21.12.2011 · IWW-Abrufnummer 114109
Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 01.12.2011 – I-10 W 149/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Düsseldorf
I-10 W 149/11
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 21. Oktober 2011 aufgehoben und der Rechtsweg zu den Gerichten der streitigen Zivilgerichtsbarkeit für zulässig erklärt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 6.518,85 €
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem Gewerberaummietvertrag vom 2.1.1998 auf Zahlung rückständiger Mieten für die Zeit von September 2009 bis einschließlich Juli 2011 in Anspruch; das Mietverhältnis ist infolge stillschweigend ausgeübter Verlängerungsoption bis 1.1.2013 befristet. Die Ehe der Parteien ist seit dem 5.4.2011 rechtskräftig geschieden; das Zugewinnausgleichsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf die Darstellung unter Ziffer II. der angefochtenen Entscheidung (ver öffentlicht in juris) Bezug genommen (Bl. 75 f. GA). Das Landgericht (Einzelrichter) hat "den Rechtsweg zum Landgericht" für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Familiengericht Krefeld verwiesen. Zur Begründung hat es aufgeführt, nach dem Vortrag des Beklagten handele es sich um eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, da sich dieser auf Veränderungen des Mietverhältnisses im Zuge der Trennung berufe; dasselbe ergebe sich daraus, dass der Beklagte hilfsweise mit Gegenforderungen aufgerechnet habe, deren Klärung nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG den Familiengerichten vorbehalten sei. Schon wegen dieser Hilfsaufrechnung sei ohne Bedeutung, dass die Klägerin das tatsächliche Vorbringen des Beklagte bestreite; außerdem seien auch sogenannte doppelrelevante Tatsachen im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung gem. § 266 FamFG von Bedeutung, da andernfalls die vom Gesetz erstrebte Konzentration beim Familiengericht durch entsprechenden Vortrag des Klägers gesteuert werden könne. Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten, der der Einzelrichter des Landgerichts nicht abgeholfen hat.
Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
I.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Gemäß Abs. 6 des § 17a GVG gelten dessen Absätze 1 bis 5 im Verhältnis zwischen den in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Familiensachen zuständigen Spruchkörpern entsprechend. Nach Absatz 4 Satz 3 i.V. mit Abs. 2 Satz 1 jener Vorschrift ist die sofortige Beschwerde eröffnet, wenn das erstinstanzliche Gericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an ein Gericht des von ihm für zulässig erachteten Rechtsweg verwiesen hat. Um eine solche Entscheidung handelt es sich vorliegend. Zwar ist im angefochtenen Beschluss ein nicht existenter "Rechtsweg zum Landgericht" für unzulässig erklärt worden, weil es sich hierbei lediglich um eine Instanz der ordentlichen (Zivil- und Straf-) Gerichtsbarkeit handelt; auch kennt das Gesetz keine "Zuständigkeitsprüfung gemäß § 266 FamFG", da sich die Aufgabenverteilung zwischen den Gerichten der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit und den Familiengerichten nach den Bestimmungen des GVG richtet. Bei sachgemäßer Auslegung ist die angefochtene Entscheidung aber dahin zu verstehen, dass das Landgericht den Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten für unzulässig erklärt hat; infolgedessen ist die vom Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 17a Abs. 6 i.V. mit Absatz 4 Satz 3 GVG statthaft.
II.
Das Rechtsmittel ist auch begründet. Der Beschluss des Landgerichts ist verfahrensfehlerhaft, weil nicht vom Einzelrichter hätte erlassen werden dürfen; im Übrigen fällt der Rechtsstreit nicht in die Zuständigkeit des Familiengerichts.
1.
Die angefochtene Entscheidung kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie vom Kammervorsitzenden als Einzelrichter und deshalb in unzulässiger Besetzung erlassen worden ist.
