01.10.2007 | Betriebspflicht
Intransparente Klauseln sind unwirksam
Die Klausel „Der Mieter wird das Geschäftslokal im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen mindestens so lange offen halten, wie die überwiegende Anzahl aller Mieter ihre Geschäfte offen hält. Der Mieter hat das Recht, die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten voll auszuschöpfen. Aus seiner bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (z.B. aus Anlass von Mittagspausen, Ruhetagen, Betriebsferien, Inventuren u.a.) sind nicht zulässig“ entspricht jedenfalls nicht dem Transparenzgebot, wenn die weiteren Mietverträge mit den (überwiegenden) Kleinmietern die Klausel enthalten „Der Mieter wird das Geschäftslokal im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten an allen Verkaufstagen so lange offen halten, wie die überwiegende Anzahl aller Mieter ihr Geschäft offen hält. Dem Vermieter bleibt die abschließende Festlegung der Ladenöffnungszeiten vorbehalten. Aus einer bloßen Duldung abweichender Öffnungszeiten durch den Vermieter kann der Mieter keine Rechte herleiten. Zeitweise Schließungen (z.B. aus Anlass von Mittagspausen, Ruhetagen, Betriebsferien, Inventuren u.a.) sind nicht zulässig“ (BGH 16.5.07, XII ZR 13/05, Abruf-Nr. 072158). |
Sachverhalt/Entscheidungsgründe
Der Mietvertrag enthält die o.g. Klauseln. Nach Änderung des Ladenschlussgesetzes (LadSchlG) einigten sich die Mieter des Einkaufszentrums, die Mehrzahl sog. Kleinmieter, mit der Vermieterin u.a. auf die Öffnung der Geschäfte an Samstagen bis 16.00 Uhr. Nach weiterer Änderung des LadSchlG legte die Klägerin auf Verlangen der größten Mieter die Öffnungszeiten an Samstagen bis 20.00 Uhr fest. Die Beklagte öffnet ihr Geschäft an Samstagen grundsätzlich nur bis 18.00 Uhr, lediglich an den Adventsamstagen bis 20.00 Uhr. Sie wurde verurteilt, ihr Geschäft auch an Samstagen zwischen 18.00 Uhr und 20.00 Uhr geöffnet zu halten, wenn und soweit die überwiegende Anzahl aller Mieter des Einkaufszentrums ihre Geschäfte offen hält. Das Urteil hat der BGH aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind Verwender von AGB entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass AGB wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nach diesen Grundswätzen wird die o.g. erste Klausel dem Transparenzgebot nicht gerecht. Hierdurch wird der Anschein erweckt, eine Ausweitung der Betriebspflicht hänge nicht vom Willen des Vermieters, sondern allein von der Mehrheit der übrigen Mieter des Einkaufszentrums ab. Tatsächlich können die meisten Mieter nicht frei entscheiden, wie lange sie ihr Geschäft offen halten wollen. Nach S. 2 der zweiten und nur in den Verträgen mit Kleinmietern enthaltenen Klausel bleibt dem Vermieter die abschließende Festlegung der Öffnungszeiten vorbehalten. Er kann damit die Öffnungszeiten der Mehrzahl aller von ihm vermieteten Ladenflächen einseitig bestimmen und damit die Voraussetzungen für eine Ausweitung der Betriebspflicht nach S. 1 der ersten Klausel herbeiführen. Mit einem solchen Weisungsrecht des Vermieters gegenüber anderen Mietern rechnet der durchschnittliche Adressat bei der Lektüre dieses Satzes nicht. Er wird aufgrund der Formulierung der Klausel vielmehr davon ausgehen, dass die Betriebspflicht bei den anderen Mietern ebenso geregelt ist. Das Ausmaß seiner Verpflichtung wird durch die gewählte Formulierung verschleiert. Während er nach dem Wortlaut mit einer Änderung der Öffnungszeiten nur rechnen muss, wenn sich die Mehrheit aller Mieter des Einkaufszentrums dafür ausspricht, kann in Wirklichkeit der Vermieter allein die Öffnungszeiten bestimmen, weil die Kleinmieter wegen der nur in ihren Mietverträgen enthaltenen zweiten Klausel so lange offen halten müssen, wie es die Klägerin will.
Praxishinweis
Geschäftsöffnungsklauseln als gängiger Bestandteil der Vermietung von Gewerbeflächen in Markthallen und Einkaufszentren enthalten grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung des Mieters i.S.d. § 307 BGB (MK 07, 43, 57). Der Vermieter hat meist ein vitales Interesse an einer vollen Ausschöpfung der zulässigen Öffnungszeiten zur Erhaltung der Anziehungskraft und der Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtanlage. Wie schon in seiner Entscheidung MK 05, 181 (Abruf-Nr. 052445) zur Zulässigkeit der Abwälzung von Erhaltungspflichten auf die Mieter eines Einkaufszentrums sieht der XII. Senat die Grenze einer zulässigen Klauselgestaltung überschritten, wenn diese – wie hier – wegen Verschleierung ihres tatsächlichen Inhalts intransparent ist und der Mieter so in seinem Verständnis in die Irre geleitet wird.
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