01.08.2005 | Checkliste
Abwälzung und Abrechnung von Betriebskosten: Diese 13 BGH-Entscheidungen müssen Sie kennen
von VRiLG a.D. Harald Kinne, Berlin
Der BGH hat in den letzten Monaten endlich Ordnung in die widersprüchliche Rechtsprechung zur Abwälzung und Abrechnung von Betriebskosten gebracht. Durch alle Entscheidungen zieht sich als „roter Faden“, dass der Mieter bei der Vereinbarung der Betriebskostenumlage wissen muss, was auf ihn zukommt. Die folgende Checkliste fasst das Wesentliche hierzu zusammen.
Checkliste: BGH zur Abwälzung und Abrechnung von Betriebskosten |
Praxishinweis: Dennoch empfiehlt sich zur Vermeidung von Streitigkeiten, den Katalog des § 2 BetrKV im Mietvertrag wörtlich wiederzugeben.
Weiterführende Rechtsprechung: Ebenso wie der BGH haben das OLG Celle (ZMR 99,238) und das OLG Düsseldorf (ZMR 01,882) entschieden.
Praxishinweis: Allerdings hat der BGHeine nachträgliche Abwälzung sonstiger Betriebskosten für zulässig gehalten. Denkbar ist hier vor allem eine nachträgliche jahrelange Abrechnung der im Mietvertrag nicht näher bezeichneten Kosten seitens des Vermieters und deren Hinnahme durch Zahlung der Nachforderung oder Akzeptieren der Gutschrift seitens des Mieters.
Weiterführende Rechtsprechung: Auch einige Mietberufungskammern vertraten schon bislang die Auffassung, in der ursprünglichen Vertragsvereinbarung nicht enthaltene Betriebskosten könnten durch mehrfache Abrechnung und deren Akzeptanz durch den Mieter nachträglich einbezogen werden (LG Heilbronn 17.6.03, 2 S 7/03, n.v.; LG Berlin NZM 02,940; GE 02,1566; ZMR 03,427). Worin Angebot und Annahme einer Vertragsergänzung liegen, begründet der BGH aber nicht einmal ansatzweise (Rips, Betriebskostenkommentar, § 556 Rn. 38). Seine zum Beleg zitierten Entscheidungen sind nicht einschlägig (Schumacher, WuM 04, 507).
Praxishinweis: Das gilt nur für die ursprünglich in der Bruttomiete enthaltenen Betriebskosten, nicht für neu eingeführte Betriebskosten.
Praxishinweis: Muss der Mieter nach dem Mietvertrag nur die „nachstehenden Nebenkosten“ tragen und sind in der entsprechenden Spalte für die „nachstehenden Vorschüsse“ nur für einige Kostenarten Vorschüsse betragsmäßig ausgewiesen, kann der Vermieter die übrigen Betriebskosten geltend machen, wenn auf Grund jahrelanger Zahlung entsprechender Kosten nach einer Abrechnung eine stillschweigende Vereinbarung über die Umlagefähigkeit auch der Betriebskosten zustande kommt, für die Vorschüsse nicht ausgewiesen worden sind.
Praxishinweis: Dasselbe dürfte für Kosten der Pflege von Spiel- und sonstigen Plätzen, Zugängen und Zufahrten gelten. Auch bei der Vereinbarung der Umlage der Fahrstuhlkosten auf Erdgeschossmieter dürfte der Gesichtspunkt der gesteigerten Wohnqualität eine Rolle spielen.
Praxishinweis: Zu den Instandhaltungskosten gehören auch Verwaltungskosten, die den Instandhaltungsmaßnahmen voraus- und nachgehen (z.B. Entgegennahme von Mängelanzeigen, Feststellung von Mängeln, Verhandlungen über Reparaturen, Vergabe von Reparaturaufträgen, Einweisung, Überwachung der Handwerker, die Reparaturaufträge ausfüllen, oder Abzeichnen der Stundenlohnzettel). Das führt vor allem zu Abgrenzungsschwierigkeiten in den Bereichen, in denen zugleich Betriebs- als auch Verwaltungs- bzw. Reparaturkosten entstehen (z.B. bei Hauswartskosten und Vollwartungsverträgen für Aufzüge).