Zwar unterliegen Streitigkeiten in gewerblichen Miet- oder Pachtsachen nicht der zwingenden Kammerzuständigkeit nach § 348 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Gemäß § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist der Einzelrichter jedoch zur Vorlage an die vollbesetzte Kammer verpflichtet, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung ist im weitesten Sinne zu verstehen; er erstreckt sich wie bei § 526 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 oder § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO auf sämtliche Zulassungsgründe im Sinne der §§ 511 Abs. 4 Satz 1, 543 Abs. 2 Satz 1, 574 Abs. 2 ZPO. Dies hat zur Folge, dass nicht der Einzelrichter, sondern das Kollegium entscheiden muss, wenn es zur Fortbildung des Rechts oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Rechtsmittelgerichts bedarf. Setzt sich der Einzelrichter über seine zwingende Vorlagepflicht hinweg, so liegt darin zugleich ein Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), der einen wesentlichen, vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel darstellt (BGH, Beschlüsse vom 13.3.2003 - V ZB 134/02 - BGHZ 154, 200, 202 = NJW 2003, 1254, 1255, vom 11.8.2003 - XII ZB 188/02 - NJW 2003, 2712, und vom 15.6.2011 - II ZB 20/11 - NJW 2011, 2974, 2976, Rn. 18 mwN.).
So liegt der Fall hier. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen den allgemeinen Zivil- und Familiengerichten bei gewerblichen Miet- oder Pachtverhältnissen zwischen Ehegatten und die hierfür maßgeblichen Abgrenzungsgesichtspunkte sind für die Rechtspraxis von erheblicher Bedeutung (vergl. Heinemann, MDR 2009, 1026) und bislang weder höchstrichterlich geklärt noch - soweit ersichtlich - Gegenstand obergerichtlicher Entscheidungen geworden; auch das Landgericht hat für seine Rechtsauffassung keine Belegstelle aufzuzeigen vermocht. Dass der Einzelrichter dem vorliegenden Fall gerade deshalb eine grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat, ergibt sich sowohl aus der Begründung seiner Entscheidung (vergl. BGH, Beschluss vom 11.9.2003 aaO.) wie auch dem Umständ, dass diese unmittelbar nach ihrem Erlass bei juris veröffentlicht worden ist; er hat somit seine Erwägungen als Beitrag zur Rechtsfortbildung verstanden. Unter diesem Umständen war der Einzelrichter zur Vorlage der Sache an die Kammer verpflichtet.
2.
Dieser Verfahrensmangel hindert den Senat jedoch nicht an einer Sachprüfung (§ 572 Abs. 3 ZPO); danach erweist sich das Rechtsmittel als begründet. Rechtsstreitigkeiten zwischen Ehegatten aus gewerblichen Miet- oder Pachtverhältnissen fallen nicht in die Zuständigkeit der Familiengerichte; auf das Verteidigungsvorbringen des Beklagten oder den Rechtscharakter der von ihm geltend gemachten Gegenrechte kommt es nicht an.
a)
Entgegen der die angefochtene Entscheidung tragenden Auffassung des Landgerichts lässt sich seine Unzuständigkeit nicht schon daraus herleiten, dass das gewerbliche Mietverhältnis der Parteien nach dem (streitigen) Vortrag des Beklagten "anläßlich der Trennung der Parteien entweder aufgehoben oder gekündigt oder jedenfalls beeinträchtigt wurde"; erst recht kommt es nicht darauf an, dass der Beklagte "hilfsweise mit Gegenforderungen aufrechnet, die in trennungsbedingten finanziellen Folgen wurzeln". Beide Gesichtspunkte sind für die Beurteilung der Zuständigkeit bedeutungslos.
