01.06.2007 | Räumungsklage
Geschäftsgebühr auf Verfahrensgebühr anzurechnen
Ist nach der Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr (BGH 7.3.07, VIII ZR 86/06, n.v., Abruf-Nr. 071415). |
Sachverhalt/Praxishinweis
Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit den Beklagten mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten wegen Zahlungsverzugs fristlos und forderte diese erfolglos zur Räumung auf. Mit der Klage auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung verlangte er zusätzlich die Erstattung der ihm für das Kündigungsschreiben in Rechnung gestellten vorgerichtlichen Gebühren seines Prozessbevollmächtigten (700,29 EUR). Die Klage hatte insoweit in den Instanzen i.H.v. 277,94 EUR Erfolg. Die Revision führte zur Verurteilung der Beklagten in Höhe weiterer 254,96 EUR.
Beauftragt der Vermieter – wie hier – wegen des Zahlungsverzugs des Mieters seinen späteren Prozessbevollmächtigten, das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos zu kündigen, kann er die ihm so als verzugsbedingten Schaden entstandene anwaltliche Geschäftsgebühr nach §§ 280, 286 BGB liquidieren. Erhebt der Anwalt später Räumungs- und Herausgabeklage, ist umstritten, auf welche Weise die Anrechnung zu erfolgen hat. Teilweise wird eine Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr abgelehnt und stattdessen eine hälftige Anrechnung der Verfahrens- auf die Geschäftsgebühr befürwortet (KG JurBüro 06, 202; OVGNRW NJW 06, 1991).
Der BGH ist dem nicht gefolgt. Nach Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG ist unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, eine entstandene Geschäfts- teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Danach bleibt eine bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet. Durch die hälftige Anrechnung verringert sich eine (später) nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr. Angesichts des klaren Gesetzeswortlauts, an dem der BGH festhält, ist die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern, nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr. Folge: Bei einer Anrechnung auf die Verfahrensgebühr wird die obsiegende Partei darauf verwiesen, die volle Geschäftsgebühr gegen die unterlegene Partei geltend zu machen, weil die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG – anders als die Verfahrensgebühr – im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Auf die Frage, ob die vorgerichtliche und die nachfolgende gerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers denselben Gegenstand betreffen (LG Mönchengladbach ZMR 05, 957), kommt es insoweit nicht an.
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