Praxishinweis: Hat jedoch der Mieter bereits auf eine oder mehrere Betriebskostenabrechnungen gezahlt, die von einer zu großen Wohnfläche ausgingen, dürfte ein Rückforderungsanspruch hinsichtlich der tatsächlich überzahlten Betriebskosten ausscheiden, da in dieser Zahlung ein deklaratorisches Anerkenntnis der Betriebskostennachforderung des Vermieters zu sehen sein dürfte. Zumindest führt die vorbehaltlose Zahlung des Nachforderungsbetrags dazu, dass der Mieter, der den vorbehaltlos gezahlten Betrag zurückfordert, für die Unrichtigkeit der Betriebskostenabrechnung darlegungspflichtig ist (LG Berlin 16.9.97, 64 S 282/97, n.v.).
Weiterführende Rechtsprechung: Die vorbehaltlose Zahlung einer Abrechnungsnachforderung durch den Mieter wird regelmäßig als deklaratorisches Anerkenntnis angesehen. Folge: Sie wirkt wie ein Verzicht auf solche tatsächlichen oder rechtlichen Einwendungen, die der Mieter kannte oder auf Grund der Abrechnungsunterlagen hätte kennen können (OLG Hamburg WuM 88, 26; WuM 91, 598; LG Kassel WuM 89, 582; LG Aachen NZM 01, 707; AG Ludwigshafen WuM 91, 504; AG Alsfeld NZM 01, 707).
Praxishinweis: Die Betriebskosten für die leerstehenden Räume trägt also im Ergebnis der Vermieter, da er über die Räume verfügen kann. Problematisch ist die Umlage der Betriebskosten der leerstehenden Wohnungen, wenn zu 100 Prozent nach erfasstem Verbrauch umgelegt wird. Dann fallen zwar keine Verbrauchskosten für die leerstehenden Wohnungen an, aber die Grundkosten entstehen gleichwohl. Diese werden – soweit sie in den Verbrauchspreisen enthalten sind – von den anderen Mietern getragen (a.A. AG Rathenow WuM 04,342). Dies ist nur unproblematisch, wenn individualvertraglich vereinbart worden ist, dass die Betriebskosten nach dem “Verhältnis der vermieteten Flächen” umgelegt werden. In Formularverträgen wäre eine derartige Umlage nach vermieteten Flächen als überraschende (§ 305c BGB) und unangemessene (§ 307 BGB) Klausel unwirksam (AG Görlitz WuM 97, 648; Schmid, ZMR 98, 609).
Der Lösungsversuch (AG Köln WuM 98, 290), nicht vermietete Wohnungen so zu behandeln, als ob sie jeweils an eine Person vermietet wären und dafür den Mindestverbrauch vergleichbarer Räume anzusetzen, ist gerade bei verbrauchsabhängiger Umlage nicht überzeugend (Schmid, a.a.O.).
Daher bleibt es bei dem Grundsatz, dass die Betriebskosten der leerstehenden Wohnungen bei der Umlage nach der Wohnfläche der Vermieter tragen muss und bei Umlage nach Verbrauch sämtliche Kosten – auch die verbrauchsunabhängigen Grundkosten – nach dem Verbrauch auf die Mieter der vermieteten Wohnungen umzulegen sind.
Weiterführende Rechtsprechung: Wie der BGH haben bereits die AG Leipzig (ZMR 04,120), Coesfeld (WuM 96, 155), Görlitz (WuM 97, 648) und Köln (WuM 98, 290) entschieden (ebenso Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 8. Aufl., Rn. 4010a). Eine andere Auffassung vertritt nur das AG Zwickau für Wasserversorgungs- und Entwässerungskosten (GE 01,1339). Der Umlagemaßstab der Wohnfläche kann nicht einseitig vom Vermieter auf den Maßstab der bewohnten Fläche umgestellt werden (AG Halle-Saalkreis WuM 04,24; AG Weißenfels WuM 04,24).
Praxishinweis: Der vereinbarte Umlagemaßstab „Wohnfläche“ kann auch beibehalten werden, wenn die Wohnungen in der Abrechnungseinheit unterschiedlich belegt sind (LG Bonn NZM 98, 910). Soweit der Mieter geltend macht, die Kosten würden für einen Ein-Personen-Haushalt bei Umlegung nach der Wohnfläche unverhältnismäßig hoch ausfallen, ist dies so lange unerheblich, wie der Mieter nicht konkret die nach dem beanstandeten Umlagemaßstab auf seinen Haushalt entfallenden Betriebskosten im Vergleich zu denjenigen der anderen Wohnungen darlegt (LG Berlin GE 99,841).
