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  • 28.05.2008 | Betriebskostenabrechnung

    Abflussprinzip ist zulässig

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    §§ 556 ff. BGB legen den Vermieter bei der Abrechnung von Betriebskosten nicht auf eine Abrechnung nach dem sog. Leistungsprinzip fest. Auch eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip ist grundsätzlich zulässig (BGH 20.2.08, VIII ZR 49/07, Abruf-Nr. 080879).

     

    Sachverhalt

    Die klagende Wohnraummieterin muss u. a. auf die Betriebskosten für Wasserversorgung und Abwasser monatliche Vorauszahlungen mit jährlicher Abrechnung zahlen. Vertraglich ist die beklagte Vermieterin nicht an eine bestimmte Abrechnungsmethode gebunden gewesen. Wegen der Wasserkosten hat sie aus vier Gebäuden eine Wirtschaftseinheit gebildet. Mit zwei „Turnusrechnungen“ rechnete der Wasserlieferant für die Zeit vom 23.9.03 bis zum 27.7.04 über die von der Beklagten geleisteten Abschlagszahlungen ab. Diese beglich die sich hieraus ergebenden Nachforderungen. In die Betriebskostenabrechnung 04 stellte sie ihre in 04 insgesamt an den Wasserlieferanten erbrachten Vorauszahlungen und Nachzahlungen ein und legte die Gesamtkosten nach Verbrauch auf die Mieter um (sog. Abrechnung nach dem Abflussprinzip). Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, für den Abrechnungszeitraum 04 einen Teil der auf die Wasser- und Abwasserkosten geleisteten Vorauszahlungen an die Klägerin zu erstatten. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Die Betriebskostenabrechnung enthielt einerseits Kosten für Leistungen, die in einer vorherigen Abrechnungsperiode erbracht worden sind, andererseits Zahlungen (Abschläge) auf der Beklagten noch nicht abschließend berechnete Kosten. Folge: Der BGH musste erstmals entscheiden, wie die nach § 556 Abs. 3 S. 1 BGB jährlich abzurechnenden Betriebskosten dem jeweiligen Abrechnungszeitraum zuzuordnen sind. Hierzu wurden bislang unterschiedliche Auffassungen vertreten (s. Urteilsgründe Rn. 15 ff.). Der VIII. Senat entscheidet die Streitfrage wie aus dem Ls. ersichtlich:  

     

    Checkliste: Die 6 Kernargumente des BGH zur Zulässigkeit des Abflussprinzips
    • §§ 556 ff. BGB und den Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 14/4553, S. 50 ff.) ist nicht zu entnehmen, dass das BGB den Vermieter auf eine bestimmte zeitliche Zuordnung der Betriebskosten festlegt (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 556 Rn. 303; Bieber, BGHReport 06, 1340).

     

    • Soweit nach § 556a Abs. 1 S. 2 BGB Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, nach einem Maßstab umzulegen sind, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt, liegt hierin keine Bestimmung über die Zuordnung von Betriebskosten zu einem bestimmten Abrechnungszeitraum. Auch eine Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip wird dem Verbrauch bzw. der Verursachung als Abrechnungsmaßstab gerecht.

     

    • § 556 Abs. 3 S. 1, 2und 3 BGB stehen einer Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip ebenfalls nicht entgegen. Auch wenn für den Nachforderungsausschluss nach § 556 Abs. 3 S. 3

     

    BGB bei einer Abrechnung nach dem Abflussprinzip kein Bedürfnis besteht, weil sich dieser in erster Linie bei Abrechnungen nach dem Leistungsprinzip auswirkt, rechtfertigt dies nicht die Schlussfolgerung, der Gesetzgeber habe eine Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip ausschließen wollen. Grund: Die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB und der durch § 556 Abs. 3 S. 3 BGB angeordnete Ausschluss von Nachforderungen sollen eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss (BGH MK 07, 81, Abruf-Nr. 070901).

     

    • Gegen das Abflussprinzip lässt sich auch nicht anführen, dem Mieter werde ein Vergleich der Kostenentwicklung über verschiedene Abrechnungsperioden hinweg erschwert (so aber Müller/Walther/Schneider, Miet- und Pachtrecht, § 556 Rn. 310; vgl. auch Schmidt-Futterer/Langenberg, a.a.O., § 556 Rn. 305). Das Gesetz richtet kein solches Erfordernis an eine Betriebskostenabrechnung.

     

    • Zudem ist die Anwendung des Abflussprinzips auch für den Mieter von Vorteil, weil ihm die Kontrolle der jeweiligen Betriebskostenabrechnung vereinfacht wird. Er kann anhand des Fälligkeitsdatums der Rechnung des Versorgers leicht feststellen, ob ein in die Abrechnung eingestellter Betrag zum Abrechnungszeitraum gehört.

     

    • Das Abflussprinzip ermöglicht eine sachgerechte Umlage der Betriebskosten, indem es auf die Kosten abstellt, mit denen der Vermieter im Abrechnungszeitraum vom Leistungsträger jeweils tatsächlich belastet wird. Nach dem Leistungsprinzip wäre der Beklagten eine – im Interesse beider Vertragsparteien liegende – zeitnahe Abrechnung nicht möglich. Denn sie könnte eine vollständige Abrechnung der Betriebskosten für das Jahr 04 erst nach Erhalt der weiteren Turnusrechnungen des Wasserversorgers für die von diesem gewählte Abrechnungsperiode 4/05 (also voraussichtlich in 9/05) erstellen. Außerdem müsste die Beklagte dann die vom Wasserversorger für die Zeiträume 3 und 4/05 abgerechneten Beträge jeweils – im Wege einer Schätzung oder mit Hilfe einer zusätzlichen Ablesung des Gesamtverbrauchs am Ende des Kalenderjahrs – den einzelnen Kalenderjahren zuordnen. Der damit verbundene zusätzliche Aufwand ist für den Vermieter nicht zumutbar und wird von schutzwürdigen Interessen des Mieters nicht gefordert. Gewisse Ungenauigkeiten, die sich durch eine konkrete Messung des (Gesamt)Verbrauchs zum Ende des Abrechnungszeitraums des Vermieters vermeiden ließen, sind hinzunehmen (MK 07, 16, Abruf-Nr. 063511).