01.03.2007 | Vermieterpfandrecht
§ 1362 BGB gilt nicht für die nichteheliche Lebensgemeinschaft
von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
| | Die gesetzliche Vermutung, dass die im Besitz beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner allein gehören, ist auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht entsprechend anzuwenden (BGH 14.12.06, IX ZR 92/05, n.v., Abruf-Nr. 070285). |
Praxishinweis
Zwar betrifft die Entscheidung keinen mietrechtlichen Sachverhalt. Ihr kommt aber besondere Bedeutung im Rahmen des Vermieterpfandrechts für die Beweisführung des Vermieters zu.
Checkliste: Vermieterpfandrecht und § 1362 BGB |
- Nach § 562 BGB erwirbt der Vermieter wegen seiner Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Vermieterpfandrecht nur an den Sachen des Mieters. Dies gilt auch, soweit es erst künftig entstehende Forderungen aus dem Mietverhältnis sichert (BGH 14.12.06, IX ZR 102/03, Abruf-Nr. 070300).
- Im Prozess muss der Vermieter die sachlichen Voraussetzungen für das Entstehen des Vermieterpfandrechts darlegen und beweisen. Folge: Ihm obliegt auch die Darlegungs- und Beweislast, dass der Mieter im Zeitpunkt der Einbringung Allein- oder zumindest Miteigentümer der Sache war oder die Eigentümerstellung während der Mietzeit erlangt hat.
- Soweit nach § 1006 Abs. 1 BGB zugunsten des (gegenwärtigen) Besitzers einer Sache vermutet wird, dass dieser ihr Eigentümer sei, gilt dies jedenfalls im Verhältnis Vermieter – Mieter nicht zu Lasten des Mieters (KG DWW 05, 199; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 562 BGB, Rn. 25; Fischer-Dieskau/Geldmacher, Wohnungsbaurecht, § 559 BGB a.F., Anm. 25).
- Sind Wohnräume Ehegatten überlassen und ist ein Ehegatte Alleinmieter, kommt dem Vermieter – sofern nicht das Gesamtgut nach § 1438 BGB haftet – aber die Eigentumsvermutung des § 1362 BGB zugute. Danach wird zugunsten des Vermieters vermutet, dass sich die beweglichen Sachen, die sich im Besitz eines oder beider Ehegatten befinden, dem Schuldner gehören. Für Lebenspartner gilt die Eigentumsvermutung wie für Ehepaare (§ 8 Abs. 1 LPartG). Im Konfliktfall muss der Vermieter die Voraussetzungen dieser Vermutung darlegen und beweisen. Zu ihrer Widerlegung braucht der nichtschuldende Ehegatte bzw. Lebenspartner nur seinen Eigentums-erwerb, dagegen nicht den Fortbestand seines Eigentums zu beweisen (BGH NJW 76, 238).
- Wegen der weitgehenden Gleichstellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Mietrecht wird verbreitet angenommen, dass § 1362 BGB analog zugunsten des Vermieters anzuwenden ist, wenn nur einer der Lebensgefährten die Wohnung angemietet hat (Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht, 9. Aufl., § 562 BGB, Rn. 27; Blank/Börstinghaus, Mietrecht, 2. Aufl., § 562 BGB, Rn. 13; Fischer-Dieskau, a.a.O., § 559 BGB, Anm. 12). Der erstmals hiermit befasste BGH lehnt eine entsprechende Anwendung des § 1362 BGB auf nichteheliche Lebensgemeinschaften aber mangels einer planwidrigen Regelungslücke ab (14.12.06, IX ZR 92/05, Abruf-Nr. 070285). Auch die Grundrechte erfordern es danach nicht, § 1362 Abs. 1 S. 1 BGB auf Gemeinschaften zu erstrecken, die nicht personenstandsrechtlich verfestigt sind. Ein solches Bedürfnis ergibt sich weder aus dem Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) noch aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes.
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Der nicht mietende Lebensgefährte oder -partner kann sich gegen eine unberechtigte Inanspruchnahme seiner in den Mieträumen befindlichen und durch Art. 14 Abs. 1 GG sogar grundgesetzlich geschützten Sachen mit der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO wehren. Dem Vermieter stehen im Interventionsprozess zur Verteidigung seines Vermieterpfandrechts die Beweismittel der ZPO zur Verfügung. Diese gewährleisten im Allgemeinen die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes.
Quelle:
Ausgabe 03 / 2007 | Seite 44 | ID 88556
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