Der Zwangsverwalter muss die Vorauszahlungen des Mieters in vollem Umfang berücksichtigen, selbst wenn diese überwiegend an den Vermieter vor der Beschlagnahme (§ 148 Abs. 2 ZVG) gezahlt worden sind (OLG Hamburg GE 90, 41). Er muss zudem die Betriebskosten für ein Mietobjekt auch für solche Abrechnungszeiträume abrechnen, die vor seiner Bestellung liegen, sofern eine etwaige Nachforderung von der als Beschlagnahme geltenden Anordnung der Zwangsverwaltung erfasst wird.
Nach Beendigung der Zwangsverwaltung ist der Zwangsverwalter nicht mehr für die Abrechnung der Betriebskosten zuständig , sondern (wieder) der Eigentümer (LG Berlin GE 98, 743; GE 04, 691; AG Wedding GE 98, 360; AG Bergisch-Gladbach WuM 90, 230). Der Mieter kann daher nach deren Beendigung eine Klage auf Erteilung einer Betriebskostenabrechnung nur gegen den (ursprünglichen) Vermieter oder gegen den Ersteigerer des Grundstücks erheben, und zwar auch für Abrechnungszeiträume, in denen die Zwangsverwaltung bestanden hat (LG Berlin GE 04, 691). Auch der während des Abrechnungszeitraums in das Mietverhältnis eintretende Erwerber ist zur Abrechnung über den laufenden Abrechnungszeitraum verpflichtet. Er braucht aber nicht über die Vorauszahlungen abzurechnen, die der Mieter für den vor dem Eintritt des Erwerbers abgeschlossenen Abrechnungszeitraum an den Veräußerer geleistet hat (LG Berlin NZM 99, 616). Für die vor dem Eintritt des Erwerbers bereits abgeschlossenen Abrechungszeiträume bleibt der Veräußerer abrechnungspflichtig (LG Lüneburg WuM 92, 380). Der Erwerber braucht die Rückzahlungsforderung des Mieters wegen überzahlter Betriebskostenvorschüsse, die vor seinem Eintritt in das Mietverhältnis fällig geworden ist, nicht zu begleichen (OLG Düsseldorf ZMR 94, 364). Auch wenn über einen noch nicht abgelaufenen Abrechnungszeitraum aus der Zeit vor Eigentumsübergang erst danach abgerechnet und die Nachforderung erst damit fällig gestellt wird, trifft die Rückzahlungsverpflichtung den Veräußerer und nicht den Erwerber als neuen Vermieter (BGH GE 00,1471).
Weiterführende Rechtsprechung: Wie der BGH entschied bereits das LG Berlin (NZM 01, 707; GE 03,51), AG Neukölln (WuM 03,117) und das AG Berlin-Mitte (MM 00, 88). Eine andere Auffassung vertritt noch Staudiger/Weitemeyer (BGB, § 556 Rn. 101).
Der Vermieter begeht schon keine Pflichtverletzung, wenn er mit dem Mieter Vorauszahlungen für Betriebskosten vereinbart, die die Höhe der später anfallenden Kosten nicht nur geringfügig, sondern deutlich unterschreiten. Achtung: Im eigenen Interesse und im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung des Mietverhältnisses sollte der Vermieter aber die Vorschüsse an der Höhe der voraussichtlich entstehenden Betriebskosten ausrichten. Weiterer Vorteil: Nur dann kann er mit der weitgehenden Deckung der Betriebskosten während der Dauer des Abrechnungsjahrs rechnen.
Weiterführende Rechtsprechung: Bisher ist der Vermieter teilweise für verpflichtet gehalten worden, die Vorauszahlungen nach dem voraussichtlichen Jahresbedarf zu vereinbaren (AG Berlin-Tiergarten MM 93, 399; LG Berlin GE 96, 322; GE 00,126). Folge: Dem Vermieter, der als Lockangebot die Betriebskostenvorschüsse bewusst viel zu niedrig angesetzt hatte, wurde ein Anspruch auf Nachzahlung des sich aus der Abrechnung ergebenden Nachforderungsbetrags versagt. Andererseits ist bereits früher die Auffassung vertreten worden, dass weitere Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch des Mieters die Darlegung ist, dass er bei Kenntnis der tatsächlichen Betriebskostenhöhe eine andere Wohnung zu einer niedrigeren Miete bezogen hätte (LG Berlin GE 00, 893; ähnlich OLG Dresden NZM 04,68). |
Quelle: Ausgabe 08 / 2005 | Seite 132 | ID 88681