Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.04.2007 | Gewerberaummiete

    Betriebspflicht: Keine einstweilige Verfügung bei Zahlungsunfähigkeit des Mieters

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    Ist der gewerbliche Mieter zahlungsunfähig, wird er wegen Unvermögens von einer übernommenen Betriebspflicht frei. Auf die Einleitung eines Insolvenzverfahrens kommt es nicht an (OLG Karlsruhe 8.11.06, 9 U 58/06, Abruf-Nr. 070976).

     

    Sachverhalt

    Das LG hat die Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren verurteilt, ihren Geschäftsbetrieb in dem an sie in einem Einkaufscenter vermieteten Ladengeschäft aufrecht zu erhalten, die Ladenflächen in den allgemeinen Öffnungszeiten des Centers Montags bis Freitags von 9:00 bis 20:00 Uhr und Samstags von 8:00 bis 18:00 Uhr geöffnet zu halten, das Geschäft dekoriert zu halten und nicht sämtliche Waren und sonstigen Gegenstände hieraus zu entfernen. Die Berufung der vermögenslosen Beklagten hatte Erfolg.  

     

    Praxishinweis

    Einkaufszentren leben von der Vielfalt ihrer Angebote an Waren- und Dienstleistungen. Sie können nur erfolgreich betrieben werden, wenn es dem Betreiber gelingt, die Kundenströme gezielt durch einen gesunden Branchenmix und unter Ausschöpfung der zulässigen Öffnungszeiten in das Center zu locken. Da der Mieter von Gewerberäumen ohne besondere Abrede nicht verpflichtet ist, diese zur Ausübung des Gewerbes zu nutzen (BGH NJW 79, 2351; Jendrek, NZM 00, 526), bedarf es hierzu einer Vereinbarung. Formularklauseln, die den Mieter von Gewerbeflächen in einem Einkaufszentrum verpflichten, diese in vorgegebenen, i.d.R. (noch) an den gesetzlichen Ladenschlusszeiten orientierten Öffnungszeiten zu betreiben, sind in der Praxis fester Bestandteil eines Centermietvertrags und zur Umsetzung des Geschäftskonzepts unverzichtbar. Sie enthalten grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung des Mieters i.S.v. § 307 BGB (BGH ZMR 93, 57; OLG Hamburg ZMR 03, 254; OLG Düsseldorf OLGR 99, 89; Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl., Rn. 157). Sie sind meist auch unbedenklich, wenn sie dynamisch „auf die jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen“ verweisen (Eggersberger, in: Geschäftsraummiete, Kap. 23, Rn. 19).  

     

    Bleibt die Umsatz- und Renditeentwicklung hinter den Erwartungen zurück, neigen viele Mieter dazu, ihre Geschäftstätigkeit trotz eines i.d.R. langfristigen Mietvertrags und ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Betriebspflicht einzustellen. Hierbei wird übersehen, dass – sofern nichts anderes vereinbart ist – im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt. Es fällt in seinen Verantwortungsbereich als Unternehmer, die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfasst neben der Chance, in einem florierenden Zentrum erhöhte Gewinne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtprojekts mit entsprechenden negativen Folgen für das Einzelgeschäft. Allein der Umstand, dass auch der Vermieter von einem wirtschaftlichen Erfolg des Projekts ausgeht, verlagert das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für das einzelne gemietete Geschäft in dem Einkaufszentrum nicht auf ihn (BGH MK 06, 71, Abruf-Nr. 053643; NJW-RR 00, 1535; OLG Düsseldorf OLGR 06, 103).