiner titulierten Forderung rechnen kann und ob er sich um andere Vollstreckungsmöglichkeiten bemühen muss.
Musterformulierung: Drittschuldnerauskunft | |||||||||||||||||||||||||||
Drittschuldner ... (Name Anschrift, Datum)
An Gläubiger ... (Name Anschrift)
Betr.: Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG ... – Vollstreckungsgerichts – ... vom ...; Zwangsvollstreckungssache ... ./. ...
hier: Drittschuldnerauskunft gemäß § 840 ZPO
Sehr geehrter Herr ...,
sie haben gegen den Schuldner ... beim AG ... einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, der mir am … vom Gerichtsvollzieher mit der weiteren Aufforderung zugestellt wurde, die Drittschuldnerauskunft nach § 840 Abs. 1 ZPO abzugeben. Insoweit erkläre ich:
Die gepfändete Forderung wird anerkannt.
Vorbehaltlich unseres Rechts zur Verrechnung eigener Geldforderungen bin ich bereit, im Rahmen der Pfändbarkeit und soweit nicht Rechte Dritter vorgehen, Zahlungen an Sie zu leisten, solange der Schuldner Forderungen aus dem Mietverhältnis in dem im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezeichneten Umfange gegen mich hat. Im Übrigen bleibt die Erhebung von Einwendungen und Einreden vorbehalten, sofern noch solche bekannt werden.
Diese Erklärung beinhaltet eine tatsächliche Auskunft und kein Schuldanerkenntnis. Um die beiderseitige weitere Bearbeitung zu erleichtern, werden freiwillig folgende Angaben gemacht: Ich gebe Ihnen hiermit bekannt, dass ich Ihren Namen, Ihre Anschrift sowie Ihre Bankverbindung zur weiteren Bearbeitung der Pfändung gespeichert habe.
Mit freundlichen Grüßen ... (Unterschrift) |