24.09.2010 | Praxistest
Prüfen Sie Ihr Wissen im Mietrecht
von RiAG Axel Wetekamp, München
Richtig oder Falsch? Aus Ihrer Praxis wissen Sie, Mandanten erwarten auf mietrechtliche Fragen eine rasche und kompetente Antwort. Angesichts differenzierter Sachverhalte und unübersehbarer Rechtsprechung ist dies nicht leicht. Die folgenden Fälle warten auf Ihre Beurteilung. Bitte raten Sie nicht, sondern versuchen Sie, Ihre Entscheidung sachgerecht zu begründen.
Die Auflösung mit erläuternden Hinweisen finden Sie im Anschluss an die Fragen.
| Fälle und Fragen | Ja | Nein |
1. | V vermietet an M eine Wohnung. Im Mietvertrag ist die Angabe „Wohnfläche ca. 100 m2“ enthalten. Ein Sachverständiger ermittelt die tatsächliche Fläche mit 83 m2. M verlangt nach Beendigung des Mietverhältnisses im Wege der Minderung den Prozentsatz der bezahlten Miete zurück, der der Flächenabweichung entspricht. Er beruft sich auf mehr als 10 % Flächenabweichung gegenüber der vertraglich vereinbarten Fläche. V will wegen der im Mietvertrag stehenden Formulierung „ca.“ eine um eine zusätzliche Toleranzspanne verringerte Flächenabweichung von 5 % ansetzen, also statt 17 % nur 12 %. |
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a) | Hat V Recht ? |
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b) | Ist, wenn die Parteien keine Berechnungsmethode hinsichtlich der Wohnfläche vorgegeben haben und die WohnflächenVO zurzeit des Abschlusses des Vertrags im August 2002 noch nicht in Kraft war, eine Berechnung nach den §§ 42 bis 44 der II. BV zutreffend? |
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c) | Welche Fläche (nach der WohnflächenVO oder nach §§ 42 bis 44 der II. BV) ist bei einer Dachgeschosswohnung mit Schrägen anzusetzen, wenn im 2005 geschlossenen Vertrag der Begriff „Mietraumfläche“ verwendet wird, aber sonst keine Vorgabe für die Berechnung der Fläche gegeben ist? Ist hier die Grundfläche maßgebend? |
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2. | M mietet von einer Wohnungsbaugenossenschaft V eine Wohnung an, die öffentlich gefördert und preisgebunden ist. Als V feststellt, dass die Schönheitsreparaturklausel des Mietvertrags nach der BGH-Rechtsprechung unwirksam war, verlangt er von M nach § 28 Abs. 4 II. BV einen Zuschlag zur Miete. M zahlt die geforderten Erhöhungsbeträge nicht. Muss er zahlen? |
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3. | Im Mietvertrag findet sich folgende Regelung: „Der Mieter ist im Rahmen der Schönheitsreparaturen ... zum Streichen der Fußböden, Reinigen und Abziehen und Wiederherstellung der Parkettversiegelung ... verpflichtet“. Vermieter V verlangt nach Beendigung des langjährigen Mietverhältnisses Schadenersatz wegen Nichtausführung von Schönheitsreparaturen, insbesondere Unterlassen des Streichens der Wände. Hat V Recht? |
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| Antworten |
1a) | Nein! Auch bei dem Zusatz „ca.“ ist die Abweichung bereits ab 10 % erheblich. Dem Zusatz kommt insoweit keine eigenständige Bedeutung zu. Eine zusätzliche Abweichung von der Sollbeschaffenheit der Wohnung von weiteren 5 % vorzunehmen, ist daher nicht möglich (BGH 10.3.10, VIII ZR 144/09, Abruf-Nr. 101185). |
1b) | Ja! In Ermangelung von Anhaltspunkten für ein anderes Verständnis der Vertragsparteien ist diese Auslegung nicht zu beanstanden. Eine Berechnung nach den §§ 42 bis 44 der II. BV ist zutreffend. |
1c) | Nein! Es ist hier nicht die Grundfläche anzusetzen, sondern die Wohnfläche mit den entsprechenden Abzügen für die Schrägen nach der WohnflächenVO (BGH 21.10.09, VIII ZR 244/08, Abruf-Nr. 100017).
Der Begriff „Mietraumfläche“ beinhaltet nicht, dass nur die Grundfläche und damit eine größere Fläche angesetzt werden kann. |
2) | Ja! Mieter M muss zahlen. Es kommt nur darauf an, dass § 28 Abs. 4 II. BV vorsieht, dass der Vermieter einen Zuschlag zur Kostenmiete verlangen kann, wenn er die Kosten der Schönheitsreparaturen zu tragen hat.
Ob die Abwälzung der Kosten auf den M nicht vorgesehen oder gescheitert ist, ist unerheblich (BGH 24.3.10, VIII ZR 177/09, Abruf-Nr. 101441). |
3) | Ja! Mieter M hat Recht. Die Verpflichtung, als Schönheitsreparatur das Parkett abzuschleifen, gehört zu den Instandsetzungsmaßnahmen, die über den Begriff der Schönheitsreparatur hinausführen. Die sogenannte „blue-pencil-rule“, die besagt, das zu prüfen ist, ob bei Wegfall der unwirksamen Teilregelung noch eine sinnvolle Regelung verbleibt, gilt nicht.
Der unzulässige gegenständliche Umfang der Schönheitsreparaturverpflichtung führt zur Gesamtunwirksamkeit der Regelung wegen unangemessener Benachteiligung des M nach § 307Abs.1 BGB (BGH 13.1.10, VIII ZR 48/09, Abruf-Nr. 100468). |
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