Für die Zulässigkeit des Rechtswegs ist der jeweilige Streitgegenstand maßgebend; dieser wird allein vom Kläger bestimmt. Abgesehen von dem Sonderfall der negativen Feststellungsklage bestimmt sich die Rechtswegzuständigkeit daher ausschließlich nach dem tatsächlichen Vortrag des Klägers. Der Zuständigkeitsprüfung ist deshalb der Sachverhalt zugrunde zu legen, den der Kläger dem Gericht zur Begründung seines Klageanspruchs unterbreitet hat; stellt sich dieser als Folge eines Sachverhalts dar, dessen Beurteilung in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fällt, ist der beschrittene Rechtsweg eröffnet. Inhalt und Rechtsnatur der vom Beklagten erhobenen Einwendungen sind dagegen für die Frage der Zuständigkeit belanglos; bei ihrer Prüfung ist vielmehr die tatsächliche Richtigkeit des Klagevorbringens zu unterstellen (GmS-OBG, Beschlüsse vom 29.10.1987 GmS-OBG 1/86 - BGHZ 102, 280, 283 = NJW 1988, 2295, 2296, und vom 20.7. 1089 - GmS-OBG 1/88 - NJW 1990, 1527; BGH, Urteil vom 16.2.1984 IX ZR 45/83 - BGHZ 90, 187, 190 = NJW 1984, 1622, 1623; BGH, Beschlüsse vom 11.7. 1996 - V ZB 6/96 - BGHZ 133, 240, 243 = NJW 1996, 3012, und vom 27.10.2009 VIII ZB 42/08 - BGHZ 183, 49 = NJW 2010, 873, 874, Rn. 13 ff.; BAG, Urteil vom 14.12.1988 - 7 AZR 773/87 - NJW 1989, 2909; Beschluss vom 24.4.1996 - 5 AZB 25/95 - NJW 1996, 2948 und 2849 mwN.; BVerwG, Beschluss vom 30.5.2006 3 B 78/05 - NJW 2006, 2586). Dies gilt selbst dann, wenn zuständigkeits- und anspruchsbegründende Tatsachen zusammenfallen; auch im Fall solcher "doppelrelevanten Tatsachen" ist für die Zuständigkeitsfrage die Richtigkeit des Klagevortrags zu unterstellen (BGH, Beschlüsse vom 11.7.1996 und 27.10.2009; BAG, Beschluss vom 24.4.1996; jeweils mwN.). Diese Grundsätze gelten auch für die Zuständigkeitsabgrenzung innerhalb derselben Gerichtsbarkeit (vergl. BAG, Beschluss vom 24.4.1996 mwN.) und damit auch für das von Verhältnis zwischen allgemeinen Zivilgerichten und Familiengerichten, für das § 17a Abs. 6 GVG die entsprechende Anwendung der voranstehenden Regelungen anordnet. Sie dienen dem Bedürfnis des Klägers an einer Vereinfachung und Beschleunigung des Rechtsstreits; abweichende Interessen des Beklagten - und erst recht ein etwaiges Desinteresse des angerufenen Gerichts an einer Auseinandersetzung mit "doppelrelevanter Tatsachen" - bleiben im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung außer Betracht (BGH, Beschluss vom 27.10.2009, Rn. 14).
Danach ist das Verteidigungsvorbringen des Beklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts für die Feststellung seiner Zuständigkeit bedeutungslos; es kann daher dahinstehen, dass seine Berufung auf eine nachträgliche Änderung der mietvertraglichen Abreden oder eine Kündigung des Mietverhältnisses überhaupt keine "doppelrelevante" Tatsache darstellt. Erst recht kommt es nicht darauf an, ob die von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Klageforderungen im Aktivprozess vor den Familiengerichten zu verfolgen wären; eine Haupt- oder Hilfsaufrechnung des Schuldners hat auf die Rechtsnatur der vom Gläubiger geltend gemachten Ansprüche keinerlei Einfluss. Bedeutung hat die rechtliche Charakterisierung der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderungen erst im Falle der Entscheidungserheblichkeit und dies auch nur für die Frage, ob § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG auch die (materiell-rechtlich zulässige) Aufrechnung mit sogenannten rechtswegfremden Forderungen erlaubt (dazu Musielak-Wittschier, 8. Aufl., § 17 GVG, Rn. 10 mwN.). Verneinendenfalls ist das angerufene Gerichts lediglich befugt, über die Klageforderung durch Vorbehaltsurteil nach § 302 ZPO zu entscheiden und den Rechtsstreit - gegebenenfalls unter Fristsetzung - bis zur Entscheidung des zuständigen Gerichts über die Gegenforderung auszusetzen (BAG, Beschlüsse vom 23.8.2001 - 5 AZB 3/01 - NJW 2002, 317, und vom 28.11.2007 - 5 AZB 44/07 - NJW 2008, 1020, 1021; BFH, Beschluss vom 9.4.2002 - VII B 73/01 - NJW 2002, 3126, 3128); seine Zuständigkeit für die sachliche Prüfung des Klageanspruchs bleibt hiervon unberührt.
