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  • 25.10.2010 | Schadenersatz

    Kurze Verjährung auch bei Räumungsvergleich

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Ersatzansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache verjähren auch in der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB, wenn die Mietvertragsparteien in einem vorangegangenen Räumungsprozess einen Vergleich geschlossen haben, in dem sich der Mieter verpflichtet hat, von ihm genutzte Teilflächen des Grundstücks (bis 15.12.05) zu räumen, die nicht Gegenstand des Mietverhältnisses waren (BGH 23.6.10, XII ZR 52/08, Abruf-Nr. 102527).

     

    Sachverhalt

    Zwischen den Parteien bestand ein Grundstücksmietvertrag. Die Beklagte hat die Nutzung auf weitere, nicht vermietete Grundstücksteile der Klägerin ausgedehnt. Ein Räumungsprozess endete mit dem im Leitsatz genannten Vergleich. Die Beklagte hatte die Räumung mit der Klägerin abzustimmen, da das Gelände verschlossen war. Mit Schreiben vom 25.9.06 teilte sie der Klägerin mit, sie habe das Grundstück vereinbarungsgemäß geräumt. Mit ihrer beim LG am 19.3.07 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagten wegen nicht ordnungsgemäßer Räumung eines an sie vermieteten Teilgrundstücks sowie weiterer von ihr genutzter Grundstücksflächen zum Schadenersatz verpflichtet sei. Der BGH entscheidet, dass etwaige Schadenersatzansprüche verjährt sind.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Kernpunkt der Entscheidung ist die vom BGH verneinte Frage, ob der Schadenersatzanspruch der Klägerin aufgrund des Vergleichs nicht (mehr) der kurzen Verjährung des § 548 BGB, sondern der regelmäßigen Verjährung unterliegt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Gemäß § 548 Abs. 1 BGB verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Grund: Die kurze Verjährung soll eine rasche Auseinandersetzung gewährleisten und eine beschleunigte Klarstellung der Ansprüche erreichen. Die vorwiegend noch zum gleichlautenden § 558 Abs. 1 BGB a.F. ergangene Rechtsprechung hat den Anwendungsbereich weit ausgedehnt. Danach unterliegen folgende Ansprüche der kurzen Verjährung:  

     

    Übersicht: Diese Ansprüche unterliegen der kurzen Verjährung

    • Ansprüche auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache (BGHZ 128, 74);

     

    • Ansprüche, die darauf beruhen, dass der Mieter die Mietsache aufgrund des Vertrags umgestalten durfte und bei Vertragsende zur Herstellung des vereinbarten Zustands verpflichtet ist (BGH NZM 02, 605; BGHZ 86, 71);

     

    • sämtliche Schadenersatzansprüche des Vermieters, die ihren Grund darin haben, dass der Mieter die Mietsache als solche zwar zurückgeben kann, diese sich jedoch aufgrund einer Beschädigung oder Veränderung nicht in dem bei der Rückgabe vertraglich geschuldeten Zustand befindet (BGH NJW 80, 389);

     

    • Ersatzansprüche - auch deliktische - des Vermieters, denen aufgrund eines einheitlichen Schadensereignisses eine Beschädigung nicht nur des Mietobjekts selbst, sondern zugleich auch ein Schaden an nicht vermieteten Gegenständen zugrunde liegt, sofern der Schaden einen hinreichenden Bezug zum Mietobjekt selbst hat (BGH NJW 00, 3203; NJW 06, 2399);

     

    • Schadenersatzansprüche, die darauf beruhen, dass der Schaden auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache zurückzuführen ist, hierfür aber eine Ersatzpflicht des Mieters vereinbart ist (BGH NJW 83, 679). Wichtig: § 548 BGB gilt nicht für den Ausgleichsanspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG (BGH MK 09, 28, Abruf-Nr. 083504.

    Der BGH überträgt diesen weiten Anwendungsbereich der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 1 BGB auf den streitgegenständlichen Vergleich. Grund: Ein Vergleich i.S. von § 779 BGB hat keine schuldumschaffende Wirkung (BGH NJW 02, 1503). Das heißt: Das ursprüngliche Schuldverhältnis bleibt nach Inhalt und Rechtsnatur unverändert bestehen und wird durch den Vergleich nur insoweit abgewandelt, als in ihm streitige oder ungewisse Punkte geregelt werden (BGH NJW-RR 87, 1426; h.M., Nachweise Urteilsgründe Tz. 15) und gilt auch für Prozessvergleiche (BGH NJW 03, 3345). Grund: Diese verfolgen zwar neben der Regelung der materiellen Rechtslage das Ziel, ein anhängiges Verfahren zu beenden und für die Zukunft einen Vollstreckungstitel zu schaffen. Hierzu bedarf es aber im Zweifel keiner Novation. Vielmehr ist jeder titulierte Anspruch gleichermaßen nachträglichen Einwendungen ausgesetzt, die zu Vollstreckungsgegenklagen (§ 767 ZPO), Abänderungsklagen (§ 323 ZPO) oder auch weiterführenden Feststellungs- oder sogar erneuten Leistungsklagen führen können. Der Einfluss derartiger späterer Veränderungen wird sich meist nur unter Berücksichtigung auch des ursprünglichen Schuldgrundes zutreffend beurteilen lassen. Folge: Ein neuer Schuldgrund wird nur bei einem durch Auslegung zu ermittelnden entsprechenden Parteiwillen geschaffen (BGH, a.a.O.). Ein solcher Parteiwille ist hier nicht festgestellt.