21.04.2011 | Wohnflächenabweichung
Die Wohnflächenabweichung im Spiegel der aktuellen BGH-Rechtsprechung
von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
Seit mehr als sechs Jahren steht die Wohnflächenabweichung im Fokus mietrechtlicher Judikatur. Insbesondere der BGH hat sich in vielen Entscheidungen mit dieser Problematik beschäftigt. Der folgende Beitrag zeigt, wann für den BGH eine Wohnflächenabweichung vorliegt und welche Rechtsfolgen er daran knüpft.
1. Bedeutung und Begriff der Wohnfläche
Die Wohnfläche ist ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der Wohnung. So wird bereits bei der Inserierung in aller Regel die Wohnungsgröße angegeben, um Interessenten eine Vergleichbarkeit verschiedener Wohnungen zu erleichtern und um die Miete pro m2 errechnen zu können (BGH MK 04, 109, Abruf-Nr. 041340). Dies gilt unabhängig von der Art des gemieteten Wohnraums. Zur Ermittlung der Kriterien, nach denen die Wohnfläche zu berechnen ist, bedarf es der Auslegung. Weder existiert ein allgemeiner, völlig eindeutiger Sprachgebrauch für den Begriff der Wohnfläche noch gibt es im Bereich des frei finanzierten Wohnraums für die Wohnflächenberechnung eine verbindliche gesetzliche Regelung. Ist daher z.B. zur Größe der Wohnung im Mietvertrag vereinbart: „Mietwohnfläche: 110 m2“ und fehlen weitergehende Anhaltspunkte für das Verständnis der Parteien, ist der Begriff der „Wohnfläche“ gemäß §§ 133, 157 BGB auslegungsbedürftig.
1.1 Auslegungsgrundsätze
Der BGH vollzieht die Auslegung des Begriffs der „Wohnfläche“ im Regelfall anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden §§ 42 bis 44 II. BV, die ab 1.1.04 im Wesentlichen gleichlautend durch die auf Grund § 19 Abs. 1 S. 2 WoFG erlassene Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (WoFlV) vom 25.11.03 (BGBl. I S 2346) ersetzt worden sind (BGH MK 04, 111, Abruf-Nr. 041305; MK 09, 201, Abruf-Nr. 093470). Auch im frei finanzierten Wohnungsbau besteht ein erhebliches praktisches Bedürfnis für die Anwendung eines allgemein anerkannten Maßstabes für die Wohnflächenberechnung, dem durch die Heranziehung der II. BV angemessen Rechnung getragen werden kann, und das es rechtfertigt, im Zweifel eine entsprechende stillschweigende Vereinbarung der Vertragsparteien anzunehmen (BGH MK 07, 177, Abruf-Nr. 072300).
Welche Vorschrift im Einzelfall für die Ermittlung der Wohnfläche maßgebend ist, hängt vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Da bei Abschluss des Mietvertrags vor dem 31.3.03 lediglich die II. BV existierte, können die Parteien auch nur diese stillschweigend als Berechnungsmethode vereinbart haben; für Mietverträge ab 1.1.04 ist die Auslegung anhand der WoFlV vorzunehmen (BGH MK 09, 131, Abruf-Nr. 091889; MK 10, 27, Abruf-Nr. 094124; MK 10, 46, Abruf-Nr. 100017).
1.2 Vertragliche Vereinbarungen haben Vorrang
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