b)
Die demnach allein maßgeblichen Forderungen der Klägerin aus dem Gewerberaummietvertrag vom 2.1.1998 fallen nicht in die Prüfungskompetenz der Familiengerichte. Deren Zuständigkeit in Familiensachen ergibt sich aus § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG; der Begriff der Familiensachen ist in § 111 FamFG definiert. Aus dem Katalog dieser Vorschrift kommen nach der zutreffenden Auffassung des Beklagten nur die in § 266 FamFG umschriebenen "Sonstigen Familiensachen" (Ziffer 10.) in Betracht. Dass es sich bei den mit der Klage geltend gemachten Mietzinsforderungen nicht um aus der Ehe herrührende Ansprüche im Sinne von Abs. 1 Ziffer 2 dieser Bestimmung handele, zieht auch der Beklagte nicht in Zweifel; entgegen seiner Auffassung handelt es sich auch nicht "Ansprüche im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung" im Sinne von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.
aa)
Den vom Beklagten insoweit für bedeutsam gehaltenen Umständen vermag der Senat keinerlei Gewicht beizumessen.
Der Mietvertrag vom 2.1.1998 ist weit vor Trennung und Scheidung abgeschlossen worden und steht mit dem Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft in keinerlei Zusammenhang. Er erstreckt auf abgegrenzte Räumlichkeiten im "Erdschoss links" und wird von der früheren oder gegenwärtigen Nutzung der übrigen Teilen des Gebäudes in keiner Weise berührt. Die streitbefangenen Mietzinsforderungen beruhen nach dem Klagevorbringen darauf, dass das Mietverhältnis der Parteien auch über die Rechtskraft der Scheidung hinaus unverändert fortbesteht. Etwaige (insoweit nicht einmal von der Beklagten als relevant angesehenen) Änderungen während der Trennungsphase sind schon deshalb belanglos, weil sie von der Klägerin in Abrede gestellt werden (oben a); im Übrigen lassen sie den Rechtscharakter des Vertragsverhältnisses unberührt. Dasselbe gilt für die vom Beklagten hervorgehobenen "umfangreichen Verhandlungen u.a. über die Vermögensauseinandersetzung der Parteien", weil sich die gerichtliche Zuständigkeitsverteilung nicht mit den Aufgaben der mit der Herbeiführung einer umfassenden Scheidungsfolgenregelung beauftragten Rechtsanwälte deckt; nur letztere muss sich unabhängig von ihrer schuld- oder familienrechtlichen Einordnung zwangsläufig auf sämtliche Rechtsbeziehungen zwischen den Ehegatten erstrecken.
Schließlich kommt es auch nicht darauf an, dass die mit der Klage geltend gemachten Forderungen ganz oder teilweise auch für etwaige Zugewinnausgleichsansprüche Bedeutung haben können und das Verfahren hierüber noch nicht abgeschlossen ist. Zum Stichtag bestehende wechselseitige Ansprüche zwischen Ehegatten sind zwar nach § 1375 Abs.1 Satz 1 BGB im Endvermögen des Anspruchsinhabers als Aktivposten und in demjenigen des Schuldners als Verbindlichkeit zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 11.9.2002 - XII ZR 9/01 - FamRZ 2002, 1696, 1698 = NJW 2002, 2702, 3703, und vom 12.11.2008 - XII ZR 134/04 - FamRZ 2009, 193, 194 = NJW 2009, 1343, 1344, Rn. 10 mwN.). Insoweit handelt es sich aber um lediglich um bloße Rechnungsposten im Rahmen der Zugewinnausgleichsbilanz, die auf Bestand und Rechtsnatur der eingestellten Forderungen keinerlei Einfluss hat. Die Feststellung jener Forderung ist gegenüber den Saldierungsvorgängen des Zugewinnausgleichs nicht nachrangig; das Ergebnis des rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreits über die schuldrechtliche Ansprüche ist vielmehr umgekehrt in den Zugewinnausgleichssaldo einzustellen, soweit es am Stichtag bereits fällige Forderungen betrifft (vergl. BGH, Urteil vom 12.11. 2008).
bb)
Der danach allein verbleibende Gesichtspunkt, dass das Mietverhältnis der Parteien bereits während ihrer Ehe bestand und über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus fortgeführt wurde, rechtfertigt jedenfalls bei Verträgen über Gewerberäume nicht ihre Zuordnung zu den sonstigen Familiensachen im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (a.A. Heinemann MDR 2009, 1026, 1027).
