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  • 27.10.2008 | Schönheitsreparaturen

    Kein Mieterhöhungszuschlag
    bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Der Vermieter ist nicht berechtigt, im Falle der Unwirksamkeit einer Klausel zur Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter von diesem eine Mieterhöhung in Form eines Zuschlags zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen (BGH 9.7.08, VIII ZR 181/07, Abruf.-Nr. 082630).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte ist seit 1990 Mieter einer Wohnung der Kläger. Der Formularmietvertrag enthält eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen „regelmäßig“ innerhalb bestimmter Fristen vorzunehmen. Die Kläger boten dem Beklagten wegen Unwirksamkeit dieser Verpflichtung vergeblich den Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung an, die die Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Mieter anderweitig regeln sollte. Daraufhin verlangten die Kläger die Zustimmung zu einer Mieterhöhung einschließlich eines monatlichen Zuschlags von 0,71 EUR je Quadratmeter Wohnfläche für die von den Klägern zu erbringenden Schönheitsreparaturen. Das LG hat den Klägern einen Zuschlag von 0,20 EUR je Quadratmeter zuerkannt. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BGH lässt offen, ob die formularvertragliche Schönheitsreparaturenklausel wegen eines starren Fristenplans unwirksam ist. Er entscheidet die umstrittene Frage, ob dem Vermieter im Falle der Unwirksamkeit der Klausel ein Anspruch gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB auf Zustimmung zur Erhöhung der ortsüblichen Vergleichsmiete um einen – wie auch immer zu bemessenden – Zuschlag zusteht, wie aus dem Ls. ersichtlich. Danach findet bei Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine finanzielle Kompensation statt.  

     

    Checkliste: So begründet der BGH seine Entscheidung
    • Einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete sieht das Gesetz nicht vor. Nach § 558 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter eine Mieterhöhung nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete und nicht darüber hinaus verlangen.

     

    • Einem weitergehenden Anspruch auf Erhöhung der Miete durch die Gewährung eines Zuschlags steht auch der Sinn und Zweck des § 558 BGB entgegen. Dieser geht dahin, es dem Vermieter zu ermöglichen, im Rahmen des Vergleichsmietensystems eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen (Nachweise: Urteilsgründe Tz. 10). Nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers bilden also die Marktverhältnisse den Maßstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung. Der von den Klägern geltend gemachte Zuschlag orientiert sich dagegen an den Kosten für die Vornahme der Schönheitsreparaturen. Auf diese Weise würde bei der nicht preisgebundenen Wohnraummiete ein Kostenelement ohne Rücksicht auf seine Durchsetzbarkeit am Markt zur Begründung einer Mieterhöhung herangezogen. Hiermit wäre jedoch das vom Gesetzgeber vorgesehene System der Vergleichsmieten verlassen (Nachweise: Urteilsgründe Tz. 12).

     

    • Nach einer Auffassung soll die Bildung eines Zuschlags nur dazu dienen, eine Vergleichbarkeit der Ausgangsmiete mit der Vergleichsmiete bei einer unterschiedlichen Mietstruktur herzustellen. Insoweit verhalte es sich nicht anders als bei einer vereinbarten Teilinklusivmiete, wenn der zum Vergleich herangezogene Mietspiegel von einer Nettomiete ausgeht. Auch in einem solchen Fall sei die Vergleichbarkeit durch die Bildung von Zuschlägen zur Erfassung des betreffenden Kostenanteils herzustellen (OLG Karlsruhe WuM 07, 454; Börstinghaus, WuM 07, 426). Dieser Sichtweise kann ebenfalls nicht gefolgt werden, weil sie außer Acht lässt, dass die Betriebskosten mit den Kosten für die Vornahme der Schönheitsreparaturen nicht gleichgesetzt werden können. Für die Betriebskosten sieht das Gesetz die Möglichkeit einer Umlage (§ 556 BGB) ausdrücklich vor. Dementsprechend werden bei der Erstellung der Mietspiegel lediglich die Nettomieten zugrunde gelegt. An diese Praxis, wonach die Nettomiete im Marktgeschehen der Ausgangspunkt einer Mietpreisbildung ist, hat auch der Senat angeknüpft, als er bei der Teilinklusivmiete die Bildung von Zuschlägen zur Erfassung des betreffenden Kostenanteils für sachgerecht erachtet hat (MK 06, 66; MK 07, 155; WuM 07, 707).

     

    Bei den für Schönheitsreparaturen anzusetzenden Kosten, die ein zusätzliches Element in die Mietpreisbildung hineintragen würden, ist die Ausgangslage hingegen anders. Zwar ist am Markt die Überwälzung dieser Reparaturen als solche auf den Mieter seit langem die Regel. Ob dies aber auch der Fall gewesen wäre, wenn der Mieter nicht mehr ohne Weiteres die Möglichkeit der kostengünstigen Selbstvornahme zu einem Zeitpunkt hätte, der bei Vertragsschluss regelmäßig noch in ferner Zukunft liegt und ihm gewisse Steuerungsmöglichkeiten eröffnet, sondern er die Kosten der Schönheitsreparaturen über einen monatlich zu zahlenden Aufschlag auf die Grundmiete abzugelten hätte, ist offen. Da es für eine Mieterhöhung nach § 558 BGB nicht auf fiktive Verhältnisse, sondern auf die tatsächliche Vergleichsmiete am Markt ankommt, fehlt es für die beanspruchte, über die tatsächliche Vergleichsmiete hinausgehende Mieterhöhung an einer tauglichen Anknüpfung in den Marktgegebenheiten.

     

    • Die Kläger können den Mietzuschlag auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB verlangen. Diese setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der Lücke einer Vervollständigung bedarf. Der Verbleib der in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB angelegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen bei dem Vermieter stellt aber keine unangemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner widersprechende und damit einer Lückenfüllung zugängliche Regelung dar. Der Verwender einer unzulässigen Formularbestimmung muss sich vielmehr im Rahmen dessen, was noch als angemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner Rechnung tragende Lösung anzusehen ist, mit der ihm ungünstigeren Regelung begnügen, die den ersatzlosen Wegfall der von ihm verwendeten unzulässigen Klausel zur Folge hat.

     

    • Den Klägern steht der beanspruchte Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete auch nicht gemäß § 313 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage besteht kein Raum, wenn nach der gesetzlichen Regelung der das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft (§ 313 Abs. 1 BGB; BGH MK 06, 174).

     

    § 306 BGB weist grundsätzlich dem Verwender das Risiko der Unwirksamkeit der AGB und der daraus erwachsenden Folgen zu. Denn nach § 306 Abs. 2 BGB richtet sich der Inhalt des Vertrags in diesem Fall nach den sonst zur Anwendung kommenden gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet hier, dass die Kläger als Vermieter mangels wirksamer Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB die Instandhaltungslast in vollem Umfang tragen müssen. Die wirtschaftlichen Nachteile der Klauselunwirksamkeit sind also ihrer Risikosphäre zugewiesen.