21.02.2011 | Betriebskosten
Keine Umlage der Fixkosten des erfassten Wasserverbrauchs durch Formularklausel
von RA Holger Glaser, Nordkirchen
1. § 556a Abs. 1 S. 2 BGB lässt es zu, dass die Kosten der Wasserversorgung im - vom Gesetz vorausgesetzten - Normalfall, in dem die Wohnungen der Abrechnungseinheit im Wesentlichen vermietet sind, einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden, also auch insoweit, als Fixkosten wie Grundgebühren oder Zählermiete unabhängig vom tatsächlichen Wasserverbrauch anfallen. Dieser Grundsatz findet seine Grenze dort, wo eine solche Umlegung wegen erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Mieter mit Fixkosten der Wasserversorgung führt, die auf die leerstehenden Wohnungen nicht nach Verbrauch umgelegt werden können, weil in ihnen aufgrund des Leerstands kein Wasserverbrauch anfällt. |
2. In einem Formularmietvertrag hält die Klausel „Frisch-/Kaltwasser wird, soweit der Verbrauch über Messeinrichtungen erfasst wird, nach dem Ergebnis der Messungen abgerechnet. Entsprechendes gilt für die Grundgebühr (sie wird im Verhältnis der je Wohnung erfassten Verbrauchsmenge umgelegt)“ der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil sie die Grenze der Zulässigkeit einer Umlegung auch der Grundgebühren der Wasserversorgung nach dem erfassten Verbrauch nicht beachtet. |
(BGH 6.10.10, VIII ZR 183/09, Abruf-Nr. 103670) |
Sachverhalt
Laut Formular-Dauernutzungsvertrag muss der Mieter als Betriebskosten die „Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung“ tragen. Unter der Überschrift „Umlagemaßstab entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen“ enthält der Vertrag die in LS. 2 genannte Klausel. Die Instanzgerichte haben im Verfahren nach §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG die weitere Verwendung der Klausel untersagt. Der BGH weist die Revision zurück.
Entscheidungsgründe/Praxishinweis
Die Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand. Grund: Sie ordnet die Umlegung der Grundgebühr der Wasser-versorgung nach dem Maßstab des in den Wohnungen erfassten Wasser-verbrauchs zwingend ohne Ausnahme auch für den Fall an, dass die Umlegung der Grundgebühr wegen erheblichen Wohnungsleerstands zu einer nicht hinnehmbaren Mehrbelastung der Mieter führt. Das ist mit dem wesentlichen Grundgedanken des Betriebskostenrechts unvereinbar, dass der Vermieter das Leerstandsrisiko tragen muss. § 556a Abs. 1 S. 2 BGB steckt den Rahmen ab, innerhalb dessen sich die Umlegung verbrauchsab-hängiger Betriebskosten bewegen muss, wenn der Verbrauch erfasst wird. Der Abrechnung muss ein Maßstab zugrunde liegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch „Rechnung trägt“, also ihn angemessen berücksichtigt.
Der BGH nimmt in Einklang mit der überwiegenden Meinung und entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (WuM 10, 158) an, dass die gesetzliche Regelung einen begrenzten Spielraum auch für die Umlage verbrauchsunabhängiger Fixkosten der Wasserversorgung (z.B. Grundgebühren oder Zählermiete) nach dem erfassten Wasserverbrauch eröffnet. Aufgrund der Verweisung in § 556 Abs. 1 S. 3 BGB zählen zu den verbrauchsabhängigen Betriebskosten i.S. des § 556a Abs. 1 S. 2 BGB auch die in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BetrKV aufgeführten, vom Wasserverbrauch abhängigen Kosten der Wasserversorgung. Das heißt: § 556a Abs. 1 S. 2 BGB lässt es nicht nur zu, dass die Umlegung verbrauchsabhängiger Betriebskosten nicht zu 100 Prozent nach erfasstem Verbrauch erfolgt, sondern erlaubt auch, in gewissem Umfang verbrauchsunabhängige Kostenbestandteile in die Umlegung nach erfasstem Verbrauch einzubeziehen. Der BGH verweist erneut darauf, dass das Gesetz keine absolute Verteilungsgerechtigkeit bei der Umlage von Betriebskosten fordert (vgl. BGH NJW 06, 3557; MK 10, 45). Daneben sind auch Gesichtspunkte der Praktikabilität zu berücksichtigen. Folge: Gewisse Ungenauigkeiten und damit auch Ungerechtigkeiten durch eine generalisierende Betrachtungsweise sind im Interesse der Vereinfachung von Betriebskostenabrechnungen auch im Anwendungsbereich des § 556a Abs. 1 S. 2 BGB hinzunehmen, solange die Umlage den erfassten unterschiedlichen Verbrauch noch hinreichend berücksichtigt.
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