Dies ergibt sich bereits aus Wortlaut und Zweck der Vorschrift. Jene Bestimmung erfasst nicht sämtliche Ansprüche zwischen Ehegatten, sondern nur solche, die in einem Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Eheaufhebung stehen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte zwar durch § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG insbesondere die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten außerhalb des Güterrechts (sog. Nebengüterrecht) den Familiengerichten zugewiesen werden; auch in diesem Fall muss aber ein Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen (Regierungsentwurf BR-Dr. 309/07, S. 588). Der Begriff des Zusammenhangs hat dabei sowohl eine inhaltliche wie eine zeitliche Komponente (aaO.); ein inhaltlicher Zusammenhang ist etwa dann gegeben, wenn das Verfahren die wirtschaftliche Entflechtung der (vormaligen) Partner, Dispositionen im Hinblick auf die Verbindung oder Vorgänge anlässlich ihrer Beendigung betrifft (Meyer-Seitz/Kröger/Heiter, FamRZ 05, 1430, 1436).
All dies trifft für gewerbliche Mietverhältnisse zwischen Ehegatten nicht zu, weil diese durch Trennung oder Scheidung nicht berührt werden. Anders als in dem im Gesetzgebungsverfahren ins Auge gefassten Beispielsfällen wie etwa Gesamtschuldnerausgleich, Auseinandersetzung einer Ehegatteninnengesellschaft oder Rückgewähr ehebedingter Zuwendungen (aaO. S. 367 und 588) geht es gerade nicht um eine durch das Scheitern der Ehe veranlasste (R ück-)Abwicklung von
Rechtsbeziehungen, sondern um Forderungen aus einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis, das von den Vertragsparteien auf eine von ihren familienrechtlichen Beziehungen unabhängige schuldrechtliche Ebene gestellt wurde und nach Bestand und Inhalt vom Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft losgelöst ist. Infolgedessen handelt es sich auch nicht um ein "Nebengüterrecht", da das dem Mieter eingeräumte Nutzungsrecht fortbesteht und deshalb weder einer "vermögensrechtlichen Auseinandersetzung" noch einer "wirtschaftlichen Entflechtung" bedarf. Damit fehlt bereits jeder inhaltliche Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung der Vertragspartner; eine andere Betrachtung würde zudem spätestens unter dem Gesichtspunkt des zeitlichen Zusammenhangs zu unhaltbaren Ergebnissen führen. Wird dieses negiert (so OLG Frankfurt, Beschluss vom 3.5.2010 4 W 6/10 - FamRZ 2010, 1581, 1582 f. = NJW 2010, 3173, 3174; Heinemann aaO.; jeweils mwN.), müssten sich die Familiengerichte allein deshalb auf unabsehbare Dauer mit sämtlichen wechselseitigen Ansprüchen aus langfristigen Miet- oder Pachtverhältnissen zwischen Ehegatten befassen, weil deren Trennung oder Scheidung in die Vertragslaufzeit fällt; hält man daran fest (so Regierungsentwurf und Meyer-Seitz/Kröger/Heiter aaO.; Burger, FamRZ 2009, 1017, 1019 mwN.), wäre die gerichtliche Zuständigkeit etwa für Mietzinsforderungen aus Zeitpannen vor und nach Trennung oder Scheidung in einer mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu vereinbaren Weise der Beliebigkeit preisgegeben (vergl. OLG Frankfurt aaO.).
Nichts anderes ergibt sich aus übergeordneten Gesichtspunkten. Zwar ist die durch §§ 111 Nr. 10, 266 FamFG herbeigeführte Zuständigkeitserweiterung Bestandteil einer Konzentration aller familienrechtlichen Verfahren beim sogenannten "Großen Familiengericht", die der Gesetzgeber als einen der wichtigsten Reformziele des FamFG angesehen hat; zu seiner Umsetzung hat er die Zuständigkeit der Familiengerichte auch auf bestimmte Verfahren erstreckt, die zuvor vor den Zivilgerichten geführt wurden (BR-Dr. 309/07, S. 366 f. und 586; Meyer-Seitz/Kröger/Heiter aaO.; 1432 f.; Kretzschmar/Meysen, FPR 2009, 1; Hütter/Kodal, FamRZ 2009, 917). Eine grenzenlose Entlastung der streitigen Zivilgerichtsbarkeit für Rechtsstreitigkeiten zwischen Ehegatten und deren Angehörigen war hierdurch jedoch nicht beabsichtigt. Von der Überführung der sonstigen Familiensachen in die Zuständigkeit der Familiengerichte sollten vielmehr nur solche allgemeine Zivilrechtsstreitigkeiten erfasst werden, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen (Verlöbnis, Ehe) aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen (Verteilung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten oder gemeinsamen Eigentums, Ausgleich von Zuwendungen usw.; BR-Dr. 309/07, S. 367, 370 und 586 f.; Meyer-Seitz/Kröger/Heiter aaO.,1436; Leutheusser-Schnarrenberger, FPR 2009, 43, 44; Borth, FamRZ 2009, 157, 166; Rakete-Dombek, NJW 2009, 2769, 2770; Burger, FamRZ 2009, 1017, 1017 f.). Als entscheidendes Ordnungskriterium galt dabei allein die Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand; im Interesse aller Beteiligten sollte es ihm möglich sein, alle durch den sozialen Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. Auf diese Weise sollten ineffektive und zudem alle Beteiligten belastende Verfahrensverzögerungen, Aussetzungen und Mehrfachbefassung von Gerichten vermieden werden (BR-Dr. 309/07, S. 367).
Auf gewerbliche Miet- oder Pachtverhältnisse zwischen Ehegatten treffen jene Erwägungen nicht zu. Dauerschuldverhältnisse dieser Art stehen gerade nicht in eine Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen oder ihrer Auflösung, sondern sind von den Vertragsparteien bewusst hiervon abgekoppelt und aus jedem "sozialen Verband von Ehe und Familie" herausgelöst worden. Von einer besonderen Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand kann ebenfalls keine Rede sein; Streitigkeiten über gewerbliche Miet- oder Pachtsachen gehören vielmehr unverändert in die originäre Zuständigkeit der streitigen Zivilgerichtsbarkeit, ohne dass jene Spezialmaterie - wie der vorliegende Fall zeigt durch eine besondere Sachkunde des Familiengerichts für die entscheidungserheblichen Rechtsfragen geprägt wäre. Erst recht würde die Einbeziehung dieser Rechtsstreitigkeiten in den Zuständigkeitsbereich der Familiengerichtsbarkeit nicht zu einer Verhinderung von Verfahrensverzögerungen, Aussetzungen und Mehrfachbefassungen führen, sondern gerade umgekehrt das auf beschleunigte Abwicklung angelegte familiengerichtliche Verfahren zusätzlich belasten.
III.
Aufgrund der Rüge des Beklagten hat der Senat die Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit vorab festzustellen (§ 17a Abs. 6 i.V. mit Abs. 3 GVG). Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 ZPO; § 17b Abs. 2 GVG findet keine Anwendung (BGH, Beschlüsse vom 17.6.1993 V ZB 31/02 - NJW 1993, 2541, 2542, vom 18.5.1995 - I ZB 22/04 - NJW 1995, 2295, 2297, und vom 30.9.1999 - V ZB 24/90 - NJW 1999, 3785, 3786; Musielak-Wittschier, § 17b GVG, Rn. 5 mwN.). Für den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ist ein Bruchteil des Hauptsachestreitwerts maßgebend (BGH, Beschlüsse vom 30.1.1997 - III ZB 110/06 - NJW 1997, 1636, 1637, vom 19.12.1996 - III ZB 105/96 - NJW 1998, 909, 910, vom 30.9.1999 aaO., vom 14.3.2000 - KZB 34/99 - NJW 2000, 2749, und vom 18.9.2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3574; BAG, Beschluss vom 15.3.2000 - 5 AZB 70/99 - NJW 2000, 2690, 2692; Musielak-Wittschier aaO. mwN.); diesen bemisst der Senat mit 25 %. Gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG hat er darüber hinaus die "Beschwerde" zuzulassen, weil er der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst (oben II.1.); hierbei handelt es sich um die Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 574 ff. ZPO (BGH, Beschlüsse vom 12.11.2002 - XI ZB 5/02 - NJW 2003, 433, 434, vom 16.10.2002 - VIII ZB 27/02 - BGHZ 152, 213, 214 f. = NJW-RR 2003, 277, 279, und vom 26.11.2002 - VI ZB 41/02 - NJW 2003, 1192 f.; BAG, Beschlüsse vom 26.9.2002 - 5 AZB 15/02 - NJW 2002, 3725, und vom 19.12.2002 - NJW 2003